Unterm Fallbeil. Horst Bosetzky
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Название: Unterm Fallbeil

Автор: Horst Bosetzky

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783955520175

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СКАЧАТЬ Liese einen Feldpostbrief,

       dann ist der Inhalt positiv,

       voll Liebe und Vertrauen.

      Ein Brief aus Mieses Horizont

       kann dem Soldaten an der Front

       die Stimmung nur versauen!

      Mit zehn Minuten Verspätung erschien Gerhard Piossek am Arbeitsplatz und begrüßte Kappe ordnungsgemäß mit einem schallenden «Heil Hitler!».

      «Heil …», murmelte Kappe. Der Kollege war zwar Mitglied der NSDAP, aber kein fanatischer Nazi, sondern nur ein Mitläufer.

      Von September 1941 bis Januar 1943 war er zum Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD (BdS) Belgien-Nordfrankreich nach Brüssel abkommandiert worden und hatte dort im Bett einer Wallonin eine gewisse ideologische Läuterung erfahren.

      Piossek hängte seinen Mantel an den Haken und riss dann das Blatt für Sonntag, den 13. Februar, vom Kalender. Auf der Rückseite stand der Spruch des Tages. Piossek las ihn ab: « Aequo animo poenam, qui meruere, ferant. Und auf Deutsch? Ah, hier: Wer die Strafe verdient, nehme sie mit Gleichmut hin. Ovid.» Er zerknüllte das Blatt und warf es in den Papierkorb, ohne einen Kommentar abzugeben.

      Auch Kappe dachte sich seinen Teil. Die Deutschen hatten ihren Hitler gewollt, und nun hatten sie ihre Strafe mit Gleichmut hinzunehmen, auch wenn diese Strafe fürchterlich war.

      Es klopfte, und nach Kappes gleichgültigem «Ja bitte, herein» stand Gustav Galgenberg vor ihnen. «Heil Hitler! Ich soll mich hier melden.»

      Kappe tat so, als hätte er ihn nie gesehen, und musterte ihn wie einen armen Irren. «Ah, Sie sind der, der Julius Caesar ermordet hat?»

      Galgenberg schüttelte den Kopf. «Nee, im Ernst, ick bin reaktiviert worden. Wieda mal.»

      Er war einer von zweitausend rüstigen Pensionären, die man im Altreich in ihre Dienststellen zurückholte, um dem akuten Personalmangel abzuhelfen, erreichte man doch in manchen Bereichen der Kripo nur noch sechzig Prozent der Sollstärke.

      «Wunderbar», rief Kappe, «jetzt kann ich, wenn wir zum Tatort eilen, auch noch deinen Rollstuhl schieben!»

      «Lieber ’ne Laus im Kohl als jar keen Fleisch», sagte Galgenberg.

      «Und wo willst du sitzen?», fragte Kappe.

      «Na, auf meinem Allerwertesten, wo sonst?»

      «Aber nicht bei mir auf ’m Schoß», sagte Piossek, der nach Galgenbergs Verabschiedung dessen Platz eingenommen hatte.

      Galgenberg kratzte sich den kahl gewordenen Kopf. «Dann muss ich wohl losziehen und mir einen Schreibtisch organisieren.» Es verging eine halbe Stunde, bis er zurück war. Im Keller hatte er ein schon seit Ewigkeiten ausrangiertes Exemplar gefunden. Es war ein fast schwarz gebeiztes, selten hässliches Stück aus Kaiser Wilhelms Zeiten, das er mit Hilfe eines einarmigen Hausmeisters und eines kriegsblinden Boten ins Zimmer bugsierte und quer zu den Schreibtischen der beiden Kollegen aufstellen ließ.

      «Reißen Sie sich bloß keinen Splitter ein!», warnte ihn Piossek.

      «Das Ding taugt doch höchstens noch als Brennholz.»

      Galgenberg lachte. «Det wird et ja ooch werden, wenn wa ’n Volltreffa abkriegen. Det wundert mir sowieso, det der Kasten von Polizeipräsidium noch steht.» Er sah Kappe an. «Wat habta denn nun für mich zu tun?»

      «Nichts Aktuelles. Nimm dir die Akten mit den toten Fischen vor, vielleicht hast du da ’ne Idee, die uns weiterbringt.»

      «Igitt, tote Fische!» Galgenberg tat so, als wüsste er nicht, dass damit ungelöste Fälle gemeint waren. «Dann lass uns lieba Skat spielen.»

      Piossek wies – halb im Ernst, halb im Scherz – darauf hin, dass Skatspielen im Dienst nach der Volksschädlingsverordnung vom 5. September 1939 möglicherweise mit dem Tode bestraft werde.

      Galgenberg, der Piossek nicht so recht einschätzen konnte, begann darauf, eine Strophe des Liedes Von Finnland bis zum Schwarzen Meer zu singen, die er von einem seiner Söhne gelernt hatte:

      Den Marsch von Horst Wessel begonnen

      Im braunen Gewand der SA

       Vollenden die grauen Kolonnen:

       Die große Stunde ist da!

      Von Finnland bis zum Schwarzen Meer:

       Vorwärts, Vorwärts!

      Vorwärts nach Osten, du stürmend Heer!

      Freiheit das Ziel,

       Sieg das Panier!

       Führer, befiehl!

       Wir folgen dir!

      Kappe verdrehte die Augen. Wer mit Gustav Galgenberg in einem Büro saß, der brauchte nicht mehr ins Kabarett zu gehen. Jedenfalls machte das Wiedererscheinen des alten Haudegens das Leben etwas erträglicher, und der Tag verging schneller als sonst.

      Sie bereiteten sich schon auf ihren Feierabend vor, als ihr Chef plötzlich in der Tür stand. Sie dachten alle, Dr. Morack wäre gekommen, um den neuen alten Kollegen zu begrüßen, doch er hatte einen Auftrag für sie. «Geisenheimer Straße 45. Ein Mieter hat in einem Kellerverschlag die Leiche einer Frau entdeckt. Sie ist offensichtlich erschlagen worden.»

      Sie liefen auf den Hof hinunter, wo das Mordauto auf sie wartete. Es existierte immer noch, was Kappe irgendwie verwunderlich fand. Die guten alten Gennat-Zeiten waren doch lange vorbei. Auch war es noch nicht auf Holzgas umgestellt. Es gab allerdings keinen Fahrer mehr. Diese Rolle hatte Bernhard Klingbeil übernommen, der Nachfolger von Dr. Kniehase. Er kam aus Wowerischken im Memelland, hatte in Königsberg Chemie studiert und im Kriminaltechnischen Institut der Sipo gearbeitet. Nazi war er eigentlich nicht, aber begeistert davon, dass Hitler 1939 das Memelland «befreit» hatte.

      «Wo liegt denn diese Geisenheimer Straße?», fragte er, als alle Platz genommen hatten, Galgenberg neben ihm und die beiden Jüngeren im Fond.

      «Mit hoher Wahrscheinlichkeit in Groß-Berlin», antwortete Galgenberg.

      «Danke, das hilft mir schon weiter. Dann muss ich nicht Kurs auf Hamburg oder Leipzig nehmen.»

      «Gibt es hier keinen Stadtplan im Wagen?», fragte Kappe.

      «Nein, den muss jemand geklaut haben.»

      «Einer von uns müsste ins Büro zurück und auf dem Stadtplan nachsehen», stellte Piossek fest.

      «Ja, aber wer?», fragte Klingbeil.

      Kappe lachte und sah Galgenberg an. «Für solche Sachen sind immer die Neuen zuständig.»

      «Bei mir Gummibusen», entgegnete Galgenberg, «da prallste ab.»

      «Wenn wir so weitermachen, ist die Leiche verwest, bis wir in der Geisenheimer Straße angekommen sind», stellte Klingbeil fest.

      Kappe fand, dass die Situation langsam zur Farce wurde. Aber war es nicht СКАЧАТЬ