Название: Unterm Fallbeil
Автор: Horst Bosetzky
Издательство: Автор
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783955520175
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Kappe bluffte nun ein wenig: «Aber eigentlich sind Ihre Wünsche ja in Richtung Irmgard Klodzinski gegangen …»
«Ist das strafbar?»
«Nein, aber die Klodzinski ist erschlagen worden. Vielleicht deswegen, weil sie jemanden abgewiesen hat.» Kappe beschloss, noch einen Schritt weiterzugehen. «Herr Reschke, Sie steigen in den Keller hinunter, um sich ein Netz voll Kartoffeln zu holen. Als Sie in Ihrem Kellerverschlag stehen, hören Sie Frau Klodzinski nach unten kommen und ihren Verschlag öffnen. Sie gehen hin und bedrängen sie, doch Sie werden abgewiesen. Und als Frau Klodzinski ein paar abfällige Bemerkungen über Ihr Alter macht und dass Sie zum Beischlaf nicht mehr in der Lage seien, da greifen Sie zu Ihrem Beil und …»
Reschke verlor nun doch die Contenance. «Das werden Sie noch bereuen, junger Mann, mich so zu verdächtigen! Meine Kameraden von der SA werden Ihnen die gebührende Antwort geben!»
Kappe und Galgenberg blieb nichts anderes übrig, als von dannen zu ziehen und erst draußen auf der Straße zu überlegen, wie Reschkes Drohung zu bewerten war.
«Hat er wirklich Dreck am Stecken und will uns hindern, weiter gegen ihn zu ermitteln?», fragte sich Kappe. «Oder habe ich ihn mit meiner Schilderung an seiner empfindlichsten Stelle getroffen, seiner Ehre?»
Galgenberg wurde philosophisch. «Wer will es wissen, ob sich die Fische küssen? Über Wasser tun sie’s nicht, und unter Wasser sieht man’s nicht.»
Sie marschierten zum Rüdesheimer Platz, um mit der U-Bahn zur Schwester der Klodzinski zu fahren, einer gewissen Margot Tänzer, die ihren bisherigen Recherchen zufolge als Verkäuferin bei Karstadt am Hermannplatz beschäftigt war.
«Karstadt, det is doch wat!» Galgenberg geriet ins Schwärmen.
1929 eröffnet, hatte sich das Kaufhaus an der Schnittstelle der Bezirke Kreuzberg und Neukölln schnell zu einer stadtbekannten Attraktion entwickelt, wobei der absolute Clou die Dachterrasse war, auf der bis zu fünfhundert Menschen Platz fanden. Bei Kaffee und Kuchen konnte man den herrlichen Ausblick auf ganz Berlin genießen. Mit dem Ausbruch des Krieges aber endete Karstadts große Zeit. Es gab immer weniger zu kaufen, vieles war rationiert, so zum Beispiel die Bekleidung, und zudem waren die meisten kriegstauglichen Männer längst eingezogen. So waren die zweite, dritte und vierte Etage des Hauses für das Angebot der wenigen Waren entbehrlich geworden, und man hatte sie an das Heeresbekleidungsamt vermietet.
Kappe und Galgenberg genossen die Fahrt mit der U-Bahn, denn hier im Tunnel war alles fast noch wie zu Friedenszeiten. Wittenbergplatz mussten sie allerdings umsteigen und dann zwischen den Stationen Gleisdreieck und Hallesches Tor auf Hochbahngleisen fahren, so dass sie von den Bombenschäden doch noch etwas mitbekamen.
«Ob das nach dem Krieg alles wiederaufgebaut wird?», fragte Galgenberg.
Kappe sah sich um. Da niemand mithörte, konnte er drastisch werden. «Nach dem Endsieg schon – wenn wir den Krieg aber verlieren, bleiben die Trümmer liegen. Schau dir mal die Akropolis oder das Collosseum an.»
Sie fanden Margot Tänzer in der Abteilung für Haushaltswaren. Sie brach in Tränen aus, als sie hörte, warum die beiden Männer gekommen waren. «Dass es mit der Irma solch ein Ende nehmen musste!»
Galgenberg verstand es auf seine väterliche Art und Weise, die Frau zu beruhigen. Sie gingen mit ihr in die noch leere Kantine, um ihr ein paar Fragen nach dem Umgang ihrer Schwester zu stellen.
«Außer mir hatte sie noch eine Freundin, die Lieselotte, aber die ist mit ihren Kindern schon lange raus aus Berlin, und dann hat sie sich auch öfter mit Karl-Heinz getroffen.»
«Mit ihrem geschiedenen Mann?»
«Ja, zwischen den beiden war bestimmt noch was, er ist ja auch ein Liebhaber, wie …» Sie brach unvermittelt ab.
«Ach so!», rief Galgenberg. «Das haben Sie auch schon mal ausprobiert?»
Die Tänzer ging in die Offensive: «Ja, aber erst, nachdem mein Mann gefallen ist und die beiden geschieden waren. Ist doch nicht verboten, oder?»
«Verboten nicht», sagte Kappe, «aber wenn einer Ihnen nicht gut gesonnen ist, dann könnte er darin ein Tatmotiv erkennen: Eifersucht.»
«Ich war zu Hause, als es passiert ist!»
Kappe lächelte. «Das ist ja interessant. Wann ist es denn passiert?» Sie selber wussten das noch nicht. Fest stand nur, dass es nicht vor Sonnabendnachmittag, 17 Uhr, gewesen sein konnte, denn da war die Klodzinski im Treppenhaus gesehen worden.
Margot Tänzer merkte, dass sie in eine Falle gegangen war.
«Na, am Sonntag, steht doch in der Zeitung.»
«Meiner Ansicht nach steht da nur, dass der Mord am Wochenende geschehen ist, und das reicht ja von Samstagmorgen bis Sonntagabend.»
Als sie nachhakten, hatte Margot Tänzer nur für insgesamt vier Stunden ein hieb- und stichfestes Alibi.
«Doch dass eine Frau ihre eigene Schwester tötet …» Galgenberg schüttelte den Kopf, als sie wieder auf dem Hermannplatz standen. «Nicht mal Brunhild hat Kriemhild umgebracht.»
Kappe war müde geworden und wollte schnell ins Büro.
«Warten wir mal ab, was Piossek herausgebracht hat.»
Doch der erste Kollege, den sie im Polizeipräsidium trafen, war Bernhard Klingbeil. Der hatte inzwischen mit dem Gerichtsmediziner der Charité konferiert, und man war anhand objektiver Merkmale wie der beginnenden Lösung der Totenstarre und der einsetzenden Grünverfärbung im Unterbauch übereingekommen, dass die Klodzinski am frühen Samstagabend gestorben sein musste.
«Also am 12. Februar, sagen wir einmal ganz grob, zwischen 18 und 21 Uhr.»
«Gibt es denn Anhaltspunkte für ein Sittlichkeitsverbrechen?», wollte Kappe wissen.
«Nein, nichts. Obwohl der Täter, soweit wir das beurteilen können, viel Zeit gehabt hätte, sich an ihr zu vergehen.»
Kappe bedankte sich bei Klingbeil, auch wenn im Augenblick noch nicht zu erkennen war, ob ihnen diese Auskünfte jemals von Nutzen sein würden. Aber auch das, was Gerhard Piossek herausgefunden hatte, ließ keine große Freude aufkommen.
«Eine heiße Spur ist nicht dabei. Ihren Kollegen und Kolleginnen bei der U-Bahn ist nichts an ihr aufgefallen. Sie war immer pünktlich und zuverlässig, und ihr Vorgesetzter ist voll des Lobes. Auch bei der Partei sagt man nur Gutes über sie. In der Geisenheimer Straße hat sie den Blockleiter vorbildlich vertreten.
In ihrer Freizeit hat sie manchmal in einer Gärtnerei ausgeholfen, nebenan bei sich in Wilmersdorf, bei einer gewissen Lindenkranz. Aber auch da ist keinem etwas zu Ohren gekommen, das uns weiterbringen könnte. Sogar ihr geschiedener Mann, Karl-Heinz Klodzinski, stimmt in diesen Chor mit ein und nennt sie ‹mein kleines Frauchen, das mir so sehr ans Herz gewachsen ist›.»
«Und warum sind sie auseinandergegangen?», fragte Kappe.
«Weil er ein Verhältnis mit einer Kollegin angefangen hat, und daraus ist ein Kind entstanden. In der Ehe hatte es mit dem Nachwuchs nicht geklappt.»
«Wat macht er denn beruflich?», wollte СКАЧАТЬ