Mörderisches Bayreuth. Werner Rosenzweig
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Название: Mörderisches Bayreuth

Автор: Werner Rosenzweig

Издательство: Автор

Жанр: Триллеры

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isbn: 9783862223695

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СКАЧАТЬ Andere platzierten starke Scheinwerfer um den mutmaßlichen Tatort herum. Benno Behringer nutzte die Gelegenheit, beugte sich in den offenstehenden Kofferraum und leuchtete dem leblosen Mann darin ins Gesicht.

      Er erkannte ihn auf Anhieb.

      27. Juli des letzten Jahres im Bayreuther Festspielhaus: Das war der „Popelschnalzer“. Außerdem hatte er ihn ein zweites Mal an der Behringersmühle in der Fränkischen Schweiz gesehen. Leider hatte der Kommissar keinen Namen zu dem ihm bekannten Gesicht – aber einen interessanten Fakt: Nahe der Mühle war der Mann in einem Zweierkanu auf der Wiesent unterwegs gewesen. In dem Boot hatte auch eine junge, äußerst attraktive blonde Frau gesessen. Nicht diese Kräftige, besser gesagt Stattliche, die ihn im Festspielhaus begleitet hatte.

      „Wenn ihr mit eurer Arbeit fertig seid“, wandte sich Behringer an das Team der SpuSi, „dann lasst den Leichnam in die Rechtsmedizin nach Erlangen bringen.“

       Wie alles begann: Die Kolbs

      Juni, ein Jahr zuvor

      Dort, wo sich die Tristanstraße den „Grünen Hügel“ hochzog, etwa auf halber Höhe, stand rechter Hand das frisch renovierte Hotel „Richard Wagner“. Ein Bau aus den Zeiten der Postmoderne, Anfang der 1960er Jahre: ein dreistöckiges Gebäude in L-Form, dem man heute den verbauten Beton nicht mehr ansah. Dafür sorgten die glatten Außenfassaden in harmonisch abgestimmten Farbtönen Marke „frischer Frühling“ sowie die beiden tragenden Säulen im Bereich der überdachten Auffahrt – edel und luxuriös sollte der Eindruck des Hauses sein. Die ganze Eingangsfront war durchgängig verglast und in der großzügigen Lobby protzten dicke Ledersessel um die Wette. Oben auf der Terrasse des Flachdachs thronte eine mächtige halbrunde Glaskuppel: der neue Frühstückssaal, wo die Übernachtungsgäste ihren Morgenkaffee trinken und einen wunderbaren Blick auf das Richard Wagner Festspielhaus genießen konnten.

      Stolze Herren und Eigentümer der Anlage waren die drei Brüder Manfred, Günther und Karl Kolb. Ihre verstorbene Mutter hatte ihnen und ihrer Schwester Laila vor über zwei Jahren das damals mehr als angestaubte Anwesen vererbt. Kurzfristig dachten die vier über einen Verkauf nach, doch dann beschlossen die Brüder, den Sprung zu wagen und das elterliche Erbe in neuem Stil und mit neuem Konzept fortzuführen. Die hohen Schulden, die sie dabei auf sich luden, brachten Laila, die jüngste der Geschwister, dazu, sich vollends aus dem Projekt zu verabschieden. Außerdem passte ein berufliches Engagement in der Hotellerie gar nicht zu ihrem Studiengang.

      Manfred, der älteste, wurde General Manager und Kundenakquisiteur. Unterstützt von Karl, der sich zukünftig ums Personal und den reibungslosen Ablauf des Tagesgeschäfts kümmern sollte, ging er an die Planung und Umsetzung des Umbaus: Vor einem Jahr, rechtzeitig zu Beginn der Festspielsaison, konnten die umfangreichen Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten abgeschlossen werden; auch das rund 4.000 Quadratmeter große Außengelände des Viersternehotels war auf Vordermann gebracht und völlig neu gestaltet worden. Nun offerierte das Haus 126 unterschiedlich große Zimmer und drei Suiten – geradezu klassisch benannt: Brünhilde-, Kriemhild- und Siegfried-Suite –, alle ausgestattet mit modernem Bad/WC, selbstverständlich inklusive freiem WLAN, mit Minibar und in der Wand integriertem TV. Auch die Hotelküche und das Restaurant glänzten in neuem Outfit. Auf das Design des Gastraums war Manfred besonders stolz. Seine Gäste speisten in der modernen Imitation einer schmucken fränkischen Landscheune mit viel Holz, offenen Balken und Buntsandsteinwänden.

      Günther, Karls Zwilling und gelernter Koch, war nun Chef in seinem eigenen Reich und für die Speisekarte verantwortlich. Äußerlich glich er seinem Zwillingsbruder fast wie ein Ei dem anderen, nur ein Muttermal an seinem Hals gab ihn zu erkennen. Während Karl eher von zurückhaltender Natur war, mochte es Günther extrovertierter und fand sich auch in unvorhersehbaren Situationen schneller zurecht. Seine tiefe Liebe zur fränkischen Heimat zeigte sich in den hauptsächlich regionalen Gerichten, die er aus seinen Töpfen und Pfannen zauberte – vom Schäufele bis zur Nürnberger Rostbratwurst, vom zarten Lammfilet von der Frankenhöhe bis zum Aischgründer Spiegelkarpfen oder den Regenbogenforellen aus eigenen Gewässern der Fränkischen Schweiz. Je nach Saison standen Spargelgerichte, Wildbret oder ausgewählte Gemüse- und Salatprodukte aus dem Nürnberger Knoblauchsland zur Auswahl. Die Weinkarte offerierte, unter der eifrigen Mithilfe von Manfred, ein breites Spektrum an Weiß-und Rotweinen aus den Weinhängen um Ipsheim, Würzburg und Klingenberg. Die Biere kamen ausschließlich aus den kleinen Privatbrauereien Oberfrankens.

      Nach der Renovierung versprach selbst der Keller des Hotels neue Glanzpunkte: Alle drei Brüder hatten hier ihre Ideen eingebracht und nun konnten sich die Gäste auf zwei Bowlingbahnen austoben oder in der Zirbensauna bei herrlichen Aufgüssen schwitzen. Auf dem Außengelände ließen die neuen Hoteleigentümer zuerst einen kleinen, schattigen Biergarten anlegen. Allein die fünf Meter hohen Kastanienbäume, die dafür eingesetzt wurden, kosteten ein Vermögen. Blumengesäumte Kieswege führten zu dem lauschigen Platz, vorbei an einem mit Kois, den teuren japanischen Karpfen, besetzten Gartenteich. Keine 50 Meter davon entfernt lockte in den heißen Sommermonaten ein neues Schwimmbecken, 25 auf 20 Meter groß und beheizbar, umgeben von einer gepflegten Wiese mit Duschen und Sonnenliegen. Überall im Garten luden elegante Ruhebänke zum Verweilen ein, kurzum: eine einzige Wohlfühloase, umstanden von einer halbhohen, immergrünen Kirschlorbeerhecke. Und weil es an diesem Punkt auch nicht mehr auf den letzten Cent ankam, hatten Manfred, Karl und Günther hinter der Hecke gleich noch zwei Tennisplätze anlegen und den hoteleigenen Parkplatz erweitern lassen.

      Als ihren Finanzdirektor hatten die drei Brüder Dieter Kowalski eingestellt. Ihr Verhältnis zu Dieter war ein besonderes – er war nicht nur der langjährige Freund und Vertraute von allen dreien, sondern auch ihr Halbbruder. Ein fruchtbarer Fehltritt ihres längst verstorbenen Vaters. Jetzt sollte er sich darum kümmern, dass im neu eröffneten „Richard Wagner“ stets genügend Cash Flow vorhanden war. Er erstellte die Bilanz, übernahm Gewinn- und Verlustrechnung, überwachte und bediente sämtliche Finanzierungsangelegenheiten. Auch die Steuer gehörte zu Dieters Aufgabenbereich. Bisher hatte er Manfred, Karl und Günther nicht im Stich gelassen, sie gut durch die schwierige Phase des Umbaus gelotst und danach die Weichen für eine wirtschaftlich erfolgreiche Zukunft gestellt. Bei einer Sache konnte er allerdings nicht helfen.

      Was den drei Kolb-Brüdern schwer im Magen lag, war die Abfindung von 250.000 Euro, auf die sie sich mit ihrer Schwester Laila geeinigt hatten. Diese Summe sollte ihr Erbanteil am Hotel sein, den sie ihr zur Erreichung ihres 28. Lebensjahres würden ausbezahlen müssen. So lautete die Vereinbarung. Noch war es nicht so weit, doch Kowalski erinnerte die drei ständig daran, dass der Tag der Fälligkeit unaufhaltsam näher rückte. Nächstes Jahr im Mai mussten sie zahlungsfähig sein. Wie sie das bewerkstelligen sollten, wussten die drei heute noch nicht. Das Hotel lief zwar gut – seit der Wiedereröffnung waren sie fast durchgehend ausgebucht –, doch die Kosten des Umbaus hatten sich längst nicht amortisiert. Die Schuldenlast der Kredite drückte.

      Sie würden Laila wohl bitten müssen, nicht auf eine termingerechte Auszahlung ihres Erbanteils zu bestehen. Doch wie lange Laila noch darauf warten würde, das konnten weder Manfred noch Günther oder Karl abschätzen. Auch der Finanzdirektor traute sich nicht, die Reaktion seiner Halbschwester vorauszusagen, zumal er ihr aktuell keinen alternativen Auszahlungstermin nach ihrem 28. Geburtstag in Aussicht stellen konnte. Zu lebendig waren die Zeiten. Erst kürzlich hatte im Norden der Stadt ein neues Sporthotel eröffnet und versprach harten Wettbewerb. Die Konkurrenz schlief nicht. Jeder wollte am süßen Kuchen der Bayreuther Festspiele partizipieren, wollte seinen Teil an den gutbetuchten Promis und Wagnerfans, die in die Stadt kamen und mit ihrem Geld nur so um sich schmissen.

      *

      Laila studierte an der Universität Bayreuth Geoökologie und Umweltnaturwissenschaften, stand kurz vor dem Ende des achten Semesters und damit auch ihres Studienganges. Mit 27 Jahren war sie nicht gerade eine der jüngsten СКАЧАТЬ