Название: Polnisch mit Sahne
Автор: Christiane Zwengel
Издательство: Автор
Жанр: Короткие любовные романы
isbn: 9783944224268
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Die nächsten Tage wurden zum wahren Fiasko. Es gab so viel zu erledigen, Papierkram, nebenbei noch arbeiten, meine Familie und Freunde von meinem Umzug informieren. Dazu noch der Schmerz und die Gewissheit, Wolfgang endgültig verloren zu haben.
Jetzt erst recht, irgendwann schaltete mein Gehirn um und ich begann mich auf das Neue, auf das Unbekannte zu freuen. Ich würde ins Ausland gehen, damals schien selbst unser Nachbarland Schweiz für viele auf einem anderen Planeten zu liegen; auch für meinen Vater ein schier unmögliches Unterfangen. Seine kleine Tochter, fern der Heimat, ganz allein. Ich glaube, insgeheim trug er sich mit der Hoffnung, ich würde in seiner Nähe irgendwo einen Arbeitsplatz finden. Aber für mich war klar, das war das Letzte, was ich wollte.
Endlich frei und unabhängig sein, neue Leute kennen lernen. Dass der Vertrag nur für ein Jahr befristet war, störte mich nicht. Man würde weitersehen, wenn es denn so weit war. Ich malte mir aus, vielleicht nach dieser Zeit nach England zu gehen und das internationale Examen zu machen. Oder auf einem Schiff als Krankenschwester anzuheuern. Irgendetwas würde sich schon finden. So auf ein Jahr im Voraus wollte ich nicht denken. Nur das Heute zählte und die Zeit bis zur Abreise wurde immer kürzer.
Recht schnell erhielt ich aus der Schweiz die Einreisebewilligung mit sämtlichen Informationen, die ich als Ausländer benötigte. Wie und wo die grenzsanitäre Untersuchung stattzufinden hatte, wann und wo ich mich anmelden müsste, der Mietvertrag für meine Personalwohnung und vieles mehr.
Da ich absolut keine Ahnung hatte, wie ich mit der Vielzahl an Informationen für Ausländer umzugehen hatte, war ich auf die Hilfe von Dorothea und Paul angewiesen, die ja auch schon für einige Jahre in der Schweiz gelebt hatten. Papierkrieg und Behördenkram waren noch nie mein Hobby und ich beschloss, irgendwann zu gegebener Zeit einfach abzureisen und die Dinge auf mich zukommen zu lassen. Irgendwann würde mir schon irgendjemand zu gegebener Zeit sagen, wann ich was zu tun hätte oder wann ich mich wo anzumelden hätte.
Wenn ich heute daran zurückdenke, muss ich sagen, dass ich damals recht blauäugig und unschuldig in die unbekannte Zukunft gestürzt bin. So alles auf sich zukommen lassen; heute fast ein Unding. Aber so war ich damals.
So weit, so gut.
Mitten in meinen Vorbereitungen kam, was kommen musste. Wolfgang stand vor meiner Tür, meinen Brief in der Hand, übernächtigt und bleich, bemühte er sich, die Fassung zu wahren. Er sei eben erst aus einem Skiurlaub zurückgekommen, habe den Brief von mir vorgefunden, gelesen und sei umgehend zu mir gefahren.
Ob ich den Vertrag schon unterzeichnet hätte, war seine erste Frage. Die zweite, ob ich den Vertrag wieder rückgängig machen könne. Ich solle bei ihm bleiben, wir könnten uns zusammen eine Wohnung suchen, Mimi sei unwichtig.
Zu spät! Zu spät! Ich schien ins Bodenlose zu stürzen, ich hatte ja keine Ahnung, dass er in den Urlaub fahren wollte, es sei eine kurzfristige Entscheidung gewesen, deshalb habe er sich nicht mehr von mir verabschieden können. Und jetzt das! Warum hatte ich ihn nicht schon viel früher um eine Entscheidung gebeten, mit ihm geredet, ihm von meinen Gefühlen erzählt? Nun war es zu spät, der Stein war ins Rollen gekommen, Wohnung gekündigt und so weiter. Ich war nie ein Mensch, der auf einem einmal eingeschlagenen Weg stehen bleibt oder Entscheidungen rückgängig macht. Es war passiert, ich stand dazu, egal wie schwer es mir fiel. Es hat halt so sollen sein. Unsere Wege würden sich trennen müssen, Fernbeziehungen führte man damals noch nicht so wie heute.
Nur eine Woche bis zum 6. Mai blieb uns noch. Dann war meine Zeit an der Uniklinik in Mainz vorbei und mein Nachmieter sollte meine Wohnung übernehmen. Ein paar Tage wollte ich noch bei meiner Freundin Sissi und ihrem Mann Werner bleiben, bevor ich für weitere zehn Tage zu meinem Vater in die Eifel fahren wollte.
So hatte ich in dieser kurzen Zeit alle Hände voll zu tun, mein ganzes Hab und Gut, welches in einer kleinen 1-Zimmer-Wohnung untergebracht war, musste auf ein Minimum reduziert werden, sollte doch alles irgendwie in meinem VW-Käfer verstaut werden. Dieses Unterfangen stellte sich auch als äußerst schwierig dar. Am Schluss war das Auto so voll, das ich kaum noch hinter den Fahrersitz passte und durch das Rückfenster konnte man gar nichts mehr sehen. Ich glaube, ich fuhr den ersten tiefergelegten VW-Käfer überhaupt auf meinem Weg in die Schweiz.
Es gab viele Tränen beim Abschied. Sissi und Werner organisierten noch eine Abschiedsparty für mich und alle meine Freunde kamen. Ich hätte nie gedacht, dass mir der Abschied doch so schwer fallen würde. Am schlimmsten war es natürlich für Wolfgang. Eigentlich mussten wir uns wegen eines Missverständnisses trennen. Erich und er versprachen, mich so schnell wie möglich besuchen zu kommen. Es seien bald Semesterferien, da könne man kurzfristig in Urlaub fahren. Trotz allem war ich todtraurig. Doch sobald ich im Auto eingeklemmt hinter dem Steuer saß, nahm die Vorfreude auf das Neue und Unbekannte überhand.
Auf geht’s in die Eifel zum nächsten Abschied!
Mein Vater freute sich einerseits riesig, mich mal länger als ein Wochenende bei sich zu haben. Andererseits war er auch traurig, denn die Schweiz war ja so weit. Er sagte, ich müsse seine Angst und seine Sorgen verstehen, schließlich wäre ich ja mutterseelenallein in diesem fremden Land. Ich musste hoch und heilig versprechen, mich regelmäßig zu melden und mir ein Telefon anzuschaffen, nachdem er so oft vor Sorge fast umgekommen sei, weil ich in Mainz keines gehabt hatte und mich nur sporadisch gemeldet hatte.
Somit war die Zeit bei meinem Vater zwar schön, aber auch äußerst anstrengend. Gott sei Dank konnte ihn seine Frau Hera, mit der ich mich hervorragend verstand, allmählich beruhigen. Schließlich sei ich alt genug und stark mit eisernem Willen, außerdem hätte ich ein großes Mundwerk, ich würde meinen Weg schon gehen. Mich könne man nicht unterkriegen. Oh, wie Recht sie hatte! Mein Sturkopf bestand zu 99% aus Stahlbeton, ich nahm mir immer, was ich wollte und konnte auch meinen Willen zu fast 100% durchsetzen. Und niemals, noch nie in meinem Leben habe ich eine einmal getroffene Entscheidung bereut, ich stand und stehe noch heute immer dazu. Es war damals richtig, dass ich ins Ausland gegangen bin. Abgesehen davon, man macht im Leben niemals Fehler, nur positive und negative Erfahrungen. Auch heute sage ich: „Was mich nicht umbringt, macht mich nur noch härter“. Nimm das Leben, wie es ist, und mach aus jeder Situation das Beste.
Auch die Tage bei meinem Herrn Papa neigten sich langsam aber sicher dem Ende zu. Natürlich gab es auch hier wieder Tränen, die meinerseits schnell wieder trockneten, denn mit einem Tränennebel vor den Augen fährt es sich relativ schlecht Auto. Ich musste schließlich jetzt zu meiner letzten Abschiedsstation noch eine ordentliche Strecke fahren. Es ging nach Stuttgart, wo meine Freundin Cora derzeit bei ihrem Freund Marcus Urlaub machte und das eventuelle Zusammenleben übte.
Es war der 28. April und schon am 30. sollte ich in dem kleinen Ort in der Nähe von Basel eintreffen. So kurz davor wurde mir jetzt doch langsam etwas mulmig und meine Gedanken fingen an, Achterbahn zu fahren. War alles wirklich richtig, was ich tat? Konnte, wollte ich zurück? Nee, bloß nicht! Diese Blöße würde ich mir nie und nimmer geben. Nein, die Würfel waren gefallen!
Auf nach Stuttgart.
Außerdem freute ich mich auch, Cora wiederzusehen. Bei der Abschiedsparty in Mainz hatte sie nicht dabei sein können, da sie zu diesem Zeitpunkt bereits bei Marcus war.
Und es wurden noch zwei wunderschöne Tage. Wir lachten viel, tranken und weinten. Waren wir schließlich doch für ein paar Jahre richtig dicke Freundinnen gewesen, die sehr viel Spaß miteinander hatten. Aber was noch viel interessanter war, sie hatte Marcus eigentlich mir zu verdanken, СКАЧАТЬ