Название: Jetzt mal ehrlich ...
Автор: Adrian Plass
Издательство: Автор
Жанр: Религия: прочее
isbn: 9783865065377
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Im Licht dessen, was hinterher passierte, als Petrus beim Frühstück dem auferstandenen Jesus begegnete, lässt es sich auch anders ausdrücken: Jetzt, wo ich weiß, dass er mich nicht braucht, wird mir allmählich klar, wie nützlich ich eigentlich sein könnte. Wenn ich dieses Opfer auf den Altar lege, das Opfer der persönlichen Verantwortung für die Wirkung meines Schreibens und Redens und all dessen, was ich sonst noch so tue, mein Eigentumsrecht an alledem sozusagen, was bleibt mir dann noch? Du fragst mich, ob ich infolge meiner Possen und Tollheiten eine wunde Stelle empfinde? Schon, aber nicht annähernd so wund, wie ich mich fühle, wenn ich auf einer Kanzel oder Bühne stehe und ganz genau weiß, dass ich immer eine alte Rostlaube sein werde, an deren Steuer lächelnd Gott sitzt. (Hast Du in letzter Zeit mal deine Bremsen prüfen lassen, Jeff?)
Tatsächlich ging es mir erst neulich wieder so. Ich fühlte mich wie ein dreckiger alter Lappen, der seit drei Monaten hinter dem Heizkörper verschollen ist, und ich musste auf eine Kanzel steigen und vor dreihundert Leuten predigen. Die Ironie ist – ich glaube, Du kennst das –, dass es in gewisser Hinsicht leichter ist, wenn man sich wie ein unnützer Trottel vorkommt. Ich lehnte mich zurück und erzählte von Dingen, die ich über Gott gelernt habe. Konnte eigentlich gar nicht schiefgehen. Aber was war mit mir? Wo war ich? Was war ich? Ein Sprachrohr. Ein Briefträger. Ein demütiger Knecht? Ein Sprechknecht!
Weißt Du, Jeff, ich glaube, es gab Momente, in denen auch Jesus nicht weit davon entfernt war, sich so merkwürdig fehl am Platz zu fühlen. Bei ihm war es sogar noch viel schlimmer. Er war ein Mensch, der zugleich Gott war. Wie seltsam muss das gewesen sein! Wie ist er damit klargekommen? In meiner Gedichtsammlung Silences and Nonsenses (Milton Keynes: Authentic Media Limited, 2010) gibt es ein Gedicht, das genau dieser Frage nachspürt. Es heißt „Was ist mit mir?“. Hier ist es:
Ja, er wird auferstehen
Aber was ist mit mir?
Wenn auch der Tod sich krähengleich zu mir herabschwingt, mich zu packen
Und schwarze Schatten auf die Lilien dieses Tales
Und über milchig weißes Mondlicht auf den Meeren wirft
Des Sonnenaufgangs Herrlichkeit
Der Abendsonne Flammen
Pfirsich und Perlmutt am Himmel Galiläas
Die Kühle einer Frauenhand
Kinderaugen
Rohes Holz reibt sich an meiner Haut
Ein Licht im Blick von Männern, die durch ein Glaubenswunder sahen
Hörten, gingen, sprachen
Fanden, dass ihre Haut, eben noch schrundig, plötzlich heil und rein ist
Sabbatwanderungen durch ausgedehnte Weizenfelder
Das Plaudern und Gelächter meiner Freunde
Ihre süße Ahnungslosigkeit
Ein Duft von Fischen auf dem Feuer
Der Ruf zum Essen
Alte Geschichten an der Feuerstelle
Guter Wein
Ein Kuss
Liebe und Weisheit im Lächeln meiner Mutter
Die Tränen derer, die mich innig liebten
Weil sanft und wild ich ihre Sünde auf mich nahm
Werde ich auferstehen?
O ja, der Menschensohn muss auferstehn und wieder leben
Aber was ist mit mir?
Was ist mit mir?
Jedes Mal, Jeff. Jedes einzelne Mal. Jedes Mal, wenn ich denke, jetzt schnappe ich über und renne schreiend hinaus ins süße, bergende Dunkel, rettet mich Jesus, indem er mir immer wieder dieselben Worte ins Ohr flüstert.
„Das kenne ich. Da war ich schon. Ich habe sogar den Lendenschurz als Souvenir.“
Er ist so lästig – und so wunderbar.
Gottes Segen,
Adrian
VIER
Hi, Adrian,
ich habe lange über Deinen letzten Brief nachgedacht, in dem Du sagst – mit großer Erleichterung, wie ich empfinde –, das einzige unvollkommene Opfer, das Gott annehme, seist Du, seien wir.
Und das hat mich wiederum an Deinen ersten Brief erinnert, wo Du die herrliche Geschichte von dem kleinen Jungen in Scargill erzähltest, der Kissen unter die Teile des Kreuzes legte, wo Jesus seiner Meinung nach die schlimmsten Schmerzen empfunden haben musste. Diese Szene hat mich in mehr als einer Hinsicht umgehauen. Ich wünschte, ich wäre selbst dabei gewesen.
Doch wenn ich über diesen Moment nachdenke, gefällt mir besonders, dass der kleine Junge ohne irgendwelche Worte seine Anbetung ausdrückte. Stattdessen holte er Kissen für Jesus und platzierte sie behutsam. Das möchte ich auch gern lernen.
Manchmal bete ich nicht an, weil ich mich unter dem Druck fühle, zu reden; irgendetwas Sinnvolles oder Tiefsinniges zu Gott zu sagen. Mein Anbetungsgemurmel kommt mir erbärmlich vor; weniger Gold, Weihrauch und Myrrhe als vielmehr Styropor, 1411 und Old Spice. Mehr Rockröhre als Opernsänger. Ich befürchte gar nicht einmal, dass Gott mein Gemurmel missfallen könnte; nur, dass es ihn vielleicht langweilt.
Deshalb versuche ich zu lernen, einfach bei Jesus zu sein, ohne wirklich etwas zu sagen. Mich einfach von ihm ansehen zu lassen und irgendwie einen Weg zu finden, um mich auf ihn auszurichten. Aber das ist ziemlich schwer, nicht wahr? Meistens kommt es mir so vor, als wären meine geistlichen „Augen“ vom Grauen Star befallen. Ich bin wie Petrus, der auf dem Berg der Verklärung einfach den Mund nicht halten konnte und unbedingt ins größte verfügbare Fettnäpfchen treten musste. Stell Dir die Szene vor – Mose, Elia und Jesus stehen da in einer epischen, leuchtenden Parade, und Petrus verspürt dieses dringende Bedürfnis, irgendetwas zu sagen. Aber was dann aus seinem Mund herausquillt, ist einfach nur lächerlich: Hütten will er bauen für die großen Stars in Gottes überwältigender Geschichte. Er hat einen Platz in der ersten Reihe bei der wahrhaft größten Show auf Erden, und er denkt darüber nach, eine Barackensiedlung zu bauen.
Und so muss Gott ihn zum Schweigen bringen. Eine Stimme aus der Wolke legt Petrus praktisch den Finger auf die Lippen: „Das ist mein geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr hören!“ Und schließlich passiert noch ein Wunder: Petrus hört auf zu reden. Ich möchte gern lernen, genau dasselbe zu tun, wenn ich lobpreise oder bete; einfach nur zu sein.
Vielleicht ist das der Grund, warum ich in den letzten Jahren die Liturgie neu schätzen gelernt habe. Es fing damit an, dass ein Bischof, mit dem ich befreundet bin, mir ein Exemplar des Common Worship schenkte, der anglikanischen Gottesdienstordnung. Ich bedankte mich herzlich, aber innerlich rümpfte ich die Nase bei dem Gedanken, Gebrauch davon zu machen. Anfangs freute ich mich über das Geschenk etwa so, wie sich ein Rabbi über eine Packung Schinkenspeck gefreut hätte. Doch als ich das Buch aufschlug und anfing zu lesen, veränderte sich meine Haltung, auch wenn ich das Ganze ziemlich verwirrend fand.
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