Название: Dialektik des geisteswissenschaftlichen Universums
Автор: Horst-Joachim Rahn
Издательство: Автор
Жанр: Языкознание
isbn: 9783960085553
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Wer gar zu eitel ist, kann sogar zum Schöngeist oder zum Hagestolz werden. Die Betroffenen sollten sich dann nicht wundern: „Niemand hat aber Mitleid mit dem Schmerz der Eitelkeit“ (S. Johnson). Deshalb sollten wir Menschen rechtzeitig gegensteuern: „Tötet eure Eitelkeit, bevor sie euch umbringt“ (P.E. Schumacher). Das ist aber alles gar nicht so einfach, denn: „Eitelkeit ist darum so schwer abzulegen, weil man sie, unter allen Lastern allein, den ganzen Tag genießen kann“ (J. Paul).
2.5.4 Wollust
Wollust ist die extreme Form sexueller Lust, nämlich als sinnliche Begierde mit erotischen Fantasien. Das aktive Handeln des Menschen zur wilden Steigerung der sexuellen Befriedigung ist dabei eingeschlossen. „Moderne Technik eröffnet viele Wege, sündiges Verhalten zu befriedigen“ (F. Löchner). „Die Wollust liebt die Mittel nicht den Zweck“ (H. von Hofmannsthal). Und: „Die Wollust ist die Katastrophe des Genusses“ (E.M. Cioran). Die Wollust zählt im Christentum als Untugend zu den 7 Todsünden. Das Gegenteil der Lust ist die Unlust, das Gegenteil von Wollust ist die Keuschheit als Enthaltsamkeit: „Wo Lust schrumpft, wächst Sitte“ (M.M. Jung). Wir wollen zunächst zwischen Lust und Wollust unterscheiden:
► Die Lust als Glücksgefühl ist etwas ganz Normales: „Es ist eine Lust zu leben“ (U. von Hutten). Die Lust ist ein Antrieb, der auf die Befriedigung eines stark empfundenen Bedürfnisses oder Mangels ausgerichtet ist. Die Lust war schon in der Antike, im Mittelalter und in der neueren Zeit ein interessierendes Thema.173 „Die Lust ist Ursprung und Ziel des glücklichen Lebens“ (Epikur). Sie ist mit heftigen, zeitlich begrenzten Glücksgefühlen (z. B. Liebe, Sex, Lustgefühl, Begierde), Freude (z. B. Sport, Arbeit) bzw. Genuss (z. B. beim Essen, Trinken) verbunden.
Träumen wir nur? „Alle Lust der Welt ist ein Traum nur“ (F. Petrarca). „Wo die Lust anfängt, hört der Spaß auf“, sagt P. Mommertz. Auch: „Lust verkürzt den Weg“ (W. Shakespeare). Ebenfalls gilt: „Lust findet Zeit“ (W. Puzicha). Und: „Je seltener das Angenehme, desto größer die Lust (Epiktet). Ohne Lust bewältigen wir unser Leben nicht: „Lust ist der beste Motor“ (M. Hinrich). Auch gilt für den Sex: „Phantasie ist der größte Lustgewinn“ (D. Wieser). Ähnlich ausgedrückt: „Lust steigert sich an Lust“ (K. Tucholsky). Der französische Philosoph Honoré de Balzac wirft die Frage auf: „Vielleicht ist die Liebe nur Dankbarkeit für die Lust?“ Als Formen der Lust sind Lebenslust und sexuelle Lust zu unterscheiden. Hier eine treffende Beschreibung der sexuellen Lust:
„Dein herrlicher Körper treibt mich zum Wahnsinn. Ich begehre dich heftig, möchte noch mehr; du machst mich verrückter mit jeder Berührung. Ich liebe dich, brauche dich, will dich so sehr“
(H.C. Neuert)
► Gott hat uns aber im Umgang mit der Lust Grenzen gesetzt: „Du sollst nicht gelüsten deines Nächsten Weibes“ (5 Mose, 5,21) und „Du sollst nicht ehebrechen“ (5 Mose, 5,18). Wenn wir meinen, diese Gebote locker umgehen zu können, um sich beim Ehebruch voll der Wollust hinzugeben, dann täuschen wir uns gewaltig, denn die Folgen von Ehebruch können heftig sein: „Wer Lust begehrt, begehrt Leid“ (Buddha). Auch: „In den Katakomben der Lust wohnt auch der Frust“ (F. Löchner). „Wer Laster hat, ist in ständiger Gefahr, von ihnen überfahren zu werden“ (W. Lörzer). Aber es gilt ebenfalls: „Standhaftigkeit bedarf der Versuchungen“ (A. Saheb). Und vor allem: „Wollust nährt Sünde“ (Sprichwort). Nicht nur die Tinte in meinem Füllfederhalter sträubt sich dagegen, von den schrecklichen Ereignissen eines Lustmordes174 oder von der Kinderpornographie zu berichten. Darüber hinaus kokettiert mancher mit den Geboten Gottes: „Gib mir Keuschheit und Enthaltsamkeit – aber jetzt noch nicht“ (Augustus Aurelius). Oder in ganz anderer Sicht urteilend: „Ein Eunuch hat es leicht zu moralisieren.“* Die extremen Beurteilungen reichen von der himmelsträchtigen Liebe bis zur niederträchtigen Wollust. Sie wird auch als schönste Todsünde bezeichnet.175
► Synthese: „Gott hat uns u. a. auch die sexuelle Lust geschenkt, damit wir mit unserem Ehepartner glücklich sind, mit ihm in der Liebe Spaß haben und für Nachwuchs sorgen können. Die sexuelle Lust mit dem Ehepartner immer wieder neu zu erleben gehört zu den schönsten Geschenken, die uns Gott gegeben hat.“* Diese Lust ist so wundervoll, dass man sie nicht in Worte kleiden kann; man glaubt, kurze Zeit irgendwie im Paradies zu sein. Aber Gott hat uns hinsichtlich außerehelicher Partnerschaften strenge Grenzen gesetzt. Der Umgang damit ist allerdings nicht einfach, wie es die vielen negativen Ereignisse in unserer heutigen Gesellschaft und in der Welt deutlich zeigen. Der Ehebruch aus dem Motiv bloßer Wollust ist heute nicht selten. Der Ehebruch ist heute leider weit verbreitet und wenn nicht die Angst vor Aids gegeben wäre, hätten wir noch mehr von diesen Verfehlungen. Ehebruch bringt in vielen Fällen tiefes Leid, das den betroffenen Partner seelisch zugrunde richten kann. Deshalb gibt es hier definitiv keine liberalen Kompromisslösungen: „Eheliche Treue ist unverzichtbar, denn Ehe ist nicht teilbar mit anderen Menschen.“*
2.5.5 Zorn
Der Zorn ist die extreme emotionale Erregung eines Menschen und hat eine lange Kultur- und Literaturgeschichte.176 Er kommt in der Praxis als heftiger Ärger, wutartiger Affekt, Aggression, Wut und Impulsivität vor177 und kann schnell zu unkontrollierten Handlungen führen, z. B. zum Anbrüllen anderer Menschen oder zum lauten Fluchen. Er existiert auch als Zürnen, beispielsweise als Zorn über eine Untat, als Jähzorn, als Volkszorn und zuletzt als „Zorn Gottes“. Der Wut geht eine persönliche Kränkung voraus, beispielsweise wenn jemand sehr ungerecht behandelt wird. Wieso? „Auch Ursachen haben Ursachen“ (H.U. Bänziger). Zorn ist als Untugend mit Unmut und häufig mit Unzufriedenheit verbunden. Die Empörung ist ein weiterer Zustand der Erregung. Im Christentum ist der Zorn eine der 7 Todsünden.178 Das Gegenteil von Zorn ist Geduld. Dem Zorn wird ein gewisses Verständnis, aber auch viel Unverständnis entgegengebracht.
► Thesen: Zorn ist als Erregung etwas Normales, denn kein Mensch ist normalerweise in der Lage, die Ungerechtigkeiten dieser Welt so einfach hinzunehmen. Auch Martin Luther hat das gespürt: „Der erste Zorn ist immer der beste.“ Definitiv: „Der Zorn ist kurze Raserei.“ (Horaz). Auch unerfüllte Liebe kann mit Zorn verbunden sein: „Liebe kennt keinen Hass, aber Zorn (P. Mommertz). Und es gilt: „Wer nie im Zorn erglühte, kennt auch die Liebe nicht“ (E.M. Arendt). Sogar: „Zorn macht Schwache stark“ (Ovid). Zorn ist häufig mit Lautstärke verbunden: „Der Zorn bläst laut ins Horn.“* Die Reaktion darauf sollte nicht laut sein, denn: „Sanfte Rede stellt den Zorn“ (Sprichwort). Ein wahres Wort: „Die Empörung ist der Zorn der Gerechtigkeit“ (S. Prudhomme). Wenn die Gerechtigkeit verletzt wird, sollten wir uns mehr darüber aufregen! Wir lassen uns viel zu viel bieten, ohne uns zu wehren, sagt St. Hessel, und damit hat er Recht: „Empört Euch“: en francais: „Indignez vous!“179
► Antithesen: Der Zorn hat als Untugend auch eine bösartige Seite: „Ach, der Zorn verderbt die Besten“ (F. von Schiller). „Der Zorn verrät ein böses Gewissen“ (F. von Schiller). „Ein kurzes Wort mit Unbedacht bringt Jahre voller Zorn und Krach“ (A. Bechstein). Mitunter kann es schlimm ausgehen, denn: „Der Zorn schafft eine Waffe“ (Vergil). Vielfach gilt: „Im Zorn trifft man nur selten gute Entscheidungen“ (E. Limpach). „Keine Leidenschaft trübt die Unvoreingenommenheit des Urteils mehr als der Zorn“ (M. de Montaigne). Auch der Glaube der Juden stellt richtig: „Sobald der Mensch in Zorn gerät, gerät er in Irrtum“ (Talmud). Und: „Nimmer hat die Wut sich gut verteidigt“ (Shakespeare). Manchmal geht es hitzig zu: „Wo es funkt, kann es heiß werden“ (P.F. Keller). Aber: „Jähzornige Frauenzimmer СКАЧАТЬ