Thor. Martin Arnold
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Название: Thor

Автор: Martin Arnold

Издательство: Автор

Жанр: Религия: прочее

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isbn: 9783944180168

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СКАЧАТЬ nicht immer ganz eindeutig ist – dort, wo in Lieder- und Prosa-Edda explizit von Trollen die Rede ist, heraus, dass diese stets weiblich sind.6 Was den Ursprung weiblicher Unholde im Allgemeinen betrifft, führt das ‚Hyndluljóð’ (Hyndlalied) an einer Stelle aus: ‚Schwanger ward Lopt [Loki] vom schlimmen Weib: auf die Erde kamen die Unholde so.’7 Lokis Mutterschaft wäre also für die Böswilligkeit der Trollfrauen ebenso verantwortlich wie Lokis Verbindung mit der Riesin Angrboda für das Unwesen der Midgardschlange, des Wolfes Fenrir und Hels. Eine Einsicht in die mythologische Aufgabe der Trollfrauen gewährt die ‚Völuspá (Der Seherin Gesicht), wo es heißt:

      Eine Alte östlich im Erzwald saß;

      Die Brut Fenrirs gebar sie dort.

      Von ihnen allen wird einer dann

      Des Taglichts Töter, trollgestaltet.8

      Eine Erweiterung dessen liefert Snorri in der ‚Gylfaginning’:

      Eine Riesin haust im Osten von Midgard in dem Wald, der Jarnwid genannt wird. Dort leben die Trollweiber mit dem Namen Jarnwidjur. Die alte Riesin gebiert viele Riesen als Söhne und alle in Wolfsgestalt. Von dort stammen diese Wölfe.9

      Auch wenn die vollständige Bedeutung dieser Stelle nicht entschlüsselbar ist, scheint es so, dass von den Trollweibern jene Wolfsriesen abstammen, von denen einer die Sonne verschlingen wird (der Wolf Fenrir in der Ragnarök), und dass sie Geschöpfe der Wildnis sind. Falls, wie es nahe liegt, mit dem altnordischen Wort gífr, das sowohl den ‚Menschenfresser’ als auch die ‚Hexe’ bezeichnet, ebenso auch die ‚Trollfrau’ gemeint sein kann, folgt daraus offensichtlich, dass auch die Trollfrauen ihren Anteil an der Ragnarök haben – entsprechend der ‚Völuspá’, in der es heißt, dass ‚Riesinnen fallen, Felsen brechen’,10 wenn der Riese Surt, von apokalyptischen Feuern umlodert, auf Asgard vorrückt.

      Aus der Anzahl der Riesen, die Snorri auflistet, kann man schließen, dass sie den Göttern zahlenmäßig überlegen sind und dass es mehr männliche Riesen als Riesinnen gibt. In Anbetracht dessen ist Thors Bestimmung, die Population der Riesen niedrig zu halten, erklärlich; und dies mag teilweise auch die Rivalität der Götter mit den männlichen Riesen bezüglich der Frauen beider Arten erklären. Gleichwohl kann – trotz des offenkundigen zahlenmäßigen Ungleichgewichts zwischen Göttern und Riesen – das Riesenland als eine geordnete und insgesamt im Gleichgewicht befindliche Gegenwelt zu Asgard begriffen werden, wobei die Feindseligkeiten jene zwischen zwei Stämmen spiegeln, die in permanentem Konkurrenzkampf um Land und Besitz zueinander stehen. Die Feindseligkeit der Trollfrauen hingegen folgt keiner so klar erkennbaren Motivation. Nie ist von materiellen Begehrlichkeiten ihrerseits die Rede, noch wird irgendein Grund für ihre Rachsucht angeführt, wie etwa in der Klage der Riesen gegen die Götter in der Erzählung vom Baumeister. In Anbetracht der dem Mythos zugrunde liegenden moralischen Werte ist die Feindschaft der Trollfrauen nichts weniger als reine Bosheit. Thor zögert natürlich nicht, Riesinnen zu tötet, die ihn bedrohen, wie es bei Geirröds Töchtern oder Thryms Schwester der Fall ist, doch was Trollfrauen betrifft, braucht er keine Rechtfertigung.

      Diese, einem Völkermord gleichende Haltung einem kämpferischen weiblichen Stamm gegenüber weist auch hier auf ein tief sitzendes männliches Unbehagen hin, das in einem Gefühl bedrohter Autorität wurzelt. Einige Wissenschaftler haben sogar behauptet, der männliche Chauvinismus, der den Mythen innewohnt, sei zurückzuverfolgen zu einem früher existierenden Matriarchat, das an einem gewissen Punkt der Vorgeschichte von Männern usurpiert wurde. Im Nachhinein wurden dann Frauen, die Widerstand leisteten oder außerhalb männlicher Kontrolle standen, als Mannweiber mythologisiert. Frauen unterstanden grundsätzlich der patriarchalen Kontrolle, und es waren ihnen Beschränkungen auferlegt, insbesondere im Hinblick auf ihre Sexualität. Der oftmals geradezu dämonische Charakter von Seherinnen, deren geheimes Wissen und beunruhigende Vorausschau selbst die Weisheit Odins übertrifft, und die Herrschaft über das Schicksal, die den drei Nornen zugeschrieben wird, können eher als eine Unterstützung denn als eine Unterminierung dieser Behauptung betrachtet werden. Doch ist dies nicht viel mehr als Spekulation, da das Finden von Nachweisen für ein Prä-Patriarchat durch die Tatsache beschränkt wird, dass die Mythen, wie wir sie kennen, von Haus aus männliche Konstrukte sind.11

      Thor zu verstehen, erfordert jedoch eine genauere Analyse dessen, was die Riesen dargestellt haben mögen; und diese weist über eine reaktionäre männliche Sexualität hinaus auf Fragen hinsichtlich der Sterblichkeit und der widersprüchlichen Weltbilder, die in der menschlichen Psyche angelegt sind. Eine Herangehensweise der strukturellen anthropologischen Theorie, besonders im Werk von Claude Lévi-Strauss (1908 - 2009), besteht darin, die Riesen als Abstraktionen von Naturgewalten zu betrachten, die im Gegensatz zu den Kräften der Kultur stehen, die durch die Götter repräsentiert werden.12 Diese Zweiteilung ist in vielerlei Hinsicht überzeugend. Die Riesen leben draußen an der Peripherie, in der freien, ungebändigten Wildnis, wo zwangsläufig Gefahren lauern. Abgesehen von Utgardlokis Hof, leben alle Riesen, denen Thor begegnet, an einsamen Orten, während die Götter, ähnlich den Menschen, Gemeinschaften bilden. Um in die Anderswelt der Riesen zu gelangen, muss Thor Grenzflüsse überqueren, d. h. einen Übergangsritus an der Schwelle von einer Ebene der Existenz zur nächsten vollziehen: von der nährenden Sicherheit der Mitwelt zu den isolierenden Gefahren wilder, friedloser Orte. In stark vereinfachter Form ist dies ein Gegensatz zwischen Leben und Tod. Doch Menschen sind sowohl Natur- als auch Kulturwesen, und darin besteht eine der Paradoxien unserer Existenz. Auf der einen Seite sind Menschen auch voll wilder Triebe und schäumen vor antisozialen Antrieben, die einer Zügelung bedürfen, über; auf der anderen Seite hängt das menschliche Überleben vom Zusammenwirken und dem gemeinschaftlichen Nutzen ab. Und letztlich muss natürlich jedes menschliche Wesen seiner persönlichen Ragnarök begegnen – dem Punkt, an dem Natur und Kultur einander gleichsam aufheben. Wie die Götter haben auch menschliche Wesen Riesenblut in ihren Adern, weshalb ihre Endlichkeit vorherbestimmt ist.

      Dieses Paradoxon trifft besonders auf Thor zu, der, wie oben schon angeführt, zum einen Teil ein Gott und, aufgrund unmittelbarer Abstammung, zum anderen auch ein Riese ist. Abgesehen von der Tatsache, dass die mütterliche Linie nicht als gleichermaßen bedeutsam angesehen wurde wie die väterliche Linie, und dass Thor bei weitem nicht der einzige unter den Göttern von gemischter Abkunft ist, kann sein Kampf gegen einen Teil seiner eigenen Herkunft als Kampf gegen die Sterblichkeit betrachtet werden, sowohl gegen die eigene als auch gegen die all jener, die er zu beschützen sucht, mit anderen Worten: der Menschen und deren mythologischer Hypostasierung in Gestalt der Götter. Die Auslöschung der gegen das Leben gerichteten Gewalten ist Thors Lebenssinn; als seine Erzfeindin, die Midgardschlange, sich schließlich auf dem Schlachtfeld von Ragnarök gegen ihn erhebt, ist dies in mancherlei Hinsicht sein eigener Tod, den er bekämpft. Es ist ein Kampf, den er nicht gewinnen kann, ebenso wenig, wie er den Kampf gegen das Alter an Utgardlokis Hof gewinnen konnte. Wenn denn die Riesen und ihre monströsen Verbündeten all das repräsentieren, was dem Leben schadet – gesellschaftlich, politisch und physisch – so verkörpert Thor das Wesen sozialer Sicherheit, politischer Stabilität und physischer Gesundheit. Thor und die Riesen mögen in einer Hinsicht Gegensätze sein, doch in einer anderen sind sie verwandte Aspekte der conditio humana wie auch des menschlichen Strebens, dem Ungeordneten eine Ordnung aufzuerlegen – letztlich also des Überlebenskampfes.

      Zwei Götter stehen im Gegensatz zu Thor: Loki und Odin. Während Loki in vielerlei Zügen Thors Gegenspieler ist, hebt sich Odin von Thor vor allem durch seinen Einflussbereich und die hierarchische Position ab. Doch in beiden Fällen ist es Thors Schlichtheit, die im Vergleich mit deren Komplexität am stärksten ins Auge fällt. Dieser Unterschied wird nicht allein durch verbale Schläue und politische Tricks angezeigt, die für Loki und Odin charakteristisch sind, sondern liegt auch in ihrer Beherrschung der magischen Künste, die auf ihren Ursprung in schamanischen Ritualen hinweist; damit СКАЧАТЬ