Das Mitternachtsschiff. Wilfried Schneider
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Название: Das Mitternachtsschiff

Автор: Wilfried Schneider

Издательство: Автор

Жанр: Исторические любовные романы

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isbn: 9783957440839

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СКАЧАТЬ Abend kam, und er stieg noch einmal auf das Dach seines Hauses, um das nun dunkle Zor zu betrachten. Die Schiffsmasten hoben sich nicht vom Nachthimmel ab, die Pollerfackeln zogen eine Lichtspur zur Werft, in der auch sein Schiff ruhte. Manchmal vertrieb der Wind die Wolken vom halben Mond, dessen mattes Licht die Gestalt des Admirals auf dem Lehm nachbildete. Er stellte sich neben den Rauchschacht.

      »Wenn dein Kopf bei diesem Himmelsstand Chons zum Dachrand reicht, wirst du auf ein Schiff gehen.« Wie heute hatte der Mond eine Handbreit über der Zeder im Garten eines Ratsoffiziers gestanden. Samranu hatte die Götter gern angerufen. Ihre sidonischen Namen trug er selten im Mund.

      Der Schatten hatte den Kopf verloren, da war Abdi-ashirta kaum zwölf Jahre und schneller gewachsen als die Gefährten der Kindheit, nach noch einmal zwölf Jahren war er Schiffsführer, die gleiche Zeitspanne später, fast auf den Tag genau, wurde er zum Admiral ernannt. Seitdem war von diesem Zyklus, der sein Leben so stark bestimmte, noch nicht die Hälfte vergangen.

      Abdi-ashirta schaute auf die vertrauten Umrisse der Nachbarhäuser. Der Mann, der wichtige Worte stets zweimal sagte, schloss die Luken. Auf der anderen Seite schrie die Griechin, die Sprachkundige für den Rat, nach ihrem Hund, der auch an diesem Abend nicht heim kam. Hier hatte einst Talaya gewohnt. Östlich davon erahnte er das rissige Haus mit den oft auch über den Tag geschlossenen Läden, bewohnt von der Witwe eines Segelmeisters, der zweimal mit ihm hinter die Säulen gefahren war. Sie lebte für ihre kemetische Falbkatze.

      Am Südhafen setzten sich Lichtpunkte in Bewegung und wanderten auf der Zedernstraße in Richtung der Berge. Eine verspätete Kolonne, die Holz für den Schiffsbau aus dem Libanon herbeigetragen hatte, zog in die Schlafbaracken vor den Steinhängen. Selbst im Dämmerlicht konnte sein Blick den Schutzwall der Südstadt bestimmen und das Viertel der Zimmerleute mit dem großen städtischen Lagerplatz. Er liebte Zor, liebte die Unruhe des Hafens, die Farben der Märkte und die Herbergen in den Vorstädten. Oft hatte er in Bitta-rapis Schankstube nach Großer Fahrt seine Vertrauten verabschiedet.

      Der Abend wurde zur Nacht, und Zor verstummte. Auf dem Damm nach Bursa blinkten die Fackellichter als etwas ewig Vertrautes. Gebetsgesang aus der Parallelgasse störte die dunkle Zeit, das gewohnte Ritual eines Notars, der Gott Melkart um Beistand für seine Geschäfte bat.

      Der Wind aus den Bergen lebte auf und starb, Schleier zogen vor die Sterne, gaben sie wieder frei und verbargen das Licht von neuem. Die Stimme des Meeres versprach Stunden der Ruhe. Kein Fuß trat die Platten des besseren Viertels, der Rat schickte seine Wachen nicht durch die Stadt. Die Seefahrt hatte Wohlstand gebracht, es herrschte Friede zwischen den Häusern, der auch nicht von den kemetischen Soldaten gestört wurde, die jedes Jahr durch die Küstenregionen zogen.

      Abdi-ashirta erinnerte sich an die Flucht auf die Insel, als Pharao Psammetich seine Truppen zum ersten Mal nach Sidonien geschickt hatte. Im Menschenfluss war er an Nurfrets Hand über den Damm gelaufen und hatte nach dem Großvater geschrien, der auch an diesem Tag der Gefahr Tafeln in die Berge trug.

      »Es gibt keinen Krieg, Assyrien ist schwach, Kemet ist stark. Wir werden in Frieden leben!« so hatte er noch am Morgen auf die Gefährtin eingeredet. Auf seinem kahlen Kopf, den er sich wie ein Kemete rasierte, hatten Schweißperlen gestanden. Tatsächlich ließ der saitische General freundliche Botschaften nach Bursa schicken. Zwei Tage später waren Zors Bewohner wieder in ihren Häusern. Der Damm nach Bursa war Samranus täglicher Weg, begleitet von Nurfret, der gebildeten Kemetin, die mit ihm die Tafeln beschrieben hatte.

      Wie oft hatte er sich an den Abend erinnert, an dem der Großvater nicht zurückkehrte, obwohl die Fackeln schon brannten. Zwei Tage hatte Nurfret geweint, dann war sie ohne ein Wort des Abschieds aus Zor weggegangen, die Trauer hatte ihr keine Stimme gegeben. Weinen Erwachsene, scheint die Nacht nie zu enden. Lange Stunden hatte er auf der Herdbank neben der Geschirrtruhe seiner Mutter gelegen. Zum dritten Mittag hatten Ratsdiener ihn, den Jungen, in das Haus des Meeres gebracht, die Stadt bildete den Sohn ihres hohen Beamten zum Seefahrer aus. Frauen, die fast jährlich wechselten, verwalteten das Haus, und manchmal dienten sie ihm in späteren Jahren als Gefährtinnen. Auch jetzt waren die Kammern gesäubert und die Pflanzungen gewässert. Gern hätte er die neue Bewahrerin kennengelernt, gern wäre er auch heute über den Damm nach Bursa oder durch die Gassen der geliebten, vertrauten Stadt gegangen. Doch nach dem Erhalt der Botschaft gehörten sein Leib und seine Seele dem Obersten Rat, er durfte sein Haus nicht verlassen und hatte die Stadtwachen zu erwarten.

      Der Admiral verließ die alten Zeiten, wickelte sich fester in seine Decke und schuf sich das Gespräch des morgigen Tages. Er drehte sich auf seinem Lager, bereute es, auf dem harten Lehm des Daches zu liegen und forderte seinem Kopf die Antwort ab, warum Hir-Rectar ihn nach so ungewöhnlich kurzer Zeit rief.

      »In welches Haus begleitet ihr mich?«, fragte er die Unzerstörbaren des Nordhimmels, die gleichgültig auf Zor und seinen Admiral blickten. »Melkarts Fluch auf Sidon!« Abdiashirta schleuderte sein Tuch auf das Rauchloch und stieg in das Haus hinab. »Lass mich schlafen, Hir-Rectar!« Er legte sich auf die bequeme Strohmatte, die vor seiner Abreise noch nicht im Haus gewesen war und erzwang die ersehnte Ruhe.

      Er hörte die Tritte der Boten, als sie noch durch die Nebengasse liefen. Der Wind, schon am Nachmittag von den Bergen gesandt, war stärker geworden, selten an einem Abend zu dieser Jahreszeit, als zeige Melkart seiner Stadt an, dass sich Ungewöhnliches ereignen werde. Er löschte die schwimmenden Dochte auf den Fenstern, durch die bereits der frische Atem der baldigen Nacht in die Kammern drang. Abdi-ashirta öffnete das Haustor, er wischte sich über die Lippen, als eine Bö ihm ihren Staub ins Gesicht wehte. Er musste Hir-Rectars Gesandte selbst empfangen, die Wirtschafterin hatte auch an diesem Tag ihre Pflicht nicht getan.

      »Die Stunde ist nahe, Herr, zu der Hir-Rectar dich ruft.« Sie kreuzten die Arme und verneigten sich voller Ehrerbietung. Noch war die Dunkelheit nicht über Zor gekommen, die Boten entzündeten aber die Dochte ihrer Laternen und führten ihn in die Altstadt.

      »Der Auftrag dient nicht dem Rat, sondern Zor und jedem seiner Bewohner. Wir bringen dich über Markt und Hafen zum Palast, um das anzuzeigen«, beantworteten sie den verwunderten Blick des Admirals, der sich den Umweg nicht erklären konnte.

      Abdi-ashirta berührte die Lehmwände der vertrauten Häuser, es waren auch die Straßen seiner Kindheit, durch die ihn die blassen Laternen führten. Auch die Hände seines Vaters streiften einst die Mauern, an jenem Abend, der sein letzter in Zor gewesen war. Als Oberer Verwalter des Regierungsbezirks hatte er den Auftrag erhalten, Quart-hadascht zu helfen, das Steuersystem zu ordnen. Lange war er im Sonnenuntergang mit dem Jungen durch die Stadt gelaufen. Die Mutter hatte ihre Kammer nicht verlassen wollen, ihre Tränen waren hinter den Mauern geblieben.

      Am Haus des Sandalenmachers hielt Abdi-ashirta inne. Die Seitenwand durchzog ein Riss, in den sie als Kinder schon die Finger hinein gesteckt hatten. Sie verzweigten sich in der Fantasie zu Armen der Lotosblüte, eine von Putz entblätterte Fläche war das Innere Meer. Diese Stelle hatte er von der Schlafkammer seiner Eltern aus gesehen, als er mit Samranu am Fenster stand. Seine Mutter hatte zurückgeblickt, bevor sie dem Vater auf der breiten Straße zum Hafen folgte. Es war ihm verboten worden, mit ihnen zu gehen, er hatte es nicht verstanden. Ihr schwerer Zopf schwang nach rechts, nach links, noch einmal nach rechts, dann war er nur eine Erinnerung. Trotzig hatte er das Wasser aus den Augen gewischt.

      »Herr!«

      Abdi-ashirta bat mit einer Geste um Verzeihung, er ging den Boten mit schnellen Schritten nach.

      »Siralu, mein Kleiner, so komm doch, komm ins Haus! Siralu!« Der Junge lief in die Arme seiner Mutter.

      »Du hast ihn Siralu СКАЧАТЬ