Название: Space Prophet
Автор: Jörg Arndt
Издательство: Автор
Жанр: Религия: прочее
isbn: 9783961400546
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Paradoxerweise war es also gerade das Wissen um Glauben und Religion, das Jonas und seine Kollegen davon abhielt, gläubig zu sein.
Ein schreckliches Kreischen, wie von zerberstenden Metallteilen, lief durch das Schiff. Jonas erschauderte. Konnte die Peacemaker zerbrechen? Sie war doch der größte und mächtigste Schlachtkreuzer der ganzen Raumflotte! Eigentlich hätte sie nicht einmal getroffen werden dürfen. Wieder stieg die Panik in ihm hoch.
Doch bevor er sich weiter damit auseinandersetzen konnte, leuchtete endlich das Kabinenlicht wieder auf. Es knackte und ächzte in der Mechanik, ein anschwellendes Summen war zu hören. Als wäre nichts gewesen, setzte der Mover seine begonnene Fahrt fort.
Nach wenigen Minuten hatte Jonas das gewählte Ziel erreicht, die Tür glitt zur Seite, und er beeilte sich, hinaus auf den Flur zu gelangen. Dort herrschte Hochbetrieb. Überall Betten mit Verletzten. Blut. Stöhnen. Dazwischen wimmelte das medizinische Personal und versuchte alles Menschenmögliche, um den Verwundeten zu helfen.
»Rothenfels«, rief Oberstabsärztin Bartels, als sie ihn erblickte. »Sie melden sich in der POV!« Ihr weißer Kittel war mit Blutflecken übersät.
Bevor Jonas reagieren konnte, hatte sie sich schon wieder den Patienten zugewandt. Er hastete zu seinem Spind, streifte die vorgeschriebene Schutzkleidung über. Dann lief er den Korridor zur postoperativen Versorgung hinunter. Naturgemäß war es hier ruhiger als in der Aufnahme. Die Tür des Aufwachraums stand offen, drei Patienten lagen darin.
Im Vorzimmer saß ein braunhäutiger Sanitäter, der damit beschäftigt war, Daten auf einem Sketchboard einzugeben. Er hatte kurz geschnittene, leicht ergraute Haare. Trotz seines offensichtlichen Alters wirkte er durchtrainiert und fit. Das Namensschild auf seiner Schutzkleidung wies ihn als Samir Ahmadi aus.
»Na, da bist du ja endlich«, begrüßte er Jonas freundlich. »Wo hast du dich so lange herumgetrieben?«
»Ich hing im Aufzug fest«, brummte der. »Die Energie ging plötzlich weg.«
»Ja, wir haben einen Treffer in Sektor 10 kassiert. Die Piraten haben uns übel erwischt.«
»Wie konnte das passieren? Warum haben die Schutzschilde das nicht verhindert?«
»Keine Ahnung, ich bin Sanitäter und kein Abwehroffizier. Aber ich kann dir sagen, was hier los ist: jede Menge Brüche und Splitterverletzungen. Zwölf Soldaten werden vermisst, vermutlich hat sie der Treffer ins All hinausgesprengt. Da kommt wohl Arbeit auf dich zu.«
Jonas nickte. Eine Trauerzeremonie für die Gefallenen. Das hatten sie verdient. »Und was kann ich hier tun?«
Samir nickte mit dem Kopf in Richtung Aufwachraum.
»Nummer zwei braucht eine neue Infusion. Der daneben muss jeden Moment wach werden und wird feststellen, dass er keine Beine mehr hat. Besser, wenn er dann nicht alleine ist.«
Fünf endlose Stunden später ließ Jonas seine Schutzkleidung mit einem Seufzer der Erleichterung in den Schacht für die Wäscherei fallen. Das Elend, das er heute zu sehen bekommen hatte, machte ihm zu schaffen. Doch dafür war er schließlich spiritueller Begleiter geworden. Es tat den Menschen gut, ihn beim Erwachen zu sehen, auch wenn manche das nicht zugeben wollten und einige sogar versucht hatten, ihn mit derben Worten wegzuschicken. Er wusste ja, dass dieses Verhalten auf ihren Schock zurückzuführen war, und reagierte sehr verständnisvoll auf solche Ausbrüche. Doch jetzt fühlte er sich müde und ausgelaugt.
Auch Alister war heute Nacht gestorben – ganz friedlich im Schlaf, wie es hieß. Jonas hatte erst davon erfahren, als schon alles vorbei gewesen war.
Pflichtbewusst machte er einen Abstecher zu Alisters Kabine. Trotz seiner Erschöpfung war er neugierig, was wohl aus der Futterschüssel geworden sein mochte, die er zurückgelassen hatte. Noch immer wusste er nicht so recht, was er von dieser Buddy-Geschichte halten sollte.
Der Screen an der Kabinentür zeigte ein Foto von Alister McGregor, darunter standen Name und Dienstgrad sowie die Worte: »Wir trauern um einen treuen Kameraden«. Jonas musste schlucken.
Die Tür knackte leise, als der Sensor sein Transpondersignal erfasste. Jonas öffnete sie, und das Licht schaltete sich ein. Suchend blickte er sich um. Er war sich ganz sicher, dass er den Futternapf unter den Tisch gestellt hatte, doch dort stand er nicht mehr. Hatte hier etwa schon jemand die Kabine ausgeräumt?
Er blickte auf seinen Kommunikator – nein, um diese Zeit wohl eher nicht. Es war kurz nach ein Uhr Bordzeit. Jonas zog einen Stuhl heran und setzte sich, um zu überlegen.
Wieder kamen ihm die Bilder der schweren Verletzungen in den Sinn, denen er heute begegnet war. Er konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. So beschloss er, erst einmal schlafen zu gehen und am nächsten Morgen wiederzukommen. Dann würde er sich um Alisters persönliche Dinge kümmern. Die Reisetasche stand noch genauso auf dem Bett, wie Jonas sie zuletzt gesehen hatte.
Gerade als er aufstehen und in seine Kabine gehen wollte, entdeckte er den vermissten Napf. Er stand unter dem Bett und war leer. Jonas hielt unwillkürlich den Atem an. Das konnte eigentlich nicht sein. Behutsam ließ er sich auf die Knie sinken und spähte in die Finsternis unter der Schlafstatt. Nichts zu sehen. Eigenartig. Allzu viele Verstecke bot die kleine Kabine nun wirklich nicht.
Er ging zum Schrank, holte die Futterschachtel heraus und schüttelte sie.
»Buddy«, rief er leise, »Buddy, Buddy, Buddy, komm, Buddy, Buddy!«
Nichts geschah. Jonas füllte den Napf auf und murmelte: »Alister ist leider gestorben, mein Freund. Von nun an werde ich mich um dich kümmern. Es würde die Sache ungemein erleichtern, wenn du jetzt herauskommen würdest.«
Doch es passierte immer noch nichts. Verwirrt ging er in seine Kabine.
Jonas hatte fest und traumlos geschlafen. Er stand auf, wusch sich und ging in die Offiziersmesse zum Frühstück. Es gehörte zu seinen Privilegien als spiritueller Begleiter des Schiffes, dass er nicht einer Messe fest zugeteilt war, sondern überall kommen und gehen durfte, wie es ihm beliebte.
Die Gesprächsfetzen, die er aufschnappte, drehten sich alle um dasselbe Thema: der hinter ihnen liegende Angriff der Piraten. Anscheinend war es ihnen gelungen, mit einer EMP-Bombe einen Teil der Schutzschilde außer Gefecht zu setzen und danach einen Torpedotreffer zu landen. Eine großartige Leistung, wenn man bedachte, dass die Peacemaker schon allein ihrer Form wegen kaum angreifbar war: Von welcher Seite man sich ihr auch näherte, immer stand man feuerbereiten Lasergeschützen gegenüber.
Am Kaffeeautomaten unterhielten sich zwei Waffenoffiziere darüber, dass die Piraten die Perseus, eines der Begleitschiffe, geentert und entführt hatten. Von den Besatzungsmitgliedern fehlte bislang jede Spur.
Während Jonas sein Brötchen aß – wie fast immer saß er allein am Tisch –, hörte er vom Nachbartisch, dass man nun mit einiger Sicherheit sagen konnte, woher die feindlichen Schiffe gekommen waren. Die Spuren ließen sich zum Planeten Kyros verfolgen, einer ehemaligen Sträflingskolonie, die gut drei Lichtjahre entfernt lag. Anscheinend verfügten die Piraten über Hyperraum-Technologie, was erklären würde, wieso sie so unerwartet auftauchen konnten.
Astrophysik war nicht Jonas’ Stärke. Er hatte Mühe, sich Dinge wie »Hyperraum« СКАЧАТЬ