Название: Stoner McTavish - Grauer Zauber
Автор: Sarah Dreher
Издательство: Автор
Жанр: Ужасы и Мистика
isbn: 9783867548823
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Vielleicht will sie uns gar nicht hierhaben.
Vielleicht haben wir den falschen Tag erwischt.
Oder den falschen Flughafen.
Was ist, wenn sie sich gar nicht blicken lässt?
Oder wenn sie draußen wartet?
Nein, sie sagte drinnen. Drinnen, im TCA-Warteraum. Ich bin sicher, dass sie das gesagt hat.
Vielleicht hat TCA zwei Warteräume.
Blödsinn, Fluglinien haben keine zwei Warteräume.
Fluglinien haben Dutzende von Warteräumen. Habe ich ihr die richtige Flugnummer gegeben? Sei nicht albern, wenn sie mich verpasst, lässt sie mich eben ausrufen.
Vielleicht sollte ich sie ausrufen lassen.
Sie machte sich daran aufzustehen.
Aber ich müsste ein Telefon finden, um sie ausrufen zu lassen, und in der Zwischenzeit könnte sie auftauchen und denken, dass sie sich geirrt hat, und weggehen.
Sie setzte sich wieder hin.
Ich hätte alles selbst organisieren sollen. Ich hätte es nicht Marylou überlassen sollen. Ich hasse es, wenn andere Leute meine Reise organisieren. Ich meine, woher soll ich wissen, ob sie keinen Mist gebaut haben? Wenn ich Mist baue, habe ich wenigstens eine ungefähre Ahnung davon, an welchem Punkt Mist passiert ist. Ich bringe Daten und Zeiten durcheinander. Verbindungen und Zielorte bringe ich nicht durcheinander. Wenn ich alles selbst reserviert hätte und Stell sich nicht blicken ließe, würde ich wissen, dass ich den falschen Tag oder die falsche Zeit erwischt habe, aber am richtigen Ort bin. Was mehr ist, als ich jetzt weiß.
Marylou sagt, wenn Reiseveranstalterinnen ihre eigenen Reisen buchen, ist das, wie wenn Psychotherapeuten Familienmitglieder und enge Freunde behandeln. Oder wie wenn Rechtsanwälte sich in einem Prozess vor der Anwaltskammer selbst vertreten. Marylou sagt …
Marylou verreist nie. Marylou hasst reisen.
Offensichtlich verfügt Marylou über eine Erkenntnis, die ich nicht habe und die ich mir partout auf die harte Tour aneignen muss.
»Hol’s der Teufel«, sagte eine vertraute Stimme, »du hast besorgt ausgesehen, als ich dich das letzte Mal sah, und du siehst immer noch besorgt aus.«
Sie blinzelte in das gleißende Licht. »Stell?«
»Jedenfalls nicht Dale Evans.« Ein langer dünner Schatten pflanzte sich vor ihr auf, die Hände in den Hüften, und lachte. »Ich könnte wetten, du hast allen Ernstes geglaubt, ohne Sonnenbrille durchzukommen.«
»Ja«, sagte Stoner mit einem schiefen Grinsen, »hab ich.«
»Schön, lässt du dich jetzt endlich umarmen? Oder willst du da sitzen bleiben und mir das Herz brechen?«
Zu ihrer großen Verlegenheit fühlte sie, wie ihr die Tränen kamen. »Gott, ich hab dich so vermisst«, sagte sie und warf ihre Arme um die ältere Frau.
»Ich dich auch, Kleines.« Stell drückte sie an sich. »Hab schon gedacht, ihr kommt nie an.«
Stoner legte den Kopf an ihre Schulter. »Du duftest immer noch nach frischem Brot.«
»Das sollte ich wohl. Ich backe es schließlich.« Sie hielt Stoner ein Stück von sich weg und besah sie sich von oben bis unten. »Du bist so ziemlich die Alte geblieben. Wo ist deine Liebste?«
»Sammelt die Koffer ein. Sie kommt dann nach draußen.«
Stell griff nach Stoners Handgepäck. »Dann können wir uns ja Zeit lassen. Was du an Reisezeit einsparst, verlierst du wieder, wenn du auf dein verstreutes Gepäck wartest.« Sie ging voran Richtung Ausgang. »Hoffe, du hattest dich nicht zu sehr auf Timberline gefreut. Diesen Sommer geht alles ein bisschen drunter und drüber.«
»Mir macht das nichts. Ich war noch nie in der Wüste.«
»Ich muss zugeben«, sagte Stell, während sie mit langen Schritten weiterging, »es gab in den letzten vier Wochen Augenblicke, in denen ich meinen rechten Arm für eine Lungenfüllung Wyoming-Luft gegeben hätte. Aber Familie ist Familie, und du tust, was du musst.« Sie trat zurück, um Stoner als Erste durch die Tür gehen zu lassen. »Vorsicht. Diese Sonne ist mörderisch.«
Ein Schwall sengender Luft warf sie fast um. »Himmel!«
»Heiß genug, um Farbe zum Kochen zu bringen«, sagte Stell. »Bleib dicht bei mir, bis ich den Wagen gefunden habe. Wenn du auf dem Parkplatz verloren gehst, bist du in zehn Minuten krankenhausreif.«
Die Hitze des Pflasters brannte sich durch die Sohlen ihrer Schuhe. Sie blinzelte in die Sonne und schnappte nach Luft. »Das ist ja unfassbar.«
»Man gewöhnt sich dran.« Stell schlängelte sich durch die parkenden Autos hindurch. »In Spirit Wells hilft die Höhe. Tagsüber lässt du dir das Gehirn backen, aber du hast wenigstens die Garantie, dir nachts den Hintern abzufrieren.«
»Spirit Wells? Ich dachte, die Handelsstation wäre in Beale.«
»Beale ist das nächste Postamt. Spirit Wells war vor rund hundert Jahren irgendeine Art von Siedlung, und niemand weiß, warum sie es Geisterbrunnen nannten. Vielleicht ist das auch nur ein Gerücht. Ich jedenfalls hab bisher keine Spur von Städten oder Geistern oder Brunnen gesehen.« Sie blieb neben einem hellbraunen, rostigen, staubüberzogenen Chevy-Lieferwagen stehen, der schon bessere Tage gesehen hatte, allerdings vor sehr langer Zeit.
Stoner fasste nach dem Türgriff.
»Moment!« Stell schob schnell ihre Hand weg. Sie nahm ein großes Taschentuch aus ihrer Hosentasche. »Nimm das. Metall wird verdammt heiß hier draußen.«
»Alles ist heiß hier draußen.« Sie zog mit einem Ruck die Tür auf und ließ die stehende Luft herausfallen.
Stell schwang sich hoch auf den Fahrersitz und kramte im Handschuhfach. »Nimm die«, sagte sie und drückte ihr eine zerkratzte, angeschlagene Sonnenbrille in die Hand. »Sie ist nicht gerade schick, aber sie wird dir die Netzhaut retten.«
Stoner setzte die Brille auf und seufzte vor Erleichterung. »Wie geht’s deiner Cousine?«
»Scheint etwas besser zu sein«, sagte Stell, während sie den Motor anließ. »Sie wissen immer noch nicht, was mit ihr los ist. Fürchterliche Sache, sie schien von einem Tag auf den anderen auszutrocknen. Wär ja auch kein Wunder, bei dem Klima. Bis auf den Umstand, dass Claudine und Gil die Handelsstation seit über dreißig Jahren haben, und Claudines Familie schon vorher. Die Sommer in Arizona sind nicht gerade was Neues für sie.«
Sie prügelte den Rückwärtsgang rein, setzte zurück, wobei sie nur knapp einen gelben Mercedes verfehlte, und fuhr langsam auf die Rampe zu.
»Es gibt Gerüchte, dass oben im Norden der Reservation die gleiche Sorte Krankheit umgeht, was irgendeine Art Strahlung vermuten lässt. Vor allem, weil Anaconda und Kerr-McGee die Uranschlacke aus den Minen unter freiem Himmel СКАЧАТЬ