Название: Die zweite Reise
Автор: Jannis B. Ihrig
Издательство: Автор
Жанр: Историческая фантастика
isbn: 9783957446695
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Kalus nickte bestätigend und fügte hinzu: „Es gibt zusätzlich die Seelenfesselung. Jeder Seelenmagier ist in der Lage, die Seele eines anderen zu entfernen und in seinem Körper zu speichern. Diese gespeicherte Seelenenergie kann dann beispielsweise dazu verwendet werden, um die eigene Magie zu verstärken, um sie als physische Druckwelle im Kampf einzusetzen oder um sie sogar als Ganzes auf den Feind zu hetzen, was sehr schmerzhaft sein kann, wie du am eigenen Leib erfahren musstest. Nicht-Seelenmagier können das übrigens auch, wenn sie einen für diesen Zweck angepassten Edelstein benutzen.“
Nando schien langsam zu begreifen: „Sie benutzen also die Seelen Ihrer gefallenen Feinde, die Sie in Ihrem Körper oder in Seelensteinen gespeichert haben, als Hilfsmittel im Kampf?“
Kalus schüttelte den Kopf: „Nein, das wäre unmöglich. Da die Kraft einer gefesselten Seele bei stetiger Benutzung schnell versiegt, bräuchte ich viele Seelen. Und die sind heutzutage schwer in großen Mengen zu beschaffen.“
„Weil wir sie nicht mehr aus niederen Dämonen gewinnen dürfen“, fügte Stagar, der nun auch etwas sagen wollte, hinzu und achtete nicht auf das empörte Raunen der anderen Dämonen im Gasthaus.
Auch wenn alle Dämonen seit der Vereinigung auf der gleichen Stufe standen, hatten die Felusianer nichts von ihrer Arroganz verloren, die sie sich in all den Jahrhunderten der Versklavung von „niederen“ Dämonen angeeignet hatten.
Kalus tadelte Stagar nicht, sondern sprach mit Nando einfach weiter, als wäre nichts gewesen: „Genau. Die Seelensteine, die ich früher verwendet habe, wurden aus unseren Feinden gewonnen. Nun ist ihre Anzahl gering, da der große Krieg unterbrochen wurde. Jetzt aber, wenn wir wieder gegen die Oberflächenbewohner in den Kampf ziehen, dürfte es bald mehr geben. Aber zurück zum eigentlichen Thema. Du hast doch sicher davon gehört, dass die Mitglieder meines Hauses mit zwei Seelen geboren werden?“
„Ja, habe ich“, bestätigte Nando. „Ich dachte aber immer, dass wäre eine Übertreibung, weil Eure Seelenmagie so stark ist.“
Kalus lachte leicht amüsiert und klärte dann auf: „Nein, es stimmt wortwörtlich. Wir, die Angehörigen des Hauses der Seelen, werden mit zwei Seelen geboren. Durch ein spezielles Training sind wir dann in der Lage, die Kraft unserer zweiten Seele im Kampf einzusetzen. Das war die grüne Energie, die du gesehen hast, Schüler Nando.“
Nando war beeindruckt und verstand endgültig: „Eine zweite Seele, die als Kraftreserve dient. Und sie kann sich in Ihrem Körper, weil sie da heimisch ist, auch wieder regenerieren, hält also ewig.“
„Du hast es erfasst“, lobte Kalus Nando, der noch eine Frage hatte: „Aber zwei Seelen in einem Kopf … Ist das nicht problematisch?“
Kalus nickte: „Ja, das könnte es zumindest werden. Deshalb führt jeder meines Hauses dieses besondere Training durch. Hierbei lernen wir, wie wir eine Seele zur Hauptseele, dem Dominus, und die andere zur untergeordneten Seele, dem Servus, bestimmen. Dieses Herr-Diener-Prinzip ist notwendig und wird deshalb schon im Kindesalter geübt, da sich sonst die Seelen untereinander bekämpfen würden. Eine gravierend gespaltene Persönlichkeit wäre das Endergebnis.“
„Sehr faszinierend“, sagte Nando, der schon die nächste Frage stellen wollte.
Jedoch kam ihm jemand zuvor. Ein Raptor in einer pechschwarzen Robe eilte ins Gasthaus und ging auf Kalus zu, sobald er diesen erblickte. „Meister Kalus, der Dämonenlord will Sie sehen“, sagte er nach einer knappen Verbeugung.
Totenstille. Alle Gäste hatten mit dem Essen aufgehört und starrten den Raptor an. Selten wollte der Dämonenlord jemanden persönlich sehen. Kalus stand auf, zückte einen Beutel voller Silbermünzen und drücke Kalusurus diesen in die Hand mit den Worten: „Genieß das Essen, mein Sohn, und bezahl dann unsere Zeche.“
„Ja, Vater“, sagte dieser knapp. Der Sohn nahm den Geldbeutel entgegen und sah dem Vater hinterher.
Als Kalus das Wirthaus verlassen hatte, setzte der normale Ablauf wieder ein und alle widmeten sich erneut ihrem Essen. Kalusurus, der sich fragte, was der Dämonenlord von seinem Vater wollte, begann ein neues Gespräch mit Stagar und Nando. Er war jedoch nicht sehr konzentriert, weshalb er oft gar nicht zuhörte. Zu sehr ärgerte er sich darüber, dass er nun die Zeit nicht mit seinem Vater ohne das übliche Meister-Schüler-Gehabe verbringen konnte. Denn was auch immer der Dämonenlord wollte: Es würde dauern, bis sein Vater es getan hatte. Und so lange wäre er nicht zu Hause. Wie immer.
Kalus eilte durch die Gassen und Straßen von Gula, während er sich fortlaufend fragte, was der Dämonenlord von ihm wollte. Denn für Glückwünsche allein rief der Dämonenlord niemanden zu sich. Vermutlich handelte es sich eher um einen besonderen Auftrag, der Kalus eine Weile unterwegs sein lassen würde. Der Gedanke missfiel ihm, denn er wusste, dass er zu wenig Zeit mit seinem Sohn verbrachte, und jetzt würde es noch weniger werden. So wie immer. Entweder war er unterwegs oder er musste, wenn er einmal Zeit hatte, seinen Sohn trainieren.
Kalus bereute es ein bisschen, dass er der Meister seines Sohnes war. Denn um der Verpflichtung nachzukommen, seinen Schüler zu einem guten Schwertkämpfer zu machen, musste er seine wenige freie Zeit für das Training verwenden. Da blieb nicht viel Zeit übrig, um einfach Vater und Sohn zu sein. Denn auch wenn Kalusurus in einem Alter war, in dem er sich eigentlich langsam von seinen Eltern unabhängig machte, wünschte Kalus, er könnte ein besserer Vater sein, der immer für seinen Sohn da wäre. Denn das war er auch in der Vergangenheit nicht gewesen.
Nach mehreren Minuten Eile erreichte Kalus den Platz der Nacht, eine große Fläche, gepflastert mit Obsidiansteinen. Der Platz lag direkt vor der gewaltigen Zitadelle der Finsternis, welche auf einer Erhöhung im Mittelpunkt der Stadt thronte. Jeder Besucher, der aus den Tunneln, die in die Höhle von Gula führten, trat und die Stadt erblickte, erkannte sofort, dass die Zitadelle der Finsternis das Herz des Reiches war. Und obwohl die Stadt selbst mit ihren Gebäuden aus grauem Granit schon unheimlich wirkte, wurde sie von der Zitadelle, erbaut aus nachtschwarzem Granit, noch übertroffen. Die Zitadelle stellte eine Hochburg der Finsternis dar, unbezwingbar und furchteinflößend. Sie übertraf in der Größe selbst die Akademie des Lichts von Erlin. Vermutlich war die Zitadelle das größte Gebäude von ganz Locondia. Und wahrscheinlich galt das auch für das Tor aus schwarzem Holz, durch das man vom Platz aus in den Thronsaal gelangte. Es war zehn Meter hoch und fünfzehn Meter breit, sodass selbst Riesen wie die Zyklopen die Zitadelle betreten konnten.
Als nun Kalus auf dieses Tor zuging, öffnete es sich von selbst und offenbarte einen Gang, der nur spärlich von wenigen Fackeln ausgeleuchtet wurde. Jedoch hätte das Licht trotzdem ausgereicht, um die Wandbilder, die wichtige Ereignisse der Dämonengeschichte, unter anderem die Vereinigung, darstellten, betrachten zu können. Kalus hatte dafür aber keine Zeit, sondern eilte durch den Gang. Der Dämonenlord hasste es, zu warten, daran konnte sich Kalus gut erinnern, auch wenn seine letzte Audienz schon Jahre zurücklag.
Endlich war der Felusianer im Thronsaal angekommen, der noch weniger beleuchtet war als der Gang. Man konnte nur innerhalb des Eingangsbereiches etwas erkennen. Der hintere Teil, wo vermutlich der Thron stand, lag in ewiger Dunkelheit. Kalus hatte noch nie den Dämonenlord zu Gesicht bekommen und auch noch nie von jemandem gehört, dem dies gewährt worden war.
Der Felusianer blieb im beleuchteten Bereich stehen und wartete. Weiter durfte er nicht und das wollte er auch nicht. Denn er hatte angsteinflößende Gerüchte über diese Dunkelheit gehört, auch wenn es natürlich schwer zu sagen war, ob sie der Wahrheit entsprachen. Angeblich soll einmal ein anderer Felusianer so tollkühn oder auch so dumm gewesen sein, in die Dunkelheit hineinzutreten. Man hatte nie wieder etwas von ihm gehört. Die meisten dachten, er wurde voller Zorn vom Dämonenlord erschlagen, weil er es gewagt hatte, diese СКАЧАТЬ