Название: Nicht alltäglich
Автор: Thomas Klappstein (Hrsg.)
Издательство: Автор
Жанр: Религия: прочее
isbn: 9783865066084
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Wenn aber jemand einem dieser Kleinen, die an mich glauben, Anlass zur Sünde gibt, für den wäre es besser, dass ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er in die Tiefe des Meeres versenkt würde.
MATTHÄUS 18,6 (ELBERFELDER)
Was mich an uns Christen nervt, ist unsere kolossale Unbekümmertheit im Umgang mit Menschen. Da wird mit dem kostbarsten Gut, das wir haben, nämlich unseren Herzensbeziehungen, so umgegangen, dass ich gar nicht so viel essen kann, wie ich kotzen möchte. Immer wieder höre ich die unglaublichsten Geschichten davon, wie Christen von Christen verletzt worden sind. Leider ist das schon sicherer als das Amen in der Kirche. Im Auftrag des Herrn verspricht man sich alles Mögliche und tut es dann plötzlich nicht, weil eben jener Herr schon wieder einen neuen Auftrag verteilt haben soll. Und als göttlich gilt natürlich immer nur der Auftrag desjenigen, der die größte Lobby hat und der sich am wenigsten scheut, sein ureigenes Ding mit fromm ummäntelter Machtausübung durchzudrücken.
Dem Glauben noch fernstehende Menschen werden mit dem sicherlich nonverbalen, aber nichtsdestotrotz fühlbaren Versprechen einer Beziehung zur Bekehrung gelockt und danach fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel und zur bloßen Erfolgskerbe in der Revolverheldbibel degradiert. Und dann plustern wir uns heroisch in Gottes Gegenwart auf und deklarieren mediengerecht verpackt, dass wir unseren Dienst aufgeben, wenn dieser oder jener Mensch nicht durchbricht, geheilt wird oder sonst etwas. Sieben Leichen später stehen dieselben Leute immer noch vor irgendwelchen Altären und verbreiten dieselbe heiße Luft. Ich weiß gar nicht, wie man mit so vielen Beziehungsleichen im Keller noch ruhig schlafen kann. Und die Unverfrorenheit, mit der dann darauf verwiesen wird, dass der Herr einem das schon vergeben werde, lässt mich immer wieder frösteln.
Haben wir eigentlich all die Mühlstein-Stellen aus der Bibel vergessen? Jesus zeigt geradezu unbarmherzigen Zorn, wenn es um unseren unbekümmerten Umgang mit Beziehungen geht. Sei es die Beziehung zu unserem Vater im Himmel, dessen Haus ein Gebetshaus sein soll, oder sei es der Umgang mit den »mikroi«, den Kleinen, die sowieso niemand aus unserer geistlichen Glitzerlandschaft der »ersten Reihen« ernst nimmt oder gar irgendeinen publikumswirksamen Dienst verrichten lassen würde. Am meisten Angst macht mir aber, dass ich ähnliche Tendenzen an mir selber feststelle. So vertraue ich mich mit Furcht und Zittern der Gnade Gottes an und hoffe, seine leisen Matthäusfünfversdreiundzwanzig-Alarmmeldungen nicht zu überhören.
Mickey Wiese
22 | Sonntagsreden und Alltagshandeln
Jesus Christus spricht: Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen.
MARKUS 13,31 (LUTHER 1984)
Vergänglichkeit – das verbinden wir normalerweise mit anderen Dingen als mit Himmel und Erde, zum Beispiel mit unserem menschlichen Leben. Wir verbringen allenfalls ein paar Jahrzehnte auf diesem Globus, und dann heißt es: »Asche zu Asche …«.
Vergänglich sind auch manche Errungenschaften von gestern angesichts rasanter Entwicklungen von heute. Die gute alte Triumph-Schreibmaschine der 60er-Jahre hat ausgedient; der PC hat sie komplett verdrängt. Früher schrieb man Telegramme; das E-Mail- und Handyzeitalter hat diese Kommunikationsweise längst abgelöst. In früheren Jahrhunderten kaum zu überbrückende riesige Entfernungen schrumpfen im Jet-Zeitalter zu Halbtagesreisen. Wie wäre es mit einem Shopping-Wochenende in New York?
Unsere Zeit ist superschnelllebig – und Worte, das lehren uns zum Beispiel nicht eingehaltene Politikerversprechen, haben längst keinen Bestand mehr. Worte sind »Schall und Rauch«, und selbst verschriftet kann man »lügen wie gedruckt«. Was hat schon felsenfeste Gültigkeit? Da erscheinen uns das Universum und der über Jahrhunderte berechenbare Lauf der Gestirne doch weitaus verlässlicher. So wissen wir, dass die nächste totale Sonnenfinsternis in Deutschland am 3.September 2081 zu sehen sein wird. Berechenbare Zustände.
Jesus dreht nun die Verhältnisse genau andersherum. Das, was uns verlässlich, im wahrsten Sinne des Wortes felsenfest und unumstößlich erscheint, nämlich Himmel und Erde, das Universum in seinem so berechenbaren Verlauf, erklärt er als vergänglich; seine Worte aber als ewig gültig, unvergänglich und unwandelbar. Darauf ist Verlass: »Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen.«
Als Christ kann man ja zu solch einem Satz Jesu schnell zustimmend nicken. Aber machen wir uns bitte klar, dass er auch bedeutet, dass zum Beispiel die Bergpredigt Jesu keine Sonntagsrede ist, die man im Alltagsgeschäft nicht ganz so ernst nehmen muss, so nach dem Motto: Ganz so radikal, wie Jesus das sagt, funktioniert es doch nicht, oder?
Also, Hand aufs Herz, wie steht es damit, selbst die Feinde zu lieben; nicht Böses mit Bösem zu vergelten; nicht die eigene Ehe durch begehrliche Blicke zu brechen; so bedingungslos denen zu vergeben, die an uns schuldig geworden sind, wie Gott uns vergibt; nicht Schätze auf Erden zu sammeln, sondern stattdessen großzügig das Reich Gottes zu unterstützen; dem Reich Gottes absolute Priorität über allem anderen einzuräumen, um nur einiges zu nennen?
Wir brauchen eine wachsende Übereinstimmung von Bekenntnis und Leben, von Sonntag und Alltag, von Dogmatik und Ethik. Dafür ist es unverzichtbar, dass wir die Gültigkeit der Worte Jesu in unseren Lebensalltag integrieren.
Ekkehart Vetter
Ganz oder gar nicht
23 | Auserwählt
Und es geschah in diesen Tagen, dass er auf den Berg hinausging, um zu beten; und er verbrachte die Nacht im Gebet zu Gott. Und als es Tag wurde, rief er seine Jünger herbei und erwählte aus ihnen zwölf, die er auch Apostel nannte: Simon, den er auch Petrus nannte, und Andreas, seinen Bruder, und Jakobus und Johannes und Philippus und Bartholomäus und Matthäus und Thomas und Jakobus, des Alphäus Sohn, und Simon, genannt Eiferer, und Judas, des Jakobus’ Sohn, und Judas Iskariot, der zum Verräter wurde.
LUKAS 6,12-16 (ELBERFELDER)
Jesus hatte die ganze Nacht im Gebet verbracht, um die zwölf Jünger auszuwählen. Ich habe mir erlaubt, aufzuschreiben, wie ich mir dieses Gebet vorstelle:
»Vater, morgen ist der große Tag. Morgen ist der Tag, an dem ich die Zwölf auswähle, die deine Botschaft in der ganzen Welt verkündigen werden. Schenke mir Weisheit! Ich habe meine Probleme mit einem von den Zwölfen. Bist du sicher, dass es eine gute Idee ist, Judas Iskariot auch mitzunehmen? Du weißt, dass er mich verraten wird. Ich werde wegen ihm furchtbar leiden müssen. Gibt es wirklich keine andere Möglichkeit, die Menschen zu retten? Wenn wir doch genau wissen, dass er mich verraten wird, können wir dann nicht jemand anderen mitnehmen, der mir treu sein wird? Verstehst du, Vater?«
»Ja, ich verstehe dich, mein Sohn! Ja, du hast recht. Judas Iskariot wird dich verraten. Du wirst leiden müssen. Du wirst sterben. Aber du wirst auch auferstehen. Du wirst den Tod besiegen. Du wirst in großer Herrlichkeit wieder zu mir kommen. Du weißt auch, dass es keinen anderen Weg gibt. Du bist der Weg! Du bist die einzige Lösung, damit die Menschen gerettet werden. Mein Sohn, du bist mir alles. Du bist mein einziger Sohn! Ich liebe dich! Aber du weißt auch, wie sehr ich die Menschen liebe, so sehr, dass ich zu allem bereit bin, um wieder eine Beziehung zu ihnen zu haben. Denk daran, wie schön und vollkommen alles sein wird, wenn das alles vorbei ist. Dafür müssen wir Judas Iskariot mitnehmen! Dafür musst du leiden und sterben. Dafür müssen wir drei Stunden getrennt sein. Aber danach werden wir den Sieg ein für alle Mal haben. Vertrau mir, mein Sohn!«
»O.k., ich vertraue dir, Vater! Ich werde die Zwölf so auswählen, wie du es mir gesagt hast. Du weißt genau, was du tust! Ich freue mich, СКАЧАТЬ