Mörderisches Bayreuth. Werner Rosenzweig
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Название: Mörderisches Bayreuth

Автор: Werner Rosenzweig

Издательство: Автор

Жанр: Триллеры

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isbn: 9783862223695

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СКАЧАТЬ kleiner und schmächtiger als seine Halbbrüder, aber das war es nicht: Er war allzu sehr in sich gekehrt, strotzte nicht gerade vor Selbstwertgefühl. Um seine neu gefundene Familie baute er eine regelrechte Mauer, sprach von Dritten außerhalb dieses Kreises oft negativ und eine gehörige Portion Neid spielte in vielem, was Dieter tat, eine Rolle. Trotzdem war Ute beseelt davon, Dieter zu helfen und ihm den Weg in eine erfolgreiche Zukunft zu ebnen. Nach seinem Schulabschluss ermunterte sie ihn, eine solide Ausbildung zum Bankkaufmann anzugehen, während der er selbstverständlich sein Zimmer im ersten Stock behalten konnte und weiter am Familientisch willkommen war. Eine tolle Frau. Noch heute war Dieter seiner Ziehmutter und auch seinen Halbgeschwistern unendlich dankbar, dass sie ihn so unproblematisch aufgenommen hatten. Mit zunehmendem Alter hatte er sich geschworen, ihnen die große Unterstützung zurückzuzahlen. Loyalität seiner Familie gegenüber war für ihn deshalb kein Fremdwort, sondern eine Selbstverständlichkeit, ja geradezu ein Mantra – vor allem nachdem ihm Manfred, Günther und Karl auch noch den Posten als Finanzdirektor ihres Hotels anvertraut hatten.

      Als er sich mit ihnen das erste Mal über die Finanzierung der anstehenden Renovierungskosten beriet, schlug er vor, die Auszahlungsverpflichtung, die sie ihrer Schwester gegenüber hatten, in die Bilanz der Kommanditgesellschaft einzustellen. „Wir könnten die Schuldverhältnisse aktivieren. Das wäre nach den Prinzipien der kaufmännischen Vorsicht korrekt“, waren seine Worte.

      „Was bedeutet das genau?“, wollte Manfred wissen.

      „Nun, nach den Paragrafen 268, Absatz 5, Satz 1, und 285, Nummer 1, des Handelsgesetzbuches müsstet ihr eine Verbindlichkeit einstellen. Die schmälert natürlich eure Vermögensposition.“

      „Ich versteh nur Bahnhof“, meinte Günther und Karl nickte dazu energisch.

      „Könnte das negative Auswirkungen auf die Beschaffung des Kredits haben, den wir für die Renovierung brauchen?“ Es war Manfred, der den Braten roch.

      Dieter zog die Stirn in Falten. „Könnte durchaus sein“, antwortete er. „Es wird jedenfalls nicht einfacher. Aber im Rahmen einer Kommanditgesellschaft seid ihr neben eurer Kapitaleinlage sowieso auch mit eurem gesamten Privatvermögen gesamtschuldnerisch haftbar.“

      Dann erklärte er ihnen, was es bedeutete, Komplementär und Kommanditist zu sein, und dass die Haftung von Gesellschaftsverbindlichkeiten im Außenverhältnis durch den Gesellschaftsvertrag sowieso nicht begrenzt werden konnte.

      „Dann ist es doch Wurst, ob wir mit der Verbindlichkeit an Laila die Bilanz belasten und damit – wenn ich es richtig verstanden habe – auch die Finanz-, Vermögens- und Ertragssituation unserer Kommanditgesellschaft oder ob wir die 250.000 Euro als private Schuld außerhalb der Geschäftsbücher betrachten. Das heißt“, korrigierte sich Manfred selbst und hob einen Zeigefinger, „es ist doch nicht Wurst. Wenn ich so drüber nachdenke, wäre es mir doch lieber, wenn unsere Bilanz nicht damit belastet wird, auch wenn die Zahlung an Laila der Höhe und dem Grund nach feststeht.“

      Manfred war schon immer der Zampano der Familie, vor allem seit ihrer aller Mutter verstorben war. Immer gab er den Ton an und seine Geschwister kuschten, weil sie wussten, dass Diskussionen keine Aussicht auf Erfolg hatten.

      *

      Am Tag nach der Festspielpremiere saßen die Brüder mit Dieter einmal wieder in Manfreds Büro zusammen. Routinemäßige Besprechung der Hotelleitung. Durch die offenen Fenster kam laue Sommermorgenluft herein, aber die vier waren mittlerweile bei einem schweren Thema angelangt: die Sache mit Lailas Erbteil.

      „Als euer Finanzchef muss ich euch darauf hinweisen – ja, Manfred, ständig darauf hinweisen –, dass hier noch eine enorme Verpflichtung ansteht, die einer Lösung zugeführt werden muss. Ansonsten schaut es mau aus mit unserer Finanzlage.“

      „Ja, ja … wissen wir“, nahm Manfred das Thema auf, „an der Zahlungsverpflichtung gegenüber unserer Schwester gibt es nichts zu rütteln und zu deuten. Eine unschöne Sache, der Termin rückt immer näher. Momentan hätten wir die 250.000 Euro jedenfalls nicht zur Verfügung – und unter uns gesagt, fällt mir auch nichts ein, wie wir das im nächsten Jahr hinkriegen sollen. Wir haben uns seinerzeit bei der Kalkulation unserer Fixkosten ganz schön vertan und müssen froh sein, dass wir die fälligen Tilgungsraten aus der Finanzierung bedienen können.“

      „Aber auch nur, weil wir die Aktien von Mama zu Geld gemacht und die Erlöse in die Gesellschaft eingebracht haben“, merkte Karl an.

      „Ja, ja, ich weiß. Das musst du mir nicht auch noch sagen, Karl!“, reagierte Manfred laut und schroff. „Wir müssen uns etwas einfallen lassen!“

      Karl zuckte zurück, als er von Manfred halb gescholten wurde; er und Günther standen immer in zweiter Reihe, auch wenn sie gleichberechtigte Gesellschafter waren.

      Wieder hatte sich Manfred in den Vordergrund geschoben. Allmählich ging den Zwillingen sein Verhalten aber gehörig gegen den Strich. Es brodelte unter der Decke der brüderlichen Harmonie. Was bildete Manfred sich eigentlich ein? Er hatte auch keine bessere Ausbildung genossen als sie. Großhandelskaufmann – das machte aus ihm nicht automatisch den perfekten Hotelmanager, genauso wenig wie sein beruflicher Einstieg als Sachbearbeiter im Vertrieb und Innendienst der Brauerei Gebrüder Maisel. Na und? Das einzige, was für seinen Job als Direktor des „Richard Wagner“ sprach, war die Tatsache, dass er von Küchen- und Hotelbetriebsabläufen keinen Schimmer hatte, da blieb nur noch der Posten des Chefs, der Verantwortung trägt, aber sonst nichts. Die wahren Gründe, warum man ihm den Job anvertraut hatte, waren seine imposante Erscheinung und sein weltmännisches Auftreten. Kamen die Gäste mit Beschwerden zu Punkten, die nicht so liefen, wie sie sollten, vermittelten schon seine an den Seiten leicht ergrauten Haare diesen gewissen Hauch von Seriosität. Seine Art zu sprechen und die positive Aura eines in sich ruhenden Menschen sorgten für den Rest: Manfred stand für Verlässlichkeit, für gewissenhaftes Handeln, für das Einleiten von Verbesserungen. Er war ganz groß in der Theorie.

      Gott sei Dank hatte Günther souverän die Gastronomie des Hotels übernommen. Mehrere Jahre lang war er stellvertretender Chefkoch in Laudensacks Parkhotel, dem Sternerestaurant in Bad Kissingen, gewesen; noch heute schwärmten seine ehemaligen Gäste von seiner Rinderroulade „Oma Herta“. Vom Empfang bis zu den Zimmern, vom Personal und der Verwaltung bis zum Einkauf oblagen Karl die vielen Aufgaben des Alltagsgeschäfts. Er war der eigentliche Experte in der Familie, der sich dafür im „Bayerischen Hof“ in München zum Hotelkaufmann hatte ausbilden lassen. Karl und Günther waren sich einig, dass ihr älterer Bruder die überflüssigste der Leitungspositionen übernommen hatte. Hier ein bisschen repräsentieren, dort ein wenig den Gästen um den Bart gehen. Also brauchte er sich nicht immer wie ein Tyrann aufzuführen. Außerdem: Das Geld zusammenzuhalten, schien ihm nicht so zu liegen. Manfred gab es viel zu leichtsinnig aus.

      Sie erinnerten sich nur zu gut an die Gespräche, die sie mit Laila nach der Beerdigung ihrer Mutter geführt hatten. 250.000 Euro hatte Manfred ihr auf Anhieb für ihren Anteil am Hotel angeboten. Völlig überflüssig. 150.000 bis 200.000 hätten es sicher auch getan. Andererseits – die Erbmasse mit Hotelgebäude und Grund war mehr als eine Million wert, auch unrenoviert. Das besagte jedenfalls das Gutachten, das sie wenig später hatten anfertigen lassen. Ein Hotel in bester Lage. Laila hatte sich sehr konziliant gezeigt. Allen war klar gewesen, was es bedeuten würde, den alten Kasten modernisieren zu lassen, und auch die Zwillinge waren ihrer Schwester durchaus dankbar, dass sie ihnen nicht durch übertriebene Geldforderungen noch mehr Steine in den Weg gelegt hatte. Aber jetzt? Jetzt ragte Lailas Erbteil als schlimmster und größter Brocken vor ihnen auf.

      Schon klar, dass sie nicht mehr davon abging, nachdem die Zahl einmal auf dem Tisch lag – aber noch lange kein Grund für Manfred, seine Brüder ständig zusammenzustauchen. Den Zwillingen schwoll der Kamm. Dieser selbstgerechte Sack СКАЧАТЬ