Название: Der Sound Gottes
Автор: Rainer Bayreuther
Издательство: Автор
Жанр: Религия: прочее
isbn: 9783532600849
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Welcher der beiden archaischen Weisen des Singens entspricht wohl das Lied? Die Antwort ist simpel, dem Melos: Melos plus Odē (Lied) gleich Mel-Odie. Ursprünglich kommt das Wort nur im Plural melea vor und bezeichnet die Körperglieder. In dieser Bedeutung gebraucht es Homer, der keine Lieder hervorbringt, sondern Geschichten. Das steht im Hintergrund, wenn einige Jahrhunderte später Pindar das Wort in den Singular melos setzt und damit eine musikalische Melodie meint. Die konkrete Vorstellung hinter dieser Metapher ist also nicht das einzelne Körperglied, sondern die Fügung der Glieder zu einem Körper, der zur Erde eine bestimmte Stellung einnimmt. Daher hat jedes Melos sein charakteristisches Ethos: eine gelöste, gespannte, ängstliche, erwartende usw. Stimmung. Das lässt sich vom Singen des Epos nicht sagen. Es bleibt in einem dynamischen Sich-fügen und bildet nie eine abgeschlossene Stimmung aus. Das Lied ist die Fügung der melodischen und metrischen Glieder zu einem abgeschlossenen Gesamtgefüge. Dadurch ist es dem momentanen Ereignis nicht nur der Anrufung, sondern auch der Aktivität des Gottes enthoben. Es kristallisiert zu einem Typ, der verfügbar wird und überall realisierbar. In einer konsequenten Reihe wird das sich ereignende Fügen der melea weitergedacht zum ethisch gefügten Melos, dieses zur Mel-Odie, dieses zum Lied – und dieses zum Baustein, der dort eingesetzt wird, wo’s passt.
Nehmen wir das Kriterium des momentanen, gotterfüllten Ereignisses des Epos ernst, dann kann es von der Erzählung des Odysseus, der Sirenen, des Königs David oder Jesus von Nazareth nur eine einzige geben. Lieder über die Liebe und den Tod, über Gott und die Welt, über jedes erdenkliche Sujet aber kann es unbegrenzt viele geben, es muss nur der entsprechende Melostyp konkretisiert werden. Und just aus diesem Grund gibt es unzählige Lieder über die Heiligkeit Gottes (Sanctuslieder), über die Ehre Gottes (Glorialieder), über die Gnade Gottes (Kyrielieder), über die Dreieinigkeit Gottes (Credolieder), über die Jahreszeiten (Jahrkreislieder) und über die Lebenszeiten (Kasuallieder). Lieder, Lieder, nichts als Lieder.
Das liedhafte Gefüge aller dieser Lieder über die Liebe, über Gott, Jesus, den Frühling und den Tod besagt: Gott ist nicht da, Jesus und der Frühling sind nicht da, nicht einmal der Tod ist da. Man muss sich das alles vorstellen, so oft, bis es so gut wie wahr geworden sein wird.
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