Название: Das Mitternachtsschiff
Автор: Wilfried Schneider
Издательство: Автор
Жанр: Исторические любовные романы
isbn: 9783957440839
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»Für uns ist Ir-nim der bessere Mann. Er machte sechs Fahrten für den Hof.«
»Herr! So sieht kein Seefahrer aus. Er kam doch erst in der Siedlung zu uns. Kennt ihn der Pharao?«
»Der Herrscher über Kemet sieht jeden. Und was sagst du über den Schiffsmeister der Kemet?« Kerifer-Neith entrollte das Verzeichnis der Offiziere. »Hier. Vorgeschlagen von eurem Seefahrtsamt. Guwali aus Sidon. Schau dir später seine Hände an. Sind das die Hände, wie sie ein Schiffsmeister braucht? Und seine Sprache! Ich verstehe die Worte nicht, doch er redet anders als ihr.«
»Ich habe ihn nicht ausgesucht, das weißt du. Ich lebte mit den Zimmerleuten, nicht bei den Werbern. Meinen Vertreter bestimme ich selbst. So ist es Brauch. Am dritten Tag werden es die Männer wissen.«
»Eine seltsame Gewohnheit, erst am dritten Tag die Namen der Offiziere zu nennen.«
»Am dritten Tag ist die Heimat schon weit, die Mannschaft erfährt die Ferne. Es wächst die Achtung vor jenen, die ein Schiff zu führen versuchen, und man begegnet ihnen mit Ehrfurcht.«
»Also wird Zimri-da das Admiralsschiff führen?«
»Mit deiner Erlaubnis, Herr.«
»Zimri-da regiert mit der Peitsche. Sein Gesicht ist verschlossen. Er redet in Befehlen. Ist das so? Du nickst.« Der Priester wartete lange, bevor er weiter sprach. »Handle, wie deine Wahrheit es dich lehrt. Du wirst mit ihr allein sein. Doch schweig über unser Gespräch, schweige vor allem vor Ptahhotep.« Kerifer-Neith tippte auf den Papyrus. »Horudja, der Dolmetscher. Der Kleinste in deiner Flotte. Den hat Neferheres ausgesucht. Er wird dir Freude machen.« Der Priester legte Abdi-ashirta erneut die Hände auf die Schultern. »Du wirst bald gesund sein. Auf der Kemet lagern Kräuter, wie sie nur mehrere Männer tragen können. Nimm das Pulver der Schlafbeere vom Strauch, der durch die Wüste rollt. Kemet hat die besten Ärzte der Welt, doch sie weigerten sich mit dir zu fahren. Wir mussten einen Griechen werben, aber er hat Kemets Wissen, spricht deine und unsere Sprache. Aber den kennst du ja.«
»Ja, den kenne ich. Seine Heimat ist das Studierzimmer. Im Geiste hockt er auf dem Katheder wie Pharao auf dem Thron und doziert in die Ohren gehorsam nickender Schüler.«
»Ich habe ihn befragt. Sein Wissen geht auf so viele Rollen, dass sie nicht in Neferheres Kleidertruhen passen, seine Wüstenkräuter heilen Krankheiten, von denen ihr Phoinikos nicht einmal die Namen kennt. Die Säfte seiner Beeren werden sich auch um deine innere Geschwulst legen. Aber reden wir nicht von Paros! Ich will noch einmal die Schiffe sehen.«
»Warum hat Pharao keinen Namen für die Siedlung verfügt?« fragte Abdi-ashirta, als sie durch die kaum geebneten Gassen liefen, deren eintönig langgezogenen Arbeiterunterkünfte zum Siedlungsrand hin von den zweigeschossigen, aus Steinquadern geschichteten Häusern der Zimmerleute, Kontrolleure und Schreiber abgelöst wurden.
»Gebaut, als sollten sie noch die Enkel der Heutigen bewohnen!«
»Und noch deren Enkel. Admiral. Am Ende deiner Fahrt gibt es hier einen Hafen und eine Stadt, die ihren Namen von mir erhalten wird. Ich werde dich in Menfe empfangen und du wirst einer von uns sein.«
Sie verließen die Gasse und bahnten sich ihren Weg durch die halbfertigen Stände der aus dem Landesinneren angereisten Händler, die das vom Palast großzügig an die Besatzungen verteilte Kupfer in ihren Schatullen zurück nach Bast und Menfe tragen wollten.
»Noch eine Stunde!«, rief ein Wanderhändler aus dem Delta und streckte seine dicken Finger in den Himmel. »Ich habe zu allen Göttern gebetet, die ich kenne, dass die Schiffe friedlich abfahren mögen.« Er zeigte seine Waren, als drängten sich schon feilschende Seeleute vor den Tischen. Die aber packten im Lager ihre Bündel für die ewige Reise und hatten sich noch nicht für den Marsch zu den Schiffen formiert. Ihr Gang über den für andere Besucher dann geschlossenen Markt sollte von dem Augenblick ablenken, in dem es kein Zurück mehr gab. Kandierte Früchte, mit einem Ölzweig gezeichnete Krüge, die verbotenen Wein enthielten, Heilsalben, geräuchertes Fleisch, Sandalen und Kleidungsstücke waren ein buntes Angebot an Dingen, von denen die Verkäufer glaubten, sie würden in den langen Tagen auf dem Meer benötigt.
Siedlungshelfer sperrten eine Gasse zum Strand, die Abfahrt war für die Stunde vor dem hohen Sonnenstand festgesetzt. Schon vor Tagen war verkündet worden, der Palast selbst wolle die Schiffe segnen. Abdi-ashirta hoffte, dass es doch der Pharao selbst sein möge, der den Beistand der Götter verkündete. Die Wachen drängten sich zu ihren Herren, denen sich das nach und nach herbeiströmende Volk ungebührlich genähert hatte.
»In Piramesses wärest du brotlos, Sakinu«, spottete der Priester, als er sah wie eng sich der Syrer an den Admiral hielt. »Dort leben die Niederen in Hazor und die Herren in der Oberstadt. Beide begegnen sich nie.«
Sie erreichten den Strand. Die Schiffe lagen einige hundert Ellen im Meer. An die Stege waren nun Transportboote gebunden.
»Warum sprichst du von Piramesse?« fragte Abdi-ashirta.
»Sollte ich lieber von Juna erzählen, von dem Ort, in dem Neferheres den uralten Ben-Vogel sucht, der sich zum Schlaf in ein brennendes Nest legt und morgens wieder geboren aus seiner Asche in den Himmel steigt?«
Abdi-ashirta wandte sich ab, er blickte auf die Schiffe, die den Männern im Spiel der leichten Wellen zunickten wie vertrauten Freunden. Der Himmel über dem Lazurwasser war ungewöhnlich grau, als schickten die Ostgebirge ihren Staub in das Land der Kemeten. Der Wind wehte als willkommener Gast über das Ufer, er schien nur darauf zu warten, die drei Schiffe auf ihren ersten Weg nach Süden zu treiben.
»Habt ihr gar euren Gott Taut auf der Seite, der euch den Schiffsbau lehrte und nun seinen Atem gibt?« fragte der Priester.
»Hätte Taut mit uns gelebt, wäre die Menfe nicht so klein geworden.«
»Ihr Kommandant erspart einiges an Ballast.«
Abdi-ashirta lachte. »Ich frage mich auch, wer den ausgesucht hat. Sein Leib ähnelt den Weinkrügen, die er vielleicht gern in seiner Nähe hat. Mit ihm könnten wir auch bei hohem Wasserstand nicht in der Lotosblüte fahren.«
Der Priester hob die Schultern und wies zum Meer. »In wenigen Stunden steigst du auf dein Schiff. Vielleicht spürst du das gleiche Gefühl wie der junge Kerifer Neith, der, eben zum Priester geweiht, zum ersten Mal den magischen Gang zwischen Chufus Haus und dem Heiligen Wächter betrat.« Entgegen seiner Gewohnheit sprach er leise und stockend. »Damals habe ich erfahren, dass der menschliche Gedanke ein Sandkorn ist. Vereinigt er sich mit dem Wissen und dem Willen der Götter, wird er zur Macht, die andere führt. Die Kemeten schufen sich in hunderten von Jahren die Götter, die tausende Gedanken in sich vereinten und weitergaben. Deine Ruderer, deine Schiffe und das Ziel werden eine Einheit sein. Wir beginnen, die neue Welt zu bauen und werden selbst zu Göttern. In den Augen unserer Vorfahren wären wir es schon heute, denn für sie gliche dieser Tag einer göttlichen Offenbarung. Ich weiß, du verstehst es nicht, ich rede anders über die Expedition Nechos als auf dem Dach in Bast. Die Götter sind die Gedanken und der Wille aller Menschen. Die Kraft der Vielen addiert sich nicht nur, sie potenziert sich zum Göttlichen. Vielleicht hast du es erfahren, wenn du irgendwann wieder an meiner Seite stehst.«
Kerifer-Neith forderte den Admiral auf, nicht über diese Worte nachzudenken. СКАЧАТЬ