Thor. Martin Arnold
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Название: Thor

Автор: Martin Arnold

Издательство: Автор

Жанр: Религия: прочее

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isbn: 9783944180168

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СКАЧАТЬ um eine Zeit der Erneuerung, ein neues Goldenes Zeitalter, heraufzuführen, an dessen Anbruch Baldur von Hel zurückkehren wird, fährt die ‚Völuspá’ fort zu prophezeien, dass ein Ungeheuer, diesmal in Gestalt von Hels Drachen Nidhögg, einst abermals Tod und Zerstörung bringen werde. Bevor dies aber eintritt, so weissagt die Seherin, wird der ‚gewaltige mächtige Eine, der über alles gebietet, […] kommen von oben zur Richtstätte der Götter.’37 Obwohl unter den Interpreten kein Konsens darüber besteht, was dies bedeuten könne, gehen viele davon aus, dass es sich um eine christliche Einschiebung handelt, die auf den Niedergang des heidnischen Glaubens hindeutet.

      Die obigen Erzählungen machen nur einen Bruchteil der Mythen um Thor aus, die es einmal gegeben hat. Das kann zumindest aus den Quellen der Skaldendichtung geschlossen werden, welche die Namen vieler Riesen anführen, die von Thor getötet wurden und über die keine Mythen erhalten geblieben sind. Außerdem gibt es in den verschiedenen Versionen anderer Mythen Widersprüche, die Unklarheiten darüber aufkommen lassen, ob es Thor ist oder ein anderer Gott, der den jeweiligen Riesen erschlägt. Ein Beispiel ist die Tötung des Riesen Thjazi, der die Göttin Iduna entführt und mit ihr die Äpfel, die die Götter benötigen, um ihre ewige Jugend zu erhalten. Im ‚Hárbarðsljóð’ behauptet Thor, Rache an Thjazi genommen und dessen Augen in den Himmel geworfen zu haben, wo sie zu Sternen geworden seien, doch aus Snorris ‚Gylfaginning’ ergibt sich nicht eindeutig, wer den Riesen tötet; ausdrücklich wird hingegen angegeben, dass Odin Thjazis Tochter damit besänftigt, ihren Vater auf diese Weise unsterblich gemacht zu haben. Die starke Ähnlichkeit dieses speziellen Elements des Mythos mit Thors Geschichte von Aurvandills Zeh in Snorris Darstellung des Hrungnirmythos legt nahe, dass hier mythische Elemente miteinander verschmolzen wurden oder von einem Mythos zum anderen übergegangen sind – was wieder einmal die Verflechtungen und Ungewissheiten veranschaulicht, denen der Mythograph bei seinem Bestreben, die Eddas zu entwirren, begegnet.

      Eine Erklärung für diese Probleme besteht darin, dass jene, die die Mythen in den ersten zwei Jahrhunderten nach der Bekehrung abgefasst haben, bemüht waren – wie auch Snorri –, den frühen Eddas etwas von ihrer Unverständlichkeit zu nehmen, indem sie zufrieden stellende Lösungen ersannen; doch hat dies die Schwierigkeiten mit der Zeit noch verstärkt. Wenn dem aber so ist, sollte eingeräumt werden, dass es gerade in der Natur der altnordischen Mythen liegt, keine vollkommene erzählerische Einheit zu bilden. Anders als in der jüdisch-christlichen Mythologie gibt es keine Lehrautorität und damit keine Orthodoxie, so dass reichlich Unterschiede in den Erzählungen auftreten, die zum Beispiel davon abhängen, welcher Gott von seinem jeweiligen Anhänger für besonders heilsam gehalten wird. Ebenso unbestreitbar ist, dass ein Mythos sich entwickelt, im Laufe der Zeit überarbeitet und zunehmend systematisiert wird. Nach dem Einzug des Christentums in den alten Norden wurde dieser Prozess abrupt beendet. Was wir von den altnordischen Mythen geerbt haben, ist ein Palimpsest, durch dessen Schichten ältere Versionen der Mythen stellenweise verblasst, an anderen Stellen jedoch so markant wie inkongruent, sichtbar werden. Während die mythologischen Himmel zu weiten Teilen mit Wolken verhangen sind, erlaubt das von Snorris rückblickendem Bestreben, den Mythen eine Ordnung aufzuerlegen, Erhellte nichtsdestotrotz eine Menge verhältnismäßig sicherer Erläuterungen und Analysen dessen, was den Gott Thor ausgezeichnet, und was er seinen Anhängern bedeutet hat.

Kapitel 2

      Das altnordische Heidentum als Glaubenssystem mag sich von bestimmten monotheistischen Religionen, wie z. B. dem Christentum oder dem Islam, dadurch unterscheiden, dass es keine evangelikale Mission kannte und daher nicht auf die Gewinnung von Konvertiten ausgerichtet war. Doch trotz dieser offensichtlichen Aufgeschlossenheit war der altnordische Mythos ideologisch nicht minder allumfassend und konservativ in seiner Weltanschauung. Ähnlich wie auch in anderen mythologischen Systemen brachte die Verbindung der Edda-Mythen mit den Sitten der altnordischen Gesellschaft eine Einheit von Tugenden hervor, die in den Eddas in abstrahierter Form vorlag: Überall gab es die gleichen Werte und damit auch die gleichen Ängste, die ihnen zugrunde lagen. Untrennbar waren damit existenzielle Gedanken verbunden, etwa die uralten philosophischen Fragen: Wo kommen wir her? Wohin gehen wir? Wie sollen wir leben? – Während die Antworten auf die ersten beiden Fragen in der eschatologischen Entwicklung von der Erschaffung der Welt bis zur Ragnarök gegeben werden, war die Antwort auf die letzte Frage teilweise von sozialen Hierarchien und den daraus folgenden Erwartungen bestimmt, die an den Einzelnen gerichtet waren. Es wird niemanden überraschen, dass die altnordische Mythologie nicht dazu tendierte, Frauen den Männern vorzuziehen, noch dass diesbezüglichen Vorurteilen erst seit dem späten zwanzigsten Jahrhundert umfängliche kritische Aufmerksamkeit gewidmet wurde.

      Man würde Thors Verhältnis zu den Riesen zu sehr vereinfachen, betrachtete man ihn ausschließlich als deren unerbittlichen und tödlichen Feind. Gewiss haftet ihm das Etikett des Riesentöters mehr an als jedem anderen Gott, doch angesichts seiner Mutter, die sowohl als Göttin wie auch als Riesin bezeichnet wird, so dass er daher sogar als Halbriese betrachtet werden kann, und aufgrund der Tatsache, dass er mindestens ein Kind mit einer Riesin zeugt und auch Hilfe von Riesen annimmt (wie von der Riesin Grid in der Erzählung von Geirröd sowie von den Riesinnen in Hymirs Halle), ist erkennbar, dass Thors Haltung gegenüber den Riesen unterschiedlich ausfällt. Eine Erklärung dafür liefert die UnterscheIdunag zwischen männlichen und weiblichen Riesen. Wie aus den Eddas ersichtlich, ist die Paarung männlicher Götter mit verlockenden Riesinnen kein Tabu, wenngleich solche Verbindungen nicht in jedem Fall erwünscht sind; bedrängen männliche Riesen hingegen Göttinnen (man denke etwa an das Begehren Thryms und des Baumeisters nach Freyja oder an die Entführung der Göttin Iduna, welche die Äpfel der ewigen Jugend bewachte, durch den Riesen Thjazi), erscheint dies den Göttern als ernste Bedrohung ihrer Existenz.1

      Wenn auch natürlich die Gefährlichkeit der männlichen Riesen die Sicherheit aller Götter bedroht, so wird sie oft als eine besondere Gefahr für die Göttinnen betrachtet. In diesem Sinne sind die männlichen Riesen abscheuliche sexuelle Konkurrenten, eine „primitive, minderwertige Rasse“, die, sollte sie sich durchsetzen, das Blut der Götter auslöschen, ihre Fruchtbarkeit vermindern und dadurch schließlich ihre Autorität schwächen würde. Die Tatsache, dass dieses Tabu nicht auch umgekehrt gilt, ist charakteristisch für die männlichen Vorrechte und Rechtsansprüche, die ein Patriarchat definieren. Thor ist, mit all seiner Kraft, in vielerlei Hinsicht die Quintessenz dieser doppelten Moral. Ein zwingendes Beispiel für das, was man als Thors Frauenfeindlichkeit bezeichnen kann, zeigt sich, als der Gott den Versuch der Riesin Gjalp, ihn beim Durchschreiten des Flusses auf dem Weg zu Geirröds Halle in ihrem Urin und Menstruationsblut zu ertränken, vereitelt, indem er ihr einen großen Stein entgegenschleudert. Gemäß Thors Äußerung ‚Am Ausfluss soll der Strom sich stauen’2, zielte er mit dem Stein vermutlich auf ihre Fortpflanzungsorgane. Obwohl man dies auch als Thors notwendige Durchsetzung seiner Männlichkeit angesichts einer ‚ungezügelten weiblichen Sexualität’3 interpretieren kann, erweckt die Beschreibung weiblicher Macht, die von einem penetrierenden männlichen Akt überwältigt wird, den Eindruck von tief verwurzelten männlichen Ängsten gegenüber Frauen und von groben sexualisierten Reflexen, die diese Ängste häufig hervorrufen.4 Bemerkenswert ist in dieser Hinsicht auch Thors Furcht vor allem, was seine Männlichkeit in Frage stellen könnte, wie etwa in der humoristischen ‚Þrymskviða’ (Thrymlied), in der er Frauenkleider anziehen muss und deshalb befürchtet, ‚die Asen werden mich einen Perversen nennen’; Perversität wird mit dem starken Begriff argr umschrieben, der auch Unmännlichkeit, Verweichlichung und Feigheit bedeutet.5

       Trollfrauen und das Weibliche in altnordischen Mythen

      Einige Riesen sind deutlich schlimmer als andere. Wiederholt ist davon die Rede, dass Thor unterwegs sei, um Trolle zu verprügeln oder zu töten – offenbar eine zentrale Rolle, die er zu spielen hat. Während die Riesin Hyrrokkin, die bei Baldurs Bestattung beinahe von Thor angegriffen wird, in mancherlei Weise an die Beschreibungen von Trollen in anderen Mythen und Legenden ähnelt, gibt СКАЧАТЬ