Nichts ist verjährt. Horst Bosetzky
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Название: Nichts ist verjährt

Автор: Horst Bosetzky

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783955520717

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СКАЧАТЬ …» Mannhardt überlegte. «Die DDR in ihrer Blüte und schon durch den antifaschistischen Schutzwall vom Westen getrennt. Wie soll es da in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft einen Mord gegeben haben?»

      Yaiza Teetzmann, gerade hereingekommen, hatte die Antwort: «Als ob der Sozialismus die Menschen besser machte.» Sie schloss die Tür hinter sich. «Das ist nicht von mir, sondern stammt von einem Leipziger Schriftsteller: Steffen Mohr. Der hat es in einem Heft unserer Blaulicht- Reihe geschrieben, die Zensur hat es übersehen – und meine Schwester hat es in einem Aufsatz zitiert. Mann, gab das ein Theater bei uns zu Hause in Marzahn!»

      «Was würde denn über den Schmöckwitzer Leichenfund im Neuen Deutschland stehen, wenn die DDR bei der deutschen Wiedervereinigung gesiegt hätte und Egon Krenz Bundeskanzler wäre?», fragte sich Mannhardt. «Wahrscheinlich: Antifaschistische Widerstandskämpferin in den letzten Kriegstagen von der SS ermordet und an einer Hauswand verscharrt.»

      Yaiza Teetzmann schüttelte den Kopf. «Das hätten unsere Leute wegen der über dreißig Jahre Unterschied nicht mitgemacht. Eher hätte man versucht, die Sache einem Westler in die Schuhe zu schieben, rüber konnten ja die meisten von euch.»

      «Hoffentlich habe ich für die Jahre 1972 bis 1982 ein lückenloses Alibi», sagte Mannhardt.

      «Warten wir ab, bis wir Genaueres wissen», sagte Schönbier. Wenn ihn etwas anödete, dann waren es Dialoge wie der zwischen den beiden Kollegen. Alles zu unpräzise. Was zählte, waren allein die Fakten. Fakten, Fakten, Fakten. Das hatte er aus der Werbung, nicht aus dem Focus.

      «Wann können wir denn selber mal unter die Lupe nehmen, was bei der Toten alles so gefunden wurde?», fragte Mannhardt.

      Yaiza Teetzmann zuckte mit den Schultern. «Morgen oder übermorgen. Aber fahrt doch zu diesem Schwellnuss, und fragt den.»

      «Wer ist Schwellnuss?», fragte Mannhardt.

      «Der Eigentümer des Grundstückes. Wenn der nicht den Auftrag gegeben hätte, das Haus zu sanieren, dann wäre die Sache nie ans Licht gekommen.»

      «Wenn er den Auftrag dazu gegeben hat, kann er selber schwerlich der Täter sein», merkte Schönbier an.

      Yaiza Teetzmann grinste. «Er kommt jedenfalls aus West-Berlin.»

      Mannhardt und Schönbier fuhren mit der U9 nach Friedenau, da sie wussten, wie nervig es war, dort nach einem Parkplatz zu suchen. Vom Zoologischen Garten bis zum Friedrich-Wilhelm-Platz brauchten sie gerade einmal acht Minuten. Sie standen so dicht nebeneinander, dass es schwer war, nur zu schweigen. Mannhardt erinnerte sich an eine alte Weisheit seiner Mutter: «Durch Reden kommt eine Unterhaltung zustande.» Also redete er.

      «Trifft ein Psychologe den anderen und sagt: ‹Dir geht es gut – und wie geht es mir?›»

      Als sie ausgestiegen waren, brauchten sie eine Weile, um sich zu orientieren. Die Gegend um den Friedrich-Wilhelm-Platz war ein wenig unübersichtlich, und prompt erwischten sie den Ausgang auf der falschen Seite. Dort war keine Schwalbacher Straße.

      «Fragen wir mal jemanden», sagte Schönbier. Mannhardt wehrte ab. «Das geht gegen meine Ehre als Kriminalbeamter. Steigen wir noch mal in die U-Bahn runter und sehen auf dem Stadtplan nach.»

      «Nicht mit mir!», erklärte Schönbier.

      Da keiner nachgeben wollte, blieb ihnen nur das Prinzip trial and error, und so zogen sie eine halbe Stunde lang immer weitere Kreise um den Friedrich-Wilhelm-Platz, bis sie die Schwalbacher Straße gefunden hatten.

      Danach konnte Mannhardt nicht mehr ernsthaft bestreiten, dass Psychologen und Psychiater in dieser seiner Gesellschaft unerlässlich waren.

      Als Professor Dr. Siegfried Schwellnuss ihnen die Haustür öffnete, drohte Mannhardts Impulskontrolle zu versagen, und er hätte um ein Haar laut losgelacht, denn der Mann sah so sehr nach einer Parodie seines Berufsstandes aus, dass man glauben konnte, in eine Comedy-Serie geraten zu sein. Ein bisschen Ähnlichkeit hatte er mit Albert Einstein, ein bisschen mit Sigmund Freud und ein bisschen mit dem letzten Neandertaler.

      «Ah, die Herren von der sehr verehrten Kriminalpolizei!», rief er. «Treten Sie bitte ein, aber möglichst nicht meine Tür, wie es Ihre Kollegen vom Sondereinsatzkommando so an sich haben.»

      «War das bei Ihnen schon einmal der Fall?», fragte Schönbier.

      «Nein, aber man muss ja heutzutage mit allem rechnen.»

      «Sie wissen, warum wir hier sind?», fragte Mannhardt, als sie ins Wohnzimmer traten.

      «Wegen Schmöckwitz, mein Architekt hat mich schon angerufen, der Herr Grauen. Schrecklich alles!» Schwellnuss fiel in einen seiner Sessel. «Aber ich werde Ihnen da auch nicht weiterhelfen können.»

      «Es ist doch aber Ihr Haus?», wollte sich Mannhardt vergewissern.

      «Das schon, aber erst seit Beginn dieses Jahres. Das heißt, eigentlich haben wir es schon 1975 geerbt, also meine Mutter, weil es deren Schwester gehört hat, meiner Tante, aber wir waren ja West-Berliner und damit rechtlos. Wenn ich Ihnen das mal erklären darf …»

      Diese Erklärung dauerte gut zwanzig Minuten, denn wegen einer angeblichen Tätigkeit der Tante für die CIA hatte die DDR Haus und Grundstück in Staatseigentum übergehen lassen. «… und der Einigungsvertrag hat solche Tatbestände außen vor gelassen, so dass wir seit 1990 pausenlos prozessiert haben. Ein Gerichtsverfahren nach dem anderen hat es gegeben, mein Anwalt ist dadurch ein reicher Mann geworden, und erst Anfang dieses Jahres ist es uns gelungen, den üblen Grundstücksbesetzer wieder zu vertreiben und in Besitz zu nehmen, was unserer Familie seit 1924 gehört hat.» Mannhardt rechnete. Die Tat war zwischen 1972 und 1982 begangen worden, also kam Schwellnuss doch noch als Täter in Frage. «Sie sind Jahrgang …?»

      «1955», antwortete der Professor.

      «Danke!» Mannhardt tat sich bei der Rechnung mit Jahreszahlen auch diesmal wieder schwer, und so dauerte es ein paar Sekunden, bis er herausgefunden hatte, dass Schwellnuss im Jahre 1974 alt genug gewesen war, um einen Mord zu begehen oder zumindest im Affekt zum Totschläger zu werden.

      Schwellnuss nutzte die kleine Gesprächspause, um allen ein Glas Mineralwasser einzugießen.

      «Prost!» Er trank so hastig, dass er rülpsen musste.

      «Oh, Pardon! Mal ganz direkt gefragt: Sind Sie eigentlich hier, weil sie mich für den Täter halten?»

      «Wie kommen Sie denn darauf?», fragte Mannhardt zurück.

      «Wozu bin ich Psychologe, ich spüre das.»

      Schönbier lachte. «Wenn Sie wollen, dass Sie dadurch ins Fernsehen kommen, dann gerne.»

      Mannhardt begann, laut zu denken. «Seit 1974 gab es Passierscheine für West-Berliner … Und Sie haben Ihre Tante sicherlich öfter besucht?»

      «Ja, natürlich!», rief Schwellnuss. «Um mich am Imkerweg mit meinen Geliebten aus der DDR zu treffen. Und eine von denen habe ich dann umgebracht und im Garten verbuddelt.»

      «War das schon ein Geständnis?», fragte Schönbier.

      Da fuhr Schwellnuss auf und verlor die Contenance. «Ich verbitte mir das! Da stecken doch die alten SED-Seilschaften dahinter, dieses Arschloch von Oybin. Das ist СКАЧАТЬ