Der Ruhrbaron aus Oberhausen Paul Reusch. Peter Langer
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Название: Der Ruhrbaron aus Oberhausen Paul Reusch

Автор: Peter Langer

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783874683913

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СКАЧАТЬ in seiner Begrüßungsansprache zunächst die deutschen Friedensangebote, vor allem das jüngste des Reichstages, die von den Gegnern alle nur „als Schwäche ausgelegt worden“ seien. Duisberg meinte zu wissen, dass die Stimmung an der Front immer noch gut sei: „Militärisch steht es sehr gut. Der U-Boot-Krieg übt … seine Wirkung aus.“ Die schlechte Stimmung in der Heimat dagegen habe verheerende Auswirkungen auf die Arbeitsleistung in den Fabriken. Hauptgrund dafür sei die mangelhafte Ernährung, obwohl die Lage durch die neue Ernte „bedeutend besser geworden“ sei. Als weiteren Grund der Unzufriedenheit erwähnte Duisberg kurz Überstunden und Sonntagsarbeit, um dann lang und breit über die schädlichen Auswirkungen des Hilfsdienstgesetzes zu klagen. Für die Unternehmer besonders ärgerlich war der § 9 dieses Gesetzes, der zwar den Arbeitern Beschränkungen beim Arbeitsplatzwechsel auferlegte, ihnen aber gleichzeitig ein Beschwerderecht vor einem von Arbeitgebern und Gewerkschaften paritätisch zu besetzenden Schlichtungsausschuss einräumte. Duisberg sah in diesem Paragraphen nur „den Ausgangspunkt für die Agitationstätigkeit der Gewerkschaften und für alle möglichen Bestrebungen, auch den Arbeitgebern Verpflichtungen aufzuerlegen“. Durch die Karenzzeit von zwei Wochen gebe man „den renitenten Leuten Gelegenheit, sich durch Wechsel der Arbeitsstelle ohne Abkehrschein einen 14-tägigen Urlaub zu verschaffen“. Auch die im Hilfsdienstgesetz vorgeschriebenen Arbeiterausschüsse in den Betrieben dienten nur den Gewerkschaften als Forum für ihre Agitationstätigkeit. Ganz am Ende seiner Ansprache ging Duisberg auf den verbreiteten Ärger über die hohen Kriegsgewinne ein, ohne allerdings die im Kriegsamt verfasste Denkschrift ausdrücklich zu erwähnen. An der Höhe der Gewinne selbst hatte er nichts auszusetzen, er betonte im Gegenteil, dass Gewinne und Dividenden dem Staat durch höhere Steuereinnahmen nutzen würden; er bat seine Unternehmerkollegen nur darum, bei den Dividenden die Wirkung in der Öffentlichkeit im Auge zu behalten und möglichst das Niveau der Friedensdividenden nicht zu überschreiten. In der anschließenden Aussprache empfahl Reusch, „die Aufhebung des § 9 eventuell durch den Bundesrat vornehmen zu lassen“, musste darauf aber die Belehrung eines anwesenden Amtsrichters hinnehmen, dass dies verfassungsrechtlich gar nicht zulässig sei. Nur der Braunkohlenindustrielle Silverberg plädierte vorsichtig dafür, mit den Gewerkschaften Fühlung aufzunehmen, da eine Verbesserung der Stimmung in der Arbeiterschaft nur zu erreichen sei, wenn die Gewerkschaften mitwirkten. Er erntete damit in der Runde massiven Widerspruch. Die Niederschrift verzeichnet eine weitere Wortmeldung von Reusch, ohne jedoch festzuhalten, zu welchem Thema er sich äußerte.228

      Somit darf man wohl annehmen, dass er die in der Runde vorherrschende Meinung teilte: D.h. er glaubte auch nach drei Kriegsjahren und nach dem Kriegseintritt der USA noch an den Sieg; er lehnte jegliche Friedensangebote ab; obwohl er es durch seine Tätigkeit im Kriegsernährungsamt besser wissen musste, widersprach er nicht, als Duisberg von einer Verbesserung der Lebensmittelversorgung sprach; er war gegen jegliche Zugeständnisse an die Gewerkschaften; er hatte an den hohen Kriegsgewinnen im Prinzip nichts auszusetzen und er sagte nichts zur Verteidigung seines schwäbischen Landsmannes Groener, den er doch für einen „prächtigen Menschen“229 hielt.

      Die Industrie stand keineswegs einmütig in Opposition gegen General Groener; vor allem in der verarbeitenden Industrie, aber nicht nur dort, gab es durchaus Sympathien für seine Strategie der Einbindung der Arbeiterschaft. Zu seinen Verbündeten zählten der Berliner Industrielle von Borsig und in Süddeutschland MAN-Chef von Rieppel sowie Dr. Sorge von der Firma Krupp.230 Unter den im Düsseldorfer Industrie-Club Anwesenden zeigte Reuschs Kollege Silverberg, später immer als enger Freund des GHH-Chefs bezeichnet, Rückgrat, als er seine abweichende Meinung zum Ausdruck brachte. Reusch trat ihm im Kreise der führenden Industriellen des Rhein-Ruhr-Reviers nicht zur Seite. Deshalb liegt der Schluss nahe, dass er sich ohne Vorbehalte mit dem harten Kurs der Schwerindustrie und der OHL identifizierte.

      Die Tatsache, dass diese Besprechung stattgefunden hatte, blieb natürlich nicht geheim. Der Reichstagsabgeordnete Scheidemann (SPD) war offenbar gut informiert: Er wies bei der Debatte im Hauptausschuss des Reichstags auf den Zusammenhang zwischen der Denkschrift des Kriegsamtes über die Kriegsgewinne, der im Industrieclub laut gewordenen Kritik und der Entlassung Groeners hin.231 Auch im „Vorwärts“ äußerte sich Scheidemann zur Entlassung Groeners, der keineswegs „freiwillig“ gegangen, sondern durch eine Intrige der Obersten Heeresleitung gestürzt worden sei, weil er das Haupthindernis für eine Revision des Hilfsdienstgesetzes darstellte. Die von Duisberg ausgegangene Einladung zu der Besprechung vom 19. August beweise eindeutig, dass in den Kreisen der Industriellen schon bekannt war, dass Groeners Tage als Leiter des Kriegsamtes gezählt waren.232 Duisberg antwortete auf Scheidemanns Vorwürfe im Hauptausschuss des Reichstages mit einer öffentlichen „Richtigstellung“: Abgesehen davon, dass derartige Vorwürfe ihm einen Einfluss zuschrieben, den er nicht besitze, stellte er fest, dass er mit Groener immer bestens zusammengearbeitet habe und den General nach wie vor persönlich sehr schätze. Ein Wort des Bedauerns über seine Entlassung findet sich in der Gegendarstellung jedoch nicht.233 Über die von den Unternehmern geforderte Novellierung des Hilfsdienstgesetzes wurde in den folgenden Monaten zäh verhandelt. Industrie, Militärbehörden und Reichsregierung konnten sich aber nicht auf eine Gesetzesvorlage einigen.

      Es gab im letzten Kriegsjahr verstärkt Kontakte der Gewerkschaften mit Großunternehmern, die die Zusammenarbeit der Arbeiterführer bei der Demobilisierung nach Kriegsende suchten. Ab dem Sommer 1918 wurde in diesen Gesprächen auch das Thema Arbeitszeit immer wichtiger. Bei allen diesen Kontakten mit den Vertretern der Arbeiterschaft spielte Reusch keine Rolle. Er mag die de-facto-Anerkennung der Gewerkschaften als Verrat an den wirtschaftsfriedlichen Werkvereinen aufgefasst haben. Mit diesem Argument jedenfalls begründete er im November 1918 seine harte Kritik an der Zentralarbeitsgemeinschaft von Unternehmern und Gewerkschaften.234

      Nicht weniger katastrophal als die Lebensmittelnot wirkte sich nach drei Jahren Krieg der Kohlemangel aus. Wieland berichtete seinem Kollegen Reusch im August 1917 von einer sehr hitzigen Debatte im württembergischen Landtag, bei der die mangelhafte Kohleversorgung Süddeutschlands einmütig kritisiert worden war. Reusch antwortete – am selben Tag, an dem er die Niederschrift von dem Treffen im Düsseldorfer Industrie-Club erhielt – in einem elfseitigen Schreiben, bei dem am Ende sein ganzer Ärger über die Zugeständnisse an die Arbeiter und die Friedensresolution des Reichstags vom Juli durchbricht. Inhalt und Stil seiner Äußerungen sind entlarvend und müssen deshalb im Originalton wiedergegeben werden. Nach dem einleitenden Hinweis auf seine eigenen Vorschläge für die Kohleverteilung, die aber „Excellenz Gröner“ in den Wind geschlagen habe, erläutert er lang und breit die Transportprobleme auf der Schiene und auf dem Rhein. 45.000 gelernte Bergarbeiter, davon die Hälfte aus dem Ruhrrevier, seien bereits vom Militärdienst freigestellt worden. Genau dort aber, bei den Arbeitern, lag nach Reuschs Überzeugung das Problem: „Notwendig ist nun aber vor allem, dass die Arbeiter etwas in die Hände spucken und mehr als bisher ihre Schuldigkeit tun. Hätten wir heute die Friedensleistung eines Bergarbeiters, so könnten wir spielend 20–25% mehr Kohle fördern! Diese Mehrleistung kann erreicht werden, wenn die Behörden die systematische Verhetzung der Arbeiterschaft nicht wie bisher weiter unterstützen. Meines Erachtens ist schuld an der ganzen Misere die vollständig verfehlte Behandlung der Massen und der Arbeiter und insbesondere der Arbeiterführer, die unter dem Vorwande, nationale Politik zu treiben, ihre ganze Tätigkeit darauf richten, Unruhe und Unzufriedenheit in die Arbeiterschaft zu tragen.“ Und einmal in Fahrt, nahm Reusch anschließend die Politiker von SPD und Zentrum aufs Korn: „Ebenso wie die schwarzen und roten Brüder die Verhältnisse hinter der Front auf das allerungünstigste beeinflussen und uns das wirtschaftliche Durchhalten erschweren, werden sie schließlich durch ihr ewiges Friedensgerede und durch die unglückseligen Verhandlungen im Reichstag … erreichen, dass wir einen schmählichen Frieden schließen. Deutschland mag zu Grunde gehen, wenn nur die schwarze und rote Internationale triumphiert.“235 Ganz am Ende kommentiert er noch kurz General Groeners Abgang: Dieser sei „persönlich zweifellos ein prächtiger Mensch, der aber an seinem Idealismus und an der teilweisen Verkennung der wirtschaftlichen Verhältnisse scheiterte.“ Einzelheiten zu seinem Abtritt wollte er aber nur mündlich mitteilen.236

      Dem General „Idealismus“ СКАЧАТЬ