Название: Der Lustmörder
Автор: Horst Bosetzky
Издательство: Автор
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783955520052
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«Na, haste ’ne kleene Schneeballschlacht jemacht?», fragte Galgenberg, der schon zurück war, aber auch nichts Brauchbares erfahren hatte.
«Die Leute geben uns die Schuld, dass das hier passiert ist, weil wir den Täter noch immer nicht haben», brummte Kappe.
«Und irgendwie haben sie ja auch gar nicht mal so unrecht.»
«Een Kind ohne Kopp is eben ’n Krüppel zeitlebens», sagte Galgenberg.
Dr. Kniehase kam hinzu. «Trampelt mal so wenig wie möglich draußen herum, vielleicht finden wir morgen, wenn es hell ist, doch noch eine Spur, die uns weiterbringt.»
Die Leute mit den Zinksärgen kamen, um die beiden Opfer in die Gerichtsmedizin zu bringen. Stumm und deprimiert saßen die Beamten in der Küche.
Einen Lichtblick sollte es aber doch noch geben. Gerade als sie zum Alexanderplatz zurückkehren wollten, erschien ein Schutzmann der Tegeler Wache, um zu melden, dass es noch ein drittes Opfer geben würde.
«Wie?», fragte Galgenberg mit nicht geringem Erstaunen.
«Ham die hier zu dritt …?»
«Nein, ein Elektriker aus Hermsdorf hat Schüsse gehört und wollte den Leuten hier zur Hilfe kommen, ist aber von dem Täter fast erschlagen worden. Ein gewisser Friedrich Schulz. Er konnte gerade noch fliehen. Auf der Bismarckstraße ist er zusammengebrochen, und ein Mann mit Hund hat ihn gefunden. Sie haben ihn in die Charité gebracht, weil er so schwere Kopfverletzungen davongetragen hat, dass die Ärzte hier nicht helfen können. Wenn er nur durchkommt!»
DREI
AN DEN BERLINER LITFASSSÄULEN hingen nun wieder die sogenannten «Mordplakate», auf denen die Bevölkerung in schwarzer Frakturschrift zur Mitarbeit an der Aufklärung der Nordberliner Liebespaarmorde aufgerufen wurde. Fünftausend Mark Belohnung waren für die Ergreifung des Täters ausgesetzt worden.
Kappe und Galgenberg saßen in der Stadtbahn und fuhren vom Alexanderplatz zur Friedrichstraße, um von dort zur Charité zu laufen und mit Friedrich Schulz zu sprechen. Der Mann habe sich so weit erholt, dass dies nun möglich sei, hatte man ihnen am Telefon mitgeteilt.
«Der erste Zeuge», sagte Kappe. «Endlich einmal ein Hoffnungsschimmer.»
Auch Galgenberg war optimistisch. «Keen Täta kann so dumm denken, wie’t oft kommt.»
Kappe nickte, ohne dass er Galgenbergs Worte richtig registrierte hatte. Sosehr er es auch zu verhindern versuchte, sein Kopf fiel immer wieder zur Seite, und zwischen zwei Stationen nickte er kurz ein. Margarete hatte die ganze Nacht über unter Bauchschmerzen gelitten und ihn kaum schlafen lassen.
«Jede gute Tat rächt sich mal», brummte Galgenberg, der längst nicht mehr so gemütlich war wie in früheren Jahren. «Man denkt, man tut den Kindern wat Jutet, wenn man sie in die Welt setzt - und dann hat man ’n Leben lang nur Ärja mit ihnen.»
«Nicht nur», korrigierte ihn Kappe. «Aber auch - ganz zu schweigen von ihren Müttern.»
«Ja, plötzlich sind se nur noch Glucke, und der Hahn kann gehen, der Hahn hat seine Schuldigkeit getan.»
In der Charité angekommen, brauchten sie eine Weile, bis sie sich zu Schulz durchgefragt hatten.
«Hat Glück gehabt, der Mann», erklärte ihnen der Oberarzt anhand des Krankenblattes. «Am rechten Hinterkopf streifenförmige, doppelt konturierte Hautblutungen, wie sie für Schläge mit Feuerhaken oder ähnlichen Gegenständen typisch sind. Verdacht auf Schädelbasisfraktur. Rippenserienbrüche …»
«Das muss passiert sein, als er gestürzt ist», sagte Kappe.
Der Oberarzt nickte. «Ja, wahrscheinlich. Dann kommen Sie mal mit zu ihm, zehn Minuten Fragerei wird er schon aushalten.»
Sie fanden Friedrich Schulz in einer ziemlich desolaten Verfassung. Kappe schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass ihnen ihr Zeuge erhalten bliebe, denn ohne ihn rechnete er sich keine Chance aus, den Liebespaarmörder in absehbarer Zeit zu fassen. Er stellte sich und Galgenberg kurz vor.
«Ich hoffe, Sie können uns ein bisschen weiterhelfen, Herr Schulz …»
«Ich will mir alle Mühe geben», sagte Schulz mit schwacher Stimme. Ein mächtiger Kopfverband verdeckte sein Gesicht nahezu zur Gänze, nur Augen, Nase und Mund waren freigelassen worden.
Kappe setzte sich auf den Stuhl, der neben dem Bett stand, Galgenberg und der Oberarzt stellten sich an das Fußende.
Schulz richtete sich etwas auf und begann stockend: «Ich wollte noch einmal zu einem Kunden in der kleinen Straße am Ende … Waldfrieden heißt die … Am Waldfrieden … zu den Kruses. Da war ich schon am Vormittag gewesen, eine Lampe anschließen, hatte aber meine Rolle Isolierband und ein Stück Kabel vergessen. Ich wohne ja in Hermsdorf, oben am Bahnhof, in der Roonstraße … war ja nicht weit.» Damit waren seine Kräfte zunächst erschöpft, und er fiel in die Kissen zurück.
«Lassen Sie sich Zeit», sagte Kappe. Obwohl Schulz ein einziges Häufchen Elend war, beneidete er ihn in gewisser Hinsicht, denn der Elektriker aus Hermsdorf hatte dem Liebespaarmörder schon von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden - etwas, das er sich nur wünschen konnte. Und er wäre zu gerne derjenige, der den Lustmörder zur Strecke bringen würde, denn wenn man als Kriminalkommissar nicht im Schatten von Ernst Gennat verkümmern wollte, musste man ab und an spektakuläre Erfolge vorweisen können.
Schulz hatte sich so weit erholt, dass er fortfahren konnte.
«Mit dem Fahrrad im Schnee, das ging immer schwerer. Da habe ich das Rad dann abgestellt und bin das letzte Stück zu Fuß gegangen, den Dohnensteig hoch. Da höre ich eine Frau schreien. Links in einem der Häuser. Ich über den Zaun weg und in den Garten rein. Die Haustür ist zu. Aber hinten zum Garten hin ist alles offen. Ich renne ins Haus rein und komme in den Flur, da fällt ein Schuss. Und im selben Augenblick kommt ein Mann auf mich zu …»
«Lassen Sie ihn!», rief der Oberarzt. «Das ist zu viel für ihn, er kollabiert mir noch.»
Aber Schulz wollte die Sache zu Ende bringen und ließ sich nicht abhalten. «Ich will unbedingt … Sie müssen den Kerl, meinen Mörder …»
Kappe fasste die Hand des Mannes. «Herr Schulz, Sie werden durchkommen, ganz sicher!»
Der Oberarzt stieß Kappe beiseite, um Schulz den Puls zu messen. «Höchstens eine Minute noch, mehr lasse ich nicht zu.»
Schulz schloss kurz die Augen, um letzte Kräfte zu mobilisieren. «Ja … Ich denke, dass er mich erschießt, aber das traut er sich wohl nicht, weil ich schon halb draußen bin und der Schuss zu hören wäre. Da stolpere ich. Das nutzt er aus und schlägt auf mich ein. Womit, das weiß ich nicht … vielleicht mit seiner Pistole … ein furchtbarer Schmerz, ich kann mich aber noch mal aufrappeln СКАЧАТЬ