Название: Es ist kompliziert
Автор: Rachel Held Evans
Издательство: Автор
Жанр: Биографии и Мемуары
isbn: 9783865069146
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Was sein Geheimnis umso schwerwiegender machte.
Um den Zeitpunkt herum, als seine Freunde anfingen, über Mädchen zu sprechen, fing Andrew an, andere Jungen wahrzunehmen. Er war zu dem Glauben erzogen worden, sexuelle Orientierung wäre eine Entscheidung und gleichgeschlechtliche Beziehungen seien ein Gräuel. Deswegen befürchtete Andrew, seine Impulse seien ein Ergebnis von Sünde. Sünde, von der er Gott bat, dass er ihn von ihr befreien möge, Nacht für Nacht, Tag für Tag.
Ein Eintrag in Andrews Tagebuch aus dem Jahre 2012 liest sich so:
Ich habe solche Angst. Ich will kein Ausgestoßener sein … Interessiert dich, was ich durchmache, Gott? Warum hast du mich so geschaffen, wie ich bin? Was willst du mich lehren, Gott? Ich hebe meine Hände zu dir auf. Ich bin in deinen Händen … Gib mir Glauben! Bitte! Ich halte nicht mehr lange durch.
Aber nicht noch so viel Gebet und Bibelstudium und Selbstdisziplin konnten Andrews sexuelle Orientierung verändern. Am Ende, nach vielen Phasen der Depression und Anfällen von Verzweiflung, fand sich Andrew mit seiner Sexualität ab. Er zog von zu Hause aus, um in St. Louis aufs College zu gehen, und fand eine Kirche, die ihn akzeptierte, wie er war. Seine neue Glaubensgemeinschaft leitete sogar in die Wege, dass er getauft werden konnte, eine Erfahrung, nach der sich Andrew seit seiner Kindheit sehnte.
„Als ich aufwuchs, hat man mir Taufe und Abendmahl immer verweigert“, sagte Andrew. „Mein Dad hat mir gesagt, es würden sich nicht genug Früchte des Heiligen Geistes in meinem Leben manifestieren. Er wollte, dass ich wartete, bis ich gut genug war, heilig genug.“
Andrew hat sich vor seiner Familie in den Herbstferien in seinem ersten Jahr am College offiziell geoutet. Das lief nicht gut. Jetzt lebt Andrew in seinem Zimmer im Wohnheim, von seiner Familie abgeschnitten, und arbeitet schwer dafür, seine akademische Ausbildung selbst zu finanzieren. Als er das letzte Mal mit seinem Vater sprach, wurde Andrew gesagt, er würde in die Hölle kommen.
Aber Andrew war in diesen schwierigen Herbstferien nicht alleine. Ein ganzes Team aus seiner neuen Kirche hatte sich dazu verpflichtet, während dieser vier Tage für ihn zu beten. Andrew wusste in jedem schmerzhaften Augenblick um ihre Unterstützung.
„Keine Gemeinde ist perfekt“, sagte er. „Aber sie waren gut zu mir.“
Da verstand ich, warum Andrew mich zu seiner Taufe einlud. Ich war Teil der einzigen Familie, die er noch hatte. Andrews Adoption in Gottes Familie hinein war sehr viel turbulenter und schmerzhafter abgelaufen als meine eigene, aber er wollte gerne, dass ich Teil davon war, einfach weil ich unter denen war, die ihn nicht abwiesen, einfach weil ich ihn so liebte, wie er war. Manchmal muss die Kirche ihren eigenen Geflüchteten Zuflucht bieten.
Ich schaffte es nicht zu Andrews Taufe, aber ich betete an jenem Tag für ihn, und ich sah mir das Video an, das die Gemeinde zu diesem Anlass drehte. In seinem Bekenntnis vor der Taufe sagte Andrew: „Ich habe die Taufe vor mir hergeschoben, weil ich das Gefühl hatte, in Sünde zu leben, als wäre ich nicht gut genug dafür. Aber dann wurde mir klar, dass die Taufe am Anfang eines Glaubensweges steht, nicht in der Mitte oder am Ende. Man muss nicht alles geordnet haben, um getauft zu werden … Man muss einfach nur Gottes Gnade annehmen. Gottes Gnade ist genug.“
SECHS
Flüsse
Wir tendieren dazu, vor der wilden Stille und der wilden Dunkelheit zu fliehen, unsere Götter einzupacken und uns hinter die Stadtmauern zu kauern, die Götter in Götzen zu verwandeln … Und wenn wir dann in den Tempeln sitzen, wer wird dann den Rufer aus der Wildnis hören? Wer wird das Schilfrohr hören, das im Wind schwankt?
– Chet Raymo
Johannes den Täufer erkennt man in jeder Ansammlung von Heiligen wieder.
Unter den mürrischen, in Roben gekleideten Patriarchen ist er derjenige mit dem wilden Blick und dem zerzausten Haar, die Rippen stechen unter der sonnengebräunten Haut hervor, und in den Händen hält er einen kreuzförmigen Stab oder eine Schriftrolle, auf der steht: „Kehrt um, denn das Himmelreich ist nahe!“ Kurz gesagt, er ist der Typ, dem man auf dem Supermarktparkplatz lieber aus dem Weg gehen möchte.
Johannes war das Wunderkind von Elisabeth und Zacharias und sah seinem Vater wahrscheinlich dabei zu, wie er als Priester im Tempel rituelle Reinigungen vornahm. Das levitische Gesetz forderte von den Juden, sich von Unreinheiten zu reinigen, die man sich durch Dinge wie die Menstruation, Hautkrankheiten oder den Kontakt zu Leichen zuziehen konnte, und viele Juden unternahmen Pilgerreisen zum Tempel, um dort in Vorbereitung auf Feste und Feiertage in Wasser untergetaucht zu werden. Freunde und Familie erwarteten von Johannes möglicherweise, dass er in die Fußstapfen seines Vaters treten und Tempelpriester werden würde. Aber Johannes blieb nicht im Tempel. Johannes ging aus der Stadt hinaus aufs Land und tauschte die zeremoniellen Badebecken gegen frei fließende Flüsse ein.15
Indem er sich von Heuschrecken und Honig ernährte und die Menschen zu einer einzigen, dramatischen Taufe aufrief, die ein neu ausgerichtetes Herz symbolisierte, verkörperte Johannes das Bild, das Jesaja von einer Stimme in der Wüste zeichnete, die erklärte, dass Gott in Bewegung ist und sich bald alles verändern wird. Johannes wusste, dass diese Gottes-Bewegung nicht auf den Tempel beschränkt bleiben würde, sondern „jede Schlucht […] aufgefüllt werden [soll], jeder Berg und Hügel sich senken. Was krumm ist, soll gerade werden, was uneben ist, soll zum ebenen Weg werden. Und alle Menschen werden das Heil sehen, das von Gott kommt“ (Lukas 3,5+6).
„Bereitet dem Herrn den Weg!“, sagte er den Leuten, „ebnet ihm die Straßen!“ (Markus 1,3)
Die Menschen brauchten nicht mehr zu Gott hinzugehen; Gott kam zu den Menschen. Und Gott, in Seiner unnachgiebigen Liebe, würde keinem Berg oder Hügel – keiner Ideologie oder Voraussetzung, keinem Ritual oder Gesetz – erlauben, sich in den Weg zu stellen. Einen Gott, der Berge platt macht, konnten Tempel nicht fassen, zeremonielle Bäder keinen Gott, der durch Flüsse fließt. Umkehr bedeutete dann, sein Leben um diese Wirklichkeit herum neu auszurichten. Umkehr bedeutete, Buße zu tun für die alten Verhaltensweisen, die Wege blockierten, und sich zum großen Wegebahnen dazuzugesellen. Es bedeutete, dabei mitzuhelfen, jedes menschengemachte Hindernis zwischen Gott und seinen Leuten zu zerstören, und Gottes wilde, ungehemmte Gegenwart zu feiern, die jeden Winkel der Erde füllt. Es bedeutete, in Flüssen getauft zu werden und Gott den Weg freizumachen. Immerhin kann eine Person einen Berg versetzen, wenn sie genug glaubt … sogar einen Berg aus eigener Herstellung.
„Das Himmelreich ist nicht da oben, es ist genau hier“, sagte Johannes. „Kehrt um, denn das Himmelreich ist nahe. Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen!“
Ich frage mich, ob diese Worte auch Philippus durch den Kopf gingen, als er einen der ersten Nichtjuden, die sich zum Christentum bekehrten, taufte: einen äthiopischen Eunuchen.
Die Geschichte geht so: Nachdem Jesus von den Toten auferstanden ist und seine Jünger angewiesen hat, hinauszugehen und ihrerseits in der Welt die Auferstehung zu praktizieren, schickt der Heilige Geist den Evangelisten Philippus auf die Straße, die von Jerusalem nach Gaza hinabführt und durch eine einsame Gegend verläuft. Dort begegnete Philippus einem königlichen Eunuchen aus dem fernen Lande Äthiopien, der hinten auf seinem Wagen die hebräische Bibel las. (Apostelgeschichte 8,26 - 40)
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