Название: Steine des Schreckens
Автор: Reinhard Kessler
Издательство: Автор
Жанр: Триллеры
isbn: 9783957449658
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Sie blieben öfters stehen und schauten auf’s Wasser, hinaus auf das weite Meer, das heute aufgewühlt war. Ein faszinierendes Naturschauspiel. Gelegentlich schien die Sonne durch ein Wolkenloch auf‘s Meer und diese helle Stelle auf dem Wasser bewegte sich dann rasend schnell vorwärts und durch die feinen Tröpfchen in der Luft konnten sie sogar den Verlauf der Sonnenstrahlen gut sehen, wie ein Spot-Light bei einem Konzert mit durch Nebelmaschinen verpesteter Luft. Es gab ab und zu sogar so etwas wie einen Regenbogen, aber nie für lange.
Sie genossen die Vorstellung und bemerkten, dass sie sich bei ihrer Unterhaltung fast anschreien mussten. Der Wind blies ihre Worte einfach weg. Für Fremde sah das sicher aus wie ein handfester Ehekrach. Aber wir können beruhigt sein, es war eine ganz normale Unterhaltung.
„Kannst du dich noch an die Berichterstattung von der letzten Krise in Nordafrika erinnern?“, schrie er sie an.
„Was meinst du genau?“
„Da wurden doch viele Menschen mit grossen Fliegern evakuiert. Damit der Bericht authentisch wirkt, haben sie den Reporter vor so eine startbereite Maschine mit laufenden Triebwerken gestellt und dieser Dummling hat dann zwei Minuten lang seine Reportage ins Mikrofon geschrien! Man hat kaum was verstanden.“
„Ach ja, das war eine Glanzleistung. Sie machen ja bei uns auch immer den Wetterbericht vom Dach des Senders aus und es fliegt dann ein Flieger drüber oder unten fährt ein Krankenwagen mit Alarm.“
„Und hier ist es jetzt mit diesem Wind so ähnlich“, schrie er weiter.
„Beim letzten grossen Sturm wäre so eine Reporterin beinahe weggespült worden wie auf der Toilette. Die hat tatsächlich gemeint, sie müsste das aufgepeitschte Wasser mit auf dem Bild haben und hat sich an die Kai-Mauer gestellt. Dann kamen auch erwartungsgemäss schöne grosse Wellen und sie hatte ein Problem.“
Kaum hatte Jelato über die sensationslüsterne und quotengierige Journalistin abgelästert, da musste er mit einer blitzartigen Bewegung seine Kappe retten. Die war schon halb vom Kopf und wäre wohl ziemlich weit geflogen.
„Reflexe sind noch ok.“
„Die wär weg gewesen, die hättest du nicht mehr eingekriegt.“
So kämpften sie sich weiter vorwärts und weil sie dabei den Kopf immer etwas nach unten gebeugt hatten, bemerkten sie erst recht spät, dass es auf ihrem Weg auf dem Deich nicht mehr weiter ging. Es war abgesperrt worden. Die Polizei hatte rot-weisses Plastikband an einem Holztor, welches Weideabschnitte auf dem Deich voneinander trennen sollte, angebracht. Das Band flatterte wie wild im Wind, die Enden hingen nicht nach unten, sondern wurden vom Wind waagerecht in der Luft gehalten und ungefähr 100 m weiter hinten auf dem Deich sahen sie zahlreiche Leute, die mit irgendwas beschäftigt waren. Sie konnten weiter nichts erkennen. Sie beschlossen daher, das Plastikband zu respektieren und nicht oben auf dem Deich weiter zu wandern, sondern den bequemen und windsicheren Radweg auf der Landseite zu benutzen.
So ein Deich hat ja oft drei Wege. Da ist zum einen der Deichweg, das könnte gut der an der Wasserseite sein. Dann hat es den Deichverteidigungsweg, das wird wohl oben der sein auf der Deichkrone. Und auf der anderen, der wasserabgewandten Seite, das ist sicher ein Feldwirtschaftsweg, der heisst jetzt aber Radweg. Man müsste das mal nachlesen, wie das genau ist mit den drei Wegen. Es könnte auch andersrum sein. Jelato würde bald mal im Internet nachschauen.
Sie entschieden sich also für diesen Radweg, der vielleicht auch der Deichverteidigungsweg war, mit Sicherheit aber ein Feldweg ist. So konnten sie die gesperrte Stelle umgehen und kamen aber doch bis auf 20 m heran. Sie trafen auf ein paar Leute, die dem Treiben da oben zuschauten, was denn so läuft. Man muss doch informiert sein.
Man nennt diese Leute heute gerne Schaulustige oder Gaffer, es sei denn sie können nützliche Angaben machen, dann sind es plötzlich nicht mehr Gaffer, sondern gute Beobachter, aufmerksame Spaziergänger oder gar wichtige Zeugen. Man beurteilt die Leute also nach ihrer Nützlichkeit und Verfügbarkeit. Das machen sonst nur Chefs und Zuhälter und Priester – und eben die Polizei in ihren Meldungen bei irgendwelchen Unfällen und Ereignissen.
Jelato fragte einen dieser Mitmenschen am Zaun, was los sei.
Und siehe da, es war ein Zeuge, kein Gaffer. „Dort liegt ein toter Hund. Habe ich vor ungefähr einer Stunde gefunden.“
„Ach was? Nein! Und deswegen so ein Aufwand? Haben die nichts Besseres zu tun? Wenn dass das grösste Problem auf der Insel ist, dann geht es hier aber allen gut.“
„Nein, nein. Das scheint schon ernster zu sein. Das arme Tier wurde irgendwie vorher misshandelt und schliesslich wahrscheinlich totgebissen.“
„Ja, dann ist es klar. In so einem Fall wird ermittelt wie bei Tötungsdelikten bei Menschen. Die Kriminaltechnik sichert am Tatort alle möglichen Spuren und die Pathologie sucht die Todesursache.“
„Sind Sie vom Fach?“
„Ja, aber im Urlaub.“
„Schade, dass ich den Hund von hier aus nicht sehen kann. Ich kenne fast alle Hunde von Presen und Umgebung und könnte denen sagen, ob er von hier ist.“
„Das kriegen die schon raus. Die meisten Tiere haben heute einen Chip unter der Haut und sind damit gut zu identifizieren.“
„Womöglich auch DNA-Analyse?“
„Auch DNA-Analyse.“
„Tsss, das ist der Fortschritt heutzutage.“
„Hilft aber weiter.“
„Wissen Sie, mir ist da noch was ganz Merkwürdiges aufgefallen.“
„Was denn?“
„Da lag anscheinend so ein Stein bei dem Kadaver. Dieser Stein hatte die Form eines Tierskelettes, vor allem ein Schädel liess sich gut erkennen, sagen selbst die Polizisten.“
„Wenn das kein Zufall ist, dann würde es ja bedeuten, dass hier eine ganz gezielte Tötung eines Hundes stattgefunden hat, ein Ritualmord an einem Hund sozusagen.“
„So sieht es aus.“
„Na ja, wir gehen mal weiter. Hier wird nichts Spektakuläres mehr passieren. Das ist jetzt mühsame Detailarbeit der zuständigen Leute. Das braucht seine Zeit.“
„Ich muss noch dableiben. Ich habe schliesslich das Tier gefunden, also eigentlich hat mein Hund den Kadaver gefunden. Ich habe ihn schnell wegziehen müssen und dann die Polizei verständigt. Die haben nachher noch ein paar Fragen. Vielleicht kann ich den toten Hund auch genauer anschauen. Der lag in einer Decke und ich habe nur den Kopf ein bisschen gesehen. Ich habe extra nichts angefasst.“
„Das ist auch gut so. Also dann, Auf Wiedersehen.“
„Auf Wiedersehen.“
Sie gingen zurück zur Ferienwohnung und trafen wie praktisch immer in den letzten Tagen ihren Vermieter bei der Arbeit auf dem Hof. Sie erzählten ihm, was sich auf dem Deich ereignet hatte.
„Ein toter Hund?“ fragte er zurück und machte dabei einen ganz nervösen Eindruck. Er schaute sich sorgenvoll um. Er suchte was.
„Wir СКАЧАТЬ