Gefundenes Fressen. Stephan Hähnel
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Название: Gefundenes Fressen

Автор: Stephan Hähnel

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783955522063

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СКАЧАТЬ die Hoffnung gewesen, dass sie ein wenig Stolz enthielt, wenn er von ihrem Abschluss erfuhr.

      Linda hatte allein sein wollen, um mit ihm zu sprechen. Niemand ihrer Kommilitonen oder Dozenten hatte sehen sollen, wie es um sie bestellt war.

      Der aussichtsreichste Kandidat für den Posten des künftigen Berliner Polizeipräsidenten hatte an jenem Abend ebenfalls das Bedürfnis nach einem ruhigen Plätzchen verspürt. Allerdings hatte Ralf Kuhnert nicht telefonieren wollen. Sein Interesse hatte eher einer nonverbalen Konversation mit der Pressesprecherin des LKA gegolten. Die in Auflösung befindliche Kleiderordnung und die stürmischen Küsse der beiden hatten sich beim besten Willen nicht als Diskussion über die Richtlinien der gemeinsamen Zusammenarbeit interpretieren lassen. Der Schreck war groß gewesen, als Linda in das Büro getreten war. Bei der Suche nach einem freien Raum war die Tür zu diesem Raum die einzige unverschlossene gewesen.

      Eigentlich hatte sie sich aus der peinlichen Situation kommentarlos zurückziehen und das Ganze ignorieren wollen. Stattdessen hatte sie auf ihr Smartphone gestarrt, als gebe es eine App, die Nutzer unsichtbar machen konnte.

      Kuhnert hatte seine animalischen Bemühungen unterbrochen und die angehende Kommissarin nachdrücklich gebeten zu warten. Offensichtlich hatte er ihren Blick auf das Smartphone falsch interpretiert und befürchtet, dass die stürmische Einarbeitung der Pressesprecherin gefilmt worden war.

      Der Mann war verheiratet. Seine Frau kümmerte sich liebevoll um die drei Kinder und hielt ihm den Rücken frei. Linda hatte sich gefragt, was für den Kerl schwerer wog – die Angst, dass seine Frau von der ganzen Sache erfuhr, oder der drohende Verlust der vielversprechenden Position, die ihm Parteifreunde verschafft hatten. Sie hatte der zweiten Option den Vorzug gegeben.

      Kuhnert war sich bewusst gewesen, dass ein Film, auf You Tube gestellt, sehr wahrscheinlich das Ende seines politischen Aufstiegs bedeutet hätte. Er war Pragmatiker und stand vor dem wichtigsten Schritt seiner Karriere.

      Linda Mörike hatte ihn, einer Eingebung folgend, in dem Glauben gelassen, aufgenommen worden zu sein, zumal er für die Ablehnung ihrer Bewerbung bei der Mordkommission verantwortlich war.

      Sie hatte amüsiert beobachtet, wie die Pressesprecherin des LKA bemüht gewesen war, Contenance zu wahren. Jede Hektik vermeidend, hatte Greta Engholm ihre Haare gerichtet, mit zittrigen Händen die Knöpfe ihrer Bluse geschlossen und den Rock geradegestrichen. Dann war sie pikiert auf ihren beeindruckenden Highheels aus dem Büro stolziert.

      »Bei einer Direktwahl könnten Sie sich meiner Stimme sicher sein«, hatte Linda ironisch bemerkt, als sie allein gewesen waren.

      Kuhnert hatte ungehalten abgewinkt und ein paar Sekunden vergehen lassen, bevor er geantwortet hatte. Wahrscheinlich hatte er sicherstellen wollen, dass sein Hirn wieder vollständig durchblutet wurde.

      »Ich erspare uns die ›Es ist nicht so wie Sie denken‹-Peinlichkeit.«

      »Danke! Ich frage auch nicht, wie es Ihrer Frau und den lieben Kleinen geht.«

      Seine Augen hatten gefährlich aufgeblitzt. »Machen wir es kurz! Bei der Verbesserung meiner Lebensqualität erwischt worden zu sein degradiert mich zum Rumpelstilzchen. Ich schulde Ihnen einen Gefallen. Sie sind eine aufstrebende, taffe junge Frau mit hervorragenden Leistungen, und Sie wollen, kaum dass Sie Ihre Ausbildung beendet haben, in der Berliner Mordkommission arbeiten. Habe ich das richtig in Erinnerung?«

      »Exakt! Nur haben Sie mein Anliegen abgelehnt.«

      Kuhnert hatte einen Augenblick gewartet und dann gönnerhaft geantwortet: »Ihr Wunsch sei Ihnen erfüllt!«

      Ein Dank war Linda nicht über die Lippen gekommen.

      Er hatte nach der Türklinke gegriffen und ihr in die Augen geschaut. Mit festem Blick, der hatte ahnen lassen, wie er üblicherweise mit Gegnern umzugehen pflegte, hatte er gefragt: »Habe ich Ihr Wort, dass von dem … Personalgespräch mit der Pressereferentin nichts an die Öffentlichkeit dringt?«

      Drei Wochen nachdem Ralf Kuhnert seine Ernennungsurkunde zum kommissarisch eingesetzten Polizeipräsidenten in den Händen gehalten hatte, war der Versetzung Linda Mörikes entsprochen worden, gegen den Widerstand des Chefs der Abteilung LKA 1 Max Herting. Am vergangenen Freitagnachmittag hatte sich Linda Mörike in der Keithstraße 30, Berlin-Tiergarten, gemeldet. Noch immer klangen Hertings Worte in ihren Ohren: »Mein liebes Fräulein!«

      Der Leiter des LKA 1 hatte tatsächlich »Fräulein« gesagt, als redete er mit einem der Hunde, die er in seiner Freizeit züchtete, bezeichnenderweise Riesenschnauzer.

      »Wie auch immer Sie es angestellt haben, die Stelle bei der Mordkommission zu bekommen – beim ersten groben Fehler, der Ihnen unterläuft, versetze ich Sie in den Innendienst. Da können Sie dann Rotlichtvergehen bearbeiten, bis Sie grün sind.«

      Als Rotlichtvergehen wurden die Delikte jener Autofahrer bezeichnet, denen es an Kreuzungen und Gehwegen an Geduld mangelte. Herting hatte jedes freundliche Wort vermieden und Linda Mörike nur den Namen ihres Mentors genannt: Hans Morgenstern. Er würde sich um sie kümmern.

      Ein Geräusch riss sie aus ihren Gedanken. Die Katze spitzte wachsam die Ohren. Als Linda endlich das Smartphone in einer der vielen Taschen ihrer Angeljacke gefunden hatte, war schon geraume Zeit vergangen.

      »Hallo?«

      »Mörike, sind Sie es?«

      Sie wusste genau, wer an der anderen Seite der Leitung sprach. Dennoch konnte sie der Versuchung nicht widerstehen. »Mit wem spreche ich?«

      »Lassen Sie den Scheiß! In dreißig Minuten am Hundeauslaufgebiet im Mauerpark. Melden Sie sich bei Morgenstern! Es gibt Arbeit.«

      Das Gespräch war beendet.

      Vom Ufer der Spree in Köpenick bis zum Mauerpark in Prenzlauer Berg brauchte man selbst bei wenig Verkehr vierzig Minuten. Verzweifelt schaute Linda erst an sich herab und dann zu der Katze hinüber, die noch immer darauf zu warten schien, dass sich ein weiterer Fisch ihrer erbarmte.

      »Das schaffe ich niemals!«

      Kommissar Bruno Biondi stand, in eine hautenge Jeans und ein farblich zum Gürtel passendes T-Shirt gekleidet, in der Mitte des Hundeauslaufplatzes im Mauerpark. Wie immer war er perfekt gestylt, getreu dem Motto: Dem Mann deiner Träume kannst du an den unmöglichsten Orten begegnen. Bisher waren seine Bemühungen, einen Partner zu finden, allerdings erfolglos geblieben. Als er den Leiter der Mordkommission entdeckte, tippelte er vorsichtig über den verwilderten Platz. Ob er Hundehaufen oder anderen Bedrohungen auswich, konnte Kriminalhauptkommissar Morgenstern nicht erkennen. Allerdings musste er alle Register der Beherrschung ziehen, um nicht laut loszulachen. Beide Hände leicht gespreizt, auf gleicher Höhe mit den Schultern, als steige er in kaltes Wasser, bemühte sich Biondi, unbeschadet das Eingangstor des Hundeauslaufplatzes zu erreichen. Die Angst, eine der »Tretmienen« zu übersehen, wie er die Hundehaufen nannte, stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.

      »Die Gerichtsmedizin ist gerade fertig geworden. Der Tatort ist freigegeben«, bemerkte Biondi und drückte die Hand seines Chefs wie gewöhnlich einen Deut zu fest, als gelte es, den Nachweis der Männlichkeit zu erbringen. Dann ging er voraus, um Morgenstern den Fundort der Leiche zu zeigen.

      »Wer hat Dienst?«

      »Unsere allerliebste Matroschka!«

      Morgenstern nickte zufrieden. Sonja Bubka verstand ihr Handwerk und erledigte die Arbeit leise СКАЧАТЬ