Название: Tausend und eine Nacht
Автор: Max Geißler
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги для детей: прочее
Серия: Märchen bei Null Papier
isbn: 9783962818647
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Aber kaum hatte Baram das Seil ergriffen, als er mit all seiner Kraft daran zog, um Asem herabzureißen und zu zerschmettern. Da musste Asem das Seil fahren lassen, um wenigstens für den Augenblick sein Leben zu retten.
Als er ihn um Mitleid anflehte, denn er sah seinen Tod vor Augen, höhnte ihn Baram und rief: »Gott verhüte, dass ich ein solcher Narr sei, einen Menschen mit mir zu nehmen, der mein Geheimnis verraten könnte! So wie dir ist es schon vierzig anderen ergangen, und nun bereite dich zu einem vergnügten Sterben.«
Dann schwang er sich auf sein Kamel und verschwand in der Wüste.
Asem sah die Nacht hereinbrechen und suchte sich zwischen den Felsblöcken ein Lager.
Als der Tag graute, ringelte sich eine riesige Schlange zwischen den Steinen daher, die den Verlassenen verschlingen wollte.
Asem, dessen Entsetzen aufs höchste gestiegen war, erfasste seinen Dolch und stieß ihn dem Ungeheuer in den Nacken, und die Schlange war auf der Stelle getötet.
Die ihm den Untergang gedroht hatte, ward seine Rettung; denn die Größe des gefräßigen Tieres brachte ihn auf den Gedanken, ihm den Balg abzuziehen und daraus lange Riemen zu schneiden; damit wollte er sich vom Felsen herablassen.
Er machte sich auch sogleich ans Werk und kam damit zustande.
Nach einigen Versuchen glitt er an dieser Leine aus Schlangenleder hinab und wanderte fort bis zum Abend.
Neun Tage lang nährte er sich von den Früchten, die ihm die Stauden am Wege boten; da erblickte er wieder das schöne Schloss, vor dem der Magier geflohen war. Goldene Säulen trugen glänzende Dächer, und zahllose Vögel füllten die Gärten ringsumher mit ihrem Gesange.
Asem schritt durch einen herrlichen Vorhof, trat in einen Saal und fand zwei junge schöne Mädchen beim Schachspiel.
Und als er sie fragte, ob er hier bleiben könne, sagten sie mit Freuden ›ja‹ – doch müsse er ihnen helfen, die Arbeiten im Palaste zu verrichten.
Dazu war Asem gern bereit.
Eines Tages sah er in den Gärten einige Gespielinnen jener Mädchen, die von weither gekommen waren. Sie trieben goldene Bälle und silberne Reifen über das kurze Gras, und eins dieser fremden Mädchen gefiel Asem so gut, dass er sagte: ohne die schöne Jungfrau wolle er hinfort nicht leben.
Da sprach die eine seiner Freundinnen: »Diese Schöne ist die Königin der fliegenden Inseln. Auch sie wird gern dein Weib werden, wenn es dir gelingt, ihren Schleier zu rauben, den sie ins Gras gelegt hat; denn dann muss sie hier im Schlosse bleiben.«
Das ließ sich Asem nicht zweimal sagen; er brachte den Schleier an sich, und weil die junge Königin der fliegenden Inseln gar nicht betrübt über den Raub schien, so wurde die Hochzeit noch am selbigen Tage gefeiert.
Als sie in seligem Glücke einige Jahre im Schlosse gelebt hatten, wurde Asem von einer großen Sehnsucht nach seiner Mutter und seiner Heimat befallen. Er wusste seine Gattin zu überreden, ihm zu folgen, und so beschlossen sie die Reise. Zwar waren die schönen Mädchen des Schlosses sehr betrübt, weil die beiden sie verlassen wollten, aber die kindliche Liebe Asems zu seiner Mutter rührte sie.
Am Morgen des Reisetages schlugen sie auf eine kleine Trommel, und in dem gleichen Augenblicke standen mehrere Kamele vor dem Palast; die waren entweder schön aufgezäumt, oder sie trugen Geschenke aller Art. Auch war ein starkes Gefolge von Sklaven bei den Tieren, und wie die Karawane eines reichen Kaufherrn zogen Asem, seine Gemahlin und die Sklaven auf den Kamelen von dannen. An der Küste trafen sie ein Schiff, und ein günstiger Wind führte sie in kurzer Zeit in die Vaterstadt Asems. Wer vermöchte die Freude zu schildern, die die greise Mutter empfand, als sie ihren verloren geglaubten Sohn in die Arme schloss!
Überschüttet von Liebe und Glück, war Asem damals einer der reichsten Einwohner seiner Stadt; aber als drei Jahre verflossen waren, erinnerte er sich des Schlosses an der Wüste, und er nahm sich vor, ihm einen Besuch abzustatten. Ehe er jedoch reiste, gab er den Schleier seiner Gemahlin in die Hände seiner Mutter und sagte: »Wenn du ihr diesen Schleier ließest, würde sie von einer unwiderstehlichen Sehnsucht nach der fliegenden Insel getrieben werden. Hüte darum den Schleier wohl; wenn ich glücklich heimgekehrt bin, will ich selbst mit meiner Gattin in ihre Heimat reisen. Dürfte sie aber allein gehen, so würde ich sie auf ewig verlieren und ihre beiden Kinder würden verwaist um sie trauern.«
Die Mutter versprach, den Schleier sorgsam zu hüten. Dann reiste Asem zum Schloss in der Wüste.
Nach einigen Tagen nahm seine Gattin ein Bad an jener Stelle, an der auch die Frauen vom Hofe des Sultans zu baden pflegten. Und als sie die schönste aller Frauen sahen, konnten sie ihre Augen an der Blüte ihrer Jugend nicht sättigen und geleiteten sie nach Hause.
Sobeide, die Gemahlin des Sultans, war über diese Nachricht sehr erstaunt und hatte Lust, Asems Gattin zu sehen. Sie ließ sie holen.
Als sie bei ihr eintrat, richtete die Sultanin ihre erstaunten Augen auf sie und sprach: »In welchem Lande ist eine so himmlische Schönheit geschaffen worden?«
»Fürstin«, erwiderte sie, »wenn Ihr mich schon in diesen einfachen Kleidern schön findet, was würdet Ihr sagen, wenn Ihr mich in meinem Schleiergewande sähet!«
Sobeide befahl der Mutter Asems, auf der Stelle hinzugehen und den Schleier zu bringen. Bei diesen Worten zitterte die Alte; denn sie dachte an ihr Versprechen; aber sie wagte nicht, Einwendungen dagegen zu machen, ging traurig nach Hause und brachte das verhängnisvolle Gewand.
Sobeide betrachtete das feinste aller Gewebe lange und bewunderte es; denn es war von ungeahnter Herrlichkeit.
Die Gattin Asems aber, als sie den Schleier in ihren Händen fühlte, konnte ihre Heimatsehnsucht nicht mehr zügeln, nahm ihre Kinder in ihre Arme, warf sich das Gewand über und entschwand vor СКАЧАТЬ