Название: Eine andere Sicht auf die Welt!
Автор: Ulrich Walter
Издательство: Bookwire
Жанр: Религия: прочее
isbn: 9783831269785
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Die bis heute verbreitete Akzeptanz eines dualistischen geistigen Prinzips, das sich nicht auf Materie reduzieren lässt, ist die dadurch entstehende natürliche Möglichkeit, dem Menschen menschliche Werte und insbesondere eine Moral zuzuordnen, die ihn von Tieren, die man a priori für frei von Moral hält, absetzt und ihm somit außerordentliche Menschenrechte zuspricht, aber auch moralische Pflichten (siehe Nürnberger Prozesse) auferlegt. Materialismus und Monismus sind zwar nicht inkompatibel mit Menschenrechten und menschlicher Moral, aber das dualistische Prinzip macht die Hypothese intrinsischer Menschenrechte einfacher verständlich und bringt dies einfacher in Übereinstimmung mit unseren abendländischen kulturellen Traditionen, die in der Antike wurzeln und im Mittelalter von der Scholastik ins Christentum importiert wurden.
MATERIALISMUS – HART, ABER WAHR
Heute kennen wir die richtigen Antworten, denn wir können sie wissenschaftlich beweisen. Der Körper bewegt sich angetrieben durch biophysikalische Prozesse, und Bewusstsein ist das Ergebnis neurobiologischer Prozesse in unserem Gehirn. Obwohl sich dabei in vielen sicherlich Widerstand regt: Wie können Liebe und Emotionen ein Ergebnis neuronaler Vorgänge sein? Wir wissen heute, dass dem so ist. So unromantisch das auch klingen mag, Liebe und Emotionen werden zentral von der Amygdala unseres Gehirns gesteuert. Tatsächlich, so die Neuropsychologen, prägt die Einwirkung der Liebe und Emotionen verarbeitenden Amygdala auf den Hypothalamus auch unsere Erinnerungen. Deswegen brauchen wir uns nicht wundern, dass wir uns besonders bewusst an die extrem emotionalen Momente des ersten Kusses oder ersten Sex erinnern.
Es wird wie immer in unserer kulturellen Entwicklung viele Generationen, wenn nicht Jahrhunderte dauern, bis ein solch gravierender Paradigmenwechsel allgemein akzeptiert wird. Aber dies ist, wie so oft, nur eine Frage der Zeit.
7 – EWIGES LEBEN – LADE MICH HERUNTER!
Ewiges Leben wäre möglich. Dieser Artikel beschreibt wie. Die Frage ist nur, mit oder ohne Seele?
Wie immer in meinen Artikeln versuche ich, mit wissenschaftlicher Erkenntnis das faktisch Mögliche auszuloten, selbst in seinen extremen Formen und ohne Rücksicht auf etablierte Vorstellungen. Dieser Artikel ist so einer.
Den Anstoß zu meinen Überlegungen gab das Buch von Paul J. Nahin, Holy Sci-Fi! Where Science Fiction and Religion Intersect. Prof. Paul Nahin ist kein Unbekannter. Er hat das aus meiner Sicht mit Abstand beste Buch über Zeitreisen geschrieben, Time Machines: Time Travel in Physics, Metaphysics, and Science Fiction, das keinen Aspekt dieses faszinierenden Themas auslässt und kompetent analysiert. In seinem neuesten Buch macht er sich genauso kompetent Gedanken über alte Science-Fiction-Themen, wie etwa die logische Beziehung von Robotern und Menschen, aber auch religiöse Implikationen von Zeitreisen. Meine Empfehlung: Sehr lesenswert – leider nur in Englisch erhältlich.
DIE AUSGANGSGESCHICHTE
In seinem Kapitel 4 von Holy Sci-Fi! geht es um die Frage: Können Roboter prinzipiell religiös sein beziehungsweise werden? Dabei zitiert Nahin das SF-Buch von Norman Spinrad, Deus X, aus dem Jahr 2007. Darin geht es um den Weltuntergang, ausgelöst durch eine alles vernichtende, unkontrollierte Klimaerwärmung. Kurz vor der Auslöschung der Menschheit gelingt es der Technik, das menschliche Bewusstsein zu scannen und es auf einen Computer-Chip herunterzuladen. In dem Buch bezeichnet die katholische Kirche diese sogenannten »Nachfolge-Objekte auf der Anderen Seite« als Sünde und Instrument des Satans und verdammt elektronische menschliche Nachfolger in alle Ewigkeiten. Die Situation ändert sich, als der fiktive Papst Robert I. in einer päpstlichen Bulle verkündet, dass der Geist und auch die Seele eines Menschen durchaus auf einer Nachfolge-Kopie weiterexistieren könnten.
Die Gläubigen und insbesondere der Priester Pierre de Leone wettern gegen diese Ansicht, mit dem Argument: »Wohin soll das führen? Warum können Geist und Seele dann nicht auch in der 2., 3. oder tausendsten Kopie fortleben?« Als aber de Leone mit 91 Jahren im Sterben liegt, offenbart ihm die dann waltende Päpstin Maria I. ihre perfide Absicht: Sein Geist solle auf den vatikanischen Computer heruntergeladen werden, während seine Seele, die ja nach seiner Überzeugung nicht auf dem Chip fortleben wird, in das Feuer der ewigen Verdammnis eingehen soll. Sie erwarte dann seinen weisen Rat von der Anderen Seite. Das Ende der noch perfider werdenden SF-Geschichte sollten Sie selbst lesen und tut nichts mehr zu meiner Frage, die da lautet: Könnte der Geist eines Menschen tatsächlich auf einem Silizium-Chip heruntergeladen werden?
WAS IST GEIST?
Nach guter wissenschaftlicher Praxis gilt es zunächst, Begriffe zu klären. Was ist »Geist«? Im allgemeinen Sprachgebrauch, dem wir uns hier anschließen, ist dies die Wahrnehmung, also Bewusstsein (Wahrnehmung der Umwelt über die Sinne) einschließlich Selbstbewusstsein (Wahrnehmung des eigenen Ich), Lernen, Erinnerung, Vorstellung, Fantasieren und überhaupt sämtliche Formen des Denkens. Wir wissen heute durch die Neurobiologie, dass dieses geistige Vermögen ausschließlich durch die Aktivitäten unserer etwa 100 Milliarden Gehirnneuronen gewonnen wird. Durch viele Fälle von Gehirnverletzungen wissen wir sogar, welche Gehirnregionen vorwiegend welche geistigen Tätigkeiten durchführen (Erinnerung etwa wird durch den Hippocampus gesteuert, Emotionen durch die Amygdala). Wir können sie sogar durch Psychopharmaka beeinflussen. Das bedeutet, unser Geist funktioniert als neuronales Netz sowohl neuroelektrisch als auch neurochemisch in einer Art Bit Code, dem sogenannten Aktionspotential.
KÜNSTLICHE NEURONALE NETZWERKE
Neuronale Netze lassen sich auch aus künstlichen Neuronen herstellen, sogenannte künstliche neuronale Netzwerke, KNNs. Bisher konnten wegen der heute möglichen Technik jedoch nur kleinere Netzwerke simuliert werden. Irgendwann wird es daher KNNs mit 100 Milliarden Neuronen geben. Dies ist aber nicht das eigentliche Problem, sondern vielmehr: Wie bekomme ich die Informationen, die in der konkreten Vernetzung menschlicher Gehirnneuronen gespeichert sind, abgelesen? Dazu müsste man, wie im Buch von Nahin angenommen, das Gehirn auf neuronaler Ebene dreidimensional scannen können. Das ist heute nicht möglich. Noch nicht. Doch nichts spricht dagegen, dass das einmal möglich sein wird, zum Beispiel durch hochauflösendes MRT in Kombination mit PET. Doch um technische Details geht es mir hier nicht, sondern darum, dass es prinzipiell möglich wäre. Daher wäre es auch prinzipiell möglich, den Geist eines Menschen einschließlich seines Bewusstseins und Selbstbewusstseins auf einen wie auch immer gearteten, aber identisch verschalteten Informationsspeicher abzubilden. Damit wären Nahins »Nachfolge-Objekte auf der Anderen Seite« keine irreale Fiktion, sondern durchaus möglich. Würden darüber hinaus künstliche Sinnesorgane für so einen geistigen Download den Input liefern und der geistige Output in Aktuatoren, wie etwa künstliche Arme und Beine, umsetzbar sein – und auch dem steht selbst nach heutigem Stand der Technik nichts im Wege –, dann könnte man wohl mit Fug und Recht von einer Reinkarnation der ursprünglichen Person in anderer Form reden.
SIND KLONE UNS EBENBÜRTIG?
Um klarzumachen, was dies bedeutet, stellen Sie sich vor, Ihr Geist würde derart kopiert. Diese Kopie würde genauso empfinden und denken wie Sie. Sie hätte dieselbe Erinnerung an die Vergangenheit und dieselben Emotionen wie Sie. Sie wäre aber nicht Sie! Ihre Kopie wäre ein eigenständiges Individuum. Genauso wie zwei eineiige Zwillinge eigenständige Individuen sind, trotz identischer Gene. Sie wüssten also lediglich, dass Ihre Kopie gleiches Denken und Gefühle hat, aber als anderes Individuum eigenes und mit der Zeit anderes Bewusstsein und vor allem anderes Selbstbewusstsein. Genetische Identität sagt überhaupt nichts über Individualität und Selbstbewusstsein. Außerdem macht es uns die Natur mit eineiigen Zwillingen vor.
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