Das Mitternachtsschiff. Wilfried Schneider
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Название: Das Mitternachtsschiff

Автор: Wilfried Schneider

Издательство: Автор

Жанр: Исторические любовные романы

Серия:

isbn: 9783957440839

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СКАЧАТЬ du das Wort an mich Unwürdige?«

      »Rede nicht mit mir, als stündest du in der Ratskammer. Sprich als Frau aus Zor zu einem Mann aus Zor.«

      »Siralu war dein Schiffsmeister, als du die Zinninseln suchtest.«

      »Ja. Er stürzte über die Wandung, als er mich zurück riss. Das geschah auf einem harten Meer.«

      »Ich habe meinem Kind diesen Namen gegeben. Nun lebt er weiter als Erinnerung. Viele Familien ehren so die Helden unserer Stadt. Ich gehöre zu ihnen.«

      Abdi-ashirta blickte auf den Leib der Frau, die nicht zu ihm aufsah. Er hob ihren Kopf.

      »Dieser Brauch ehrt nicht allein die Verstorbenen, er ehrt auch euch. Du trägst ein Kind in dir? Hoffentlich wirst du es nicht bald Abdi-ashirta nennen.«

      »Es wird ein Mädchen, vielleicht.« Die Frau lächelte.

      Die Häuser hatten ihre Augen geschlossen. Das Zedernholz schützte die Bewohner vor dem kräftigen Atem des Libanon. Das Portal des Stadtpalastes knarrte unter den Schultern der Wachen, irgendwo fiel eine Tür zu, um die Balken des Speichers heulte der Wind.

      »Ich grüße Zors Großen Helden!« Hir-Rectar, der Oberste des Rates, von vielen schon als König verehrt, öffnete die Arme. Noch in der Verbeugung wurde Abdi-ashirta das Unglaubliche dieser Begrüßung bewusst. Der Herr von Zor empfing ihn bereits am Eingang des Audienzsaals. Dessen Fenster waren geschlossen, auf den Tischen flackerten die Lichter, der Wind war zum Sturm geworden, wie er nur selten auf die Stadt blies. An der Tafel saßen drei wichtige Männer des Rates, Verantwortliche der Seefahrt und Verhandlungspartner für fremde Gesandtschaften.

      «Ich entbiete meinen Gruß …«

      »Lass die Förmlichkeit, Admiral. Es ist nicht die Zeit für untertäniges Geschwätz. Höre mich und schweige. Dann frage, vielleicht muss auch ich schweigen. Verzeih uns, dass wir dich schon wenige Tage nach deiner Rückkehr rufen müssen. Wir dienen damit Zor und Sidonien.« Hir-Rectar presste die Lippen aufeinander. Seine Hände umfassten einen Leuchter, trotzdem war sichtbar, wie sie zitterten.

      »Wohl ist die Zeit nicht fern, dass Zor wieder das Haupt der Küste ist.«

      »Hir-Rectar, König von Zor!«, rief eines der Ratsmitglieder. Ärgerlich gebot der Oberste ihm Einhalt. »So kann es in den Jahren sein, die wir alle noch erleben.« Er sprach nicht weiter, und als Diener die Öllichter austauschten, schwieg er noch immer. Der Admiral kannte das Spiel der Mächtigen, die Schritte selbst zu bestimmen.

      »Nun höre alles«, begann der Oberste des Rates endlich. »Nach vier Dekaden bringt dich die Rose von Zor zum Mittleren Großen Arm des Hapi. Ein Boot Kemets trägt dich nach Menfe. Keine Nachricht dringt davon in die Ohren des Volkes. Der Vorsteher des Tempels der Neith ist dein Vertrauter. Du sollst der Vollstrecker des Willens Nechos sein, eine Expedition in den Süden zu führen.«

      »In den Süden?«, der Admiral sprang auf.

      »In den Süden«, bestätigte Hir-Rectar betont leise. »Du hast es verstanden!«

      »Verzeih die Erregung, Herr.« Abdi-ashirta fiel stöhnend auf die Bank zurück. Dieser Auftrag hatte nichts Gleiches: »Sidoner waren noch nie im Süden!«

      »Nein? Der große Hiram schickte in zehn Jahren vier Schiffe zu diesem Südlichen Haus. Es waren Küstenboote, am Lazurwasser zusammengesetzt. Sie sollten Ophir finden.«

      »Davon weiß niemand!«

      »Ich weiß es.« Zum ersten Mal lächelte Hir-Rectar. »Zor bewahrt seine Geheimnisse gut. Wir danken deinem Großvater auch dafür«.

      »Wohin?« Abdi-ashirtas Stimme war heiser, er fragte nur mit einem Wort.

      »Wohin?«, fragte auch Hir-Rectar. »Du bist ein Mensch, der denjenigen von zwei Pfaden geht, der am wenigsten betreten ist. Also habe ich dich gewählt. Necho hat Sais verlassen und regiert in Menfe. Dort fühlt er sich seinen Ahnen näher. Was will er im Südlichen Haus, wirst du gleich fragen. Vielleicht sucht er so die Garamanten, weil der Sandweg ihm die Füße brennt? Vielleicht sollst du seine Tausende Soldaten heim bringen, die nach Nub desertiert sind … Schau nicht so vorwurfsvoll! Ich mache aus dir keinen Narren. Zu den Garamanten führt kein Wasser und die Desertierten hat Anubis schon vor hundert Jahren gefressen. Was will er im Süden, der Herrscher beider Ägypten? Der Freund deines Großvaters hat mir den Text einer Stele aufgeschrieben und so für meine Gastfreundschaft gedankt. Tanut-amun, Sohn des Schabaka, ließ sie errichten. Höre den König:

       Im Jahre 1, als er zum König gekrönt wurde, sah Seine Majestät zwei Schlangen, eine zu seiner Rechten, eine zu seiner Linken. Seine Majestät erwachte, fand sie aber nicht.

       Seine Majestät sagte: »Warum ist mir das geschehen?«

       Darauf erklärte man ihm: »Du besitzt Oberägypten. Erobere Unterägypten. Die beiden Herrinnen sind auf deinem Kopf erschienen, um dir das Land in seiner Länge und Breite zu geben, ohne dass ein anderer es mit dir teilt.«

      Schau mich nicht so an! Ich bin kein blöder Spaßmacher. Ich rede von Politik, Admiral, von Politik. In Menfes Thronsaal geht die Angst um. Der Süden tötete einst den Großvater des Pharao. Kemet befürchtet neue Eroberungen, hast du die Stele nicht verstanden? Auf dem Hapi fährt keiner nach Punt. Vielleicht gelangt man über das Lazurwasser schneller nach Kerma und Meroe? Von den heute Lebenden weiß es niemand. Mein Fluch über Kemets Priesterschaft. Mögen die Götter mit Necho sein und den Hapi bald durch seinen Kanal fließen lassen. Ich träume davon, eine Flotte hinter die Berge zu schicken, die sich nach Babylon erheben. Was hinter seinen Säulen liegt, hat Melkart nicht erzählt, aber im Osten erstrecken sich Länder, von Wassern umspült, die für uns befahrbar sind. Sei still! Dein Kopf versteht ohne zu fragen, was uns der Weg durch den Kanal bedeutet. Du bist ein Admiral! Wir hoffen auf Necho, die Kemeten sind Freunde Sidoniens. In unserer Zeit.«

      Die anderen Ratsmitglieder hatten während Hir-Rectars Rede hefig genickt, ihre Mimik bezeugte Bewunderung. Auch Abdiashirta erstaunten die Kenntnisse des Obersten von Zor.

      »Dein Gesicht ist ja so lang?«, fragte Hir-Rectar spöttisch. »Du wunderst dich, dass regierende Männer auch wissend sein können? Ich habe Samranus Tafeln gelesen, bevor ich sie vergraben ließ. Wer viel weiß, dem widerspricht man seltener.«

      »Wohin?«, fragte Abdi-ashirta zum zweiten Male.

      »Du sidonischer Esel!«, schrie Hir-Rectar und rieb sich die Stirn. »Dein Vater war meine Stütze, ihn schickte ich nach Quart-hadascht, um unseren Einfluss auf die Siedlung zu stärken. Das stach den Suffeten wohl ins Auge. Am Abend von Samranus Tod gab es in einigen Stuben des Ostviertels Wein«. Hir-Rectar rieb sich die Wangen, seine Hand war faltig, sie verriet sein Alter. Abdi-ashirta ahnte, dass die Verantwortung die Seele des kommenden Königs bedrückte und eine Amtsstube kein geschützter Ort war.

      »König! Ich werde König sein und wenn es am letzten Tag meines Lebens ist«, flüsterte der Oberste Zors. »Ich weiß es auch nicht, wohin du fahren wirst!«, brüllte er plötzlich.

      Abdi-ashirta öffnete den Mund, sein Gesicht wirkte noch schmaler. Ein Windstoß riss an den Fensterläden, die Tischlichter flackerten und bewegten Hir-Rectars Schatten an der gekalkten Wand, der sich für einen Atemzug zu den Deckenbalken ausbreitete und auf den Admiral zu stürzen schien. Der Regent beugte sich vor und sagte: »Wohin du fährst, wissen nur der Erhabene СКАЧАТЬ