Eine andere Sicht auf die Welt!. Ulrich Walter
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Название: Eine andere Sicht auf die Welt!

Автор: Ulrich Walter

Издательство: Bookwire

Жанр: Религия: прочее

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isbn: 9783831269785

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СКАЧАТЬ hiermit also kritiklos platonische Denkvorstellungen, die eindeutig mit der Auffassung des Alten Testaments kollidieren, wonach die Seele mit dem Körper stirbt und am Jüngsten Tage wieder mit ihm aufersteht. Wenigstens distanzierte er sich von der Seelenwanderung. Mit diesem fundamentalen Sinneswandel gab Papst Paul II. urchristliche Ideen auf, zugunsten dubioser spiritueller Elemente, die gerade heutzutage en vogue sind.

      Aber auch in allen nicht katholischen Kirchen wird die Seele als ein Prinzip gesehen, das den Menschen grundsätzlich vom rein Materiellen unterscheidet. Wie passt das zu den Aussagen der Bibel? Tatsache ist, das Alte Testament kennt nur den Begriff Lebensodem, also das Prinzip der Bewegung. Das Neue Testament kennt nur den Begriff Psyche, der in alten Bibelübersetzungen fälschlicherweise als »Seele« übersetzt wurde. Tatsächlich, so die neuere Bibelforschung, ist damit ebenfalls »Leben« (im Sinne des jüdischen »nefesch«) gemeint, also ebenfalls das Prinzip der Bewegung. Damit dürften alle Gläubigen von Religionen, für die die Bibel die Basis des Glaubens ist, das Wort »Seele« im Zusammenhang mit religiösem Glauben gar nicht in den Mund nehmen. Da wir heute zudem wissen, wie Bewegung in einem Lebewesen biologisch hervorgerufen wird, ist der tradierte Begriff einer Seele/Lebensodem/Psyche als Ursache der Bewegung ohnehin obsolet. Insofern stehen Platon und Bibel auf gleicher Erkenntnisstufe.

      Der Import des Aristotelismus und Platonismus und damit der Seelenlehre ins Christentum durch die Scholastik im Mittelalter bedeutete nicht nur eine bedauerliche Verschiebung der Wirklichkeit ins Metaphysische, sondern leider auch eine damit beginnende Leibfeindlichkeit, was sich sehr schön im Eingangszitat von Hildegard von Bingen ausdrückt. In ihrer extremen Form zeigt sie sich als repressive Sexualmoral der christlichen Kirchen und im Zölibat der katholischen Kirche. Das Judentum hingegen, verschont vom Platonismus, kennt keine Leibfeindschaft. Gutes Leben und erfüllte Sexualität sind gute Gaben Gottes.

      WELTSEELE UND ASTROLOGIE

      Platon kannte aber auch eine Weltseele. Konsequenterweise musste er das auch, denn die Beobachtung des Sternenhimmels zeigte, dass es Planeten gibt, die sich fortwährend bewegen. Also muss auch die Welt eine Seele besitzen! Aber was ist der Ursprung all dieser Bewegungen? Während Platon noch einen eher unpersönlichen Antrieb, einen sogenannten Demiurgen annahm, wurde sein Schüler Aristoteles (384 v. Chr. – 322 v. Chr.) konkreter: Es ist ein erster bewegender Schöpfer in der Sternensphäre. Dieser dreht ursprünglich den Sternenhimmel (was man des Nachts offensichtlich sieht!), diese Bewegung überträgt sich durch Zwischensphären nacheinander auf die Sphären der Planeten, diese bewegen den Mond und dieser schließlich zusammen mit allen anderen Planeten den Menschen und die Tiere. Weil die Existenz eines im Himmel thronenden Schöpfers, der von weit außen unser Leben bestimmt, perfekt ins christliche Konzept passte, übernahm die christliche Kirche diese aristotelische Vorstellung nur allzu gern in ihre Dogmatik und zementierte sie im Mittelalter in der Scholastik, allen voran Thomas von Aquin (1225–1274).

      Zugleich fand aber das Prinzip der Bewegungsübertragung über die Planeten und den Mond auf den Menschen auch breite Anerkennung außerhalb der Kirche. Sie ist die Basis der Astrologie, die in der Antike geboren wurde, im Mittelalter ihre Hochzeit erlebte und an die heute noch viele glauben. In der Astrologie bestimmen die Planeten und der Mond unser Leben. Nur, wir wissen heute besser, warum wir und die Planeten sich wirklich bewegen. Es sind biologische und physikalische Prinzipien.

      Damit wäre der Glaube an Seelen eigentlich obsolet.

      Eigentlich …

      6 – DAS LEIB-SEELE-PROBLEM – IN DER NEUZEIT

      Mit dem heutigen Wissen um die biologischen und physikalischen Prinzipien menschlicher Bewegung wäre der antike Glaube an Seelen eigentlich obsolet – wäre da nicht unser Bewusstsein.

      DER WISSENSCHAFTLICHE MATERIALISMUS

      Nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis ist das menschliche Bewusstsein das Spektrum aller kognitiven Fähigkeiten einschließlich unseres Selbstbewusstseins. Die gegenwärtige Position unter den meisten modernen Philosophen, Psychologen, Neurobiologen und Kognitionswissenschaftlern ist, dass Bewusstsein eine Emergenz unseres Gehirns ist. Ganz allgemein gesprochen versteht man unter Emergenz eines Systems das Auftreten eines Phänomens, das sich zwar nicht aus seinen Einzelteilen ableiten lässt, aber ansonsten ein im Prinzip wissenschaftlich erklärbares Phänomen ist. So ist die Eigenschaft »ein Tropfen Wasser ist nass« ein Verdunstungseffekt, der sich nicht aus der Eigenschaft seiner 1021 H2O-Moleküle erklären lässt. Genauso lässt sich das Bewusstsein zwar nicht aus der Eigenschaft einzelner Nervenzellen ableiten, aber im Prinzip (so die Hypothese der Neuropsychologen) aus der Gesamtheit von 100 Milliarden miteinander kommunizierenden Neuronen.

      Damit zählen diese Wissenschaftler eindeutig zu den Materialisten in unserer Gesellschaft. Die Materialisten glauben, dass sich alle kognitiven Hirnphänomene auf physikalische Ursachen zurückführen lassen, sie also materiellen Ursprungs sind – Materie ist das Einzige, was existiert. Für die Materialisten entstand der Geist und damit auch Moral Hand in Hand mit der Evolution des materiellen Universums im Allgemeinen und der biologischen Evolution im Speziellen. Gemäß dem Materialismus entstehen moralische Werte aus sozialen Beziehungen (der Mensch als soziales Wesen). Moral ist in diesem Sinne eine Emergenz sozialer Beziehungen, die sich aber mit den Beziehungen ändern kann. Daraus wächst aber auch die Überzeugung, dass im Konfliktfall soziale Werte Vorrang vor individueller Moral und Interessen haben. Die Gesellschaft ist also der maßgebende moralische Faktor, während das Individuum lediglich ein abhängiges Hilfselement der Gesellschaft ist.

      MONISTEN VERSUS DUALISTEN

      Die Materialisten wiederum zählen zur Gruppe der Monisten (mit ihrem klassischen Vertreter, dem schottischen Philosophen David Hume, 1711–1776), die behaupten, es gebe nur eine Art von Dingen auf der Welt. Eine dazu gegensätzliche Fraktion der Monisten sind die Idealisten. Sie sind davon überzeugt, dass alles auf der Welt letzten Endes geistig sei. Auch das Christentum und Judentum sind eigentlich monistische Religionen. In Luthers Bibelübersetzungen ist mit dem Wort »Seele« lediglich eine göttliche Verlebendigung des Geschöpfs »Mensch« aus einem Erdenkloß durch das Einblasen des lebendigen Odems in seine Nase gemeint (1. Mose 2,7).

      Den Monisten stehen die Dualisten gegenüber, die glauben, es gebe auf der Welt zwei fundamental unterschiedliche Phänomene und Existenzen, nämlich physische und psychische – die Welt der Materie und die des Geistes. Bewusstsein, so die Dualisten, sei eine Qualität des Geistes und diese wiederum eine Ausprägung der Seele. Da hätten wir sie also wieder, die Seele.

      DESCARTES’ DUALISMUS

      Das dualistische Denken, begründet in der platonischen Philosophie, fand im abendländischen Denken erst später im 17. Jahrhundert durch Rene Descartes (1596–1650) und John Locke (1632–1704) seine radikalste Ausprägung, aber bis heute auch allgemeine Verbreitung in der Gesellschaft. Aus seinem berühmt gewordenen Ausspruch »Ich denke, also bin ich« folgerte er: »Ich erkannte daraus, dass ich eine Substanz sei, deren ganze Wesenheit oder Natur bloß im Denken bestehe und die zu ihrem Dasein weder eines Ortes bedürfe noch von einem materiellen Dinge abhänge, sodass dieses Ich, das heißt die Seele, wodurch ich bin, vom Körper völlig verschieden und selbst leichter zu erkennen ist als dieser und auch ohne Körper nicht auf hören werde, alles zu sein, was sie ist.« Er gelangte somit zur Auffassung, dass Materie und Geist zwei völlig verschiedene, voneinander getrennte Substanzen seien, die materiell ausgedehnte Substanz (res extensa) einerseits und eine rein geistige und seelische, form- und gestaltlose denkende Substanz (res cogitans) andererseits. Mit seiner rigorosen Trennung der beiden Substanzen stieß Descartes jedoch auf ein Problem: Wie lässt sich das Zusammenwirken beider erklären, wo doch Körper und Geist angesichts ihrer radikalen Verschiedenheit keine einzige inhaltliche Bestimmung gemeinsam haben können? Konkret, СКАЧАТЬ