Название: Ostfriesisches Komplott
Автор: Lothar Englert
Издательство: Автор
Жанр: Триллеры
isbn: 9783839269725
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Als Rüster geht, lässt er seine benutzte Boulliontasse stehen. Das ist gegen die Regel, aber Mieke protestiert nicht. Sie wundert sich. Es ist doch völlig klar, dass ohne Ansehen der beteiligten Personen gearbeitet wird. Auch Bürgermeister oder sogar Landräte werden vernommen, wenn nötig auch scharf vorgeführt. Warum betont der Chef das ständig?
Abends redet Mieke sich die Last des Tages von der Seele, aber ihr Mann hört nur mit einem Ohr zu. Jörg Janßen leitet eine Abteilung in der Ostfriesischen Creditbank Aurichs. Irgendwann kommt sie auch auf das neue Auto des Bürgermeisters zu sprechen. »So ein Schlitten«, sagt sie. »Daimler. S-Klasse, glaube ich. Muss ein Schweinegeld gekostet haben.«
Aber Jörg ist träge, maulfaul murmelt er irgendwelche Antworten.
Plötzlich fragt sie ihn: »Sag mal, was verdient eigentlich so ein Bürgermeister?«
Jörg gähnt herzhaft, ehe er sich äußert. »Keine Ahnung. Landesbesoldungsgruppe. Das hängt ja wohl auch von der Größe der Kommune ab. Ich denke mal, so um die 5.000 im Monat.«
Mieke staunt. »Nanu! Und davon kann er sich einen solchen Wagen leisten?«
Jetzt sieht Jörg auf. »Ach, du redest von Bachmann. Der hat doch eine reiche Frau geheiratet.«
Sie beugt sich lächelnd zu ihm hinüber und küsst ihn auf die Nase. »So wie du!«
Jörg grinst knapp, sagt aber darauf nichts, er vertieft sich wieder in seine Zeitung. Mieke ist auch müde. In dieser Nacht träumt sie wirres Zeug. Bachmann verfolgt sie mit seinem Mercedes. Er hat ein langes, blutiges Messer in der Hand. Während er sie jagt, singt er ein seltsames Lied, das Mieke noch nie gehört hat.
7.
Die schweigende Wand und ihr erster Riss
Die Beerdigung von Albert Ukena ist für übermorgen angesetzt. Eine Trauerfeier in der Kapelle des Friedhofs an der Adolf-Dunkmann-Straße mit anschließender Beisetzung. Wegen der hohen Anteilnahme in der Auricher Bürgerschaft erwartet man eine rege Beteiligung.
Mieke Janßen ist ungehalten. Sie ist zornig, und sie weiß auch genau, warum. Der Chef hat sie zu sich gerufen. Rüster ist beherrscht gewesen wie immer, aber was er zu sagen hatte, klang unerfreulich. Bachmann hatte ihn nämlich in der Stadt angesprochen, am Samstag auf dem Markt. »Ich habe mich über ihn geärgert«, hat der Chef spröde geäußert, es klang irgendwie nebensächlich, als wollte er sagen, der Bürgermeister hatte eine viel zu kurze Hose an. Ob er, Rüster, denn wisse, was seine Leute so täten, habe Bachmann recht spitz gefragt. Zum Beispiel, dass man ihn, den Bürgermeister, zu privaten Dingen befragt hätte. Zu Sachverhalten, die außer die direkten Beteiligten nun wirklich niemanden etwas angingen, am wenigsten eine Behörde, und ganz zuletzt die Polizei.
Die Oberkommissarin hat die Brauen gehoben. »So? Was denn wohl?«
»Die Kasernensache«, hat Rüster knapp zurückgegeben, und Mieke Janßen bekam plötzlich schmale Augen. »Der Kauf dieser Grundstücke damals«, schob der Chef erklärend nach. Und dann: »Bachmann hat ja auch gekauft. Ziemlich groß sogar.«
»Stuss«, hat die Oberkommissarin geantwortet, sonst nichts, nur dieses eine Wort, aber in ihrem Kopf haben sich mit einem Mal die Räder gedreht wie Schwungscheiben. Was ist da los? Warum regt sich Bachmann darüber auf? So sehr, dass er Rüster darauf anspricht.
Der Chef konnte mal wieder Gedanken lesen. »Interpretieren Sie bitte nicht. Wir halten uns an Tatsachen. Und wieso Stuss? Was haben Sie denn gefragt?«
Mieke hat den Kopf geschüttelt. »Ihn gefragt? Nichts. Ich habe lediglich gesagt, dass ich die Kontroverse im Rat interessant fand. Und dass die Sache wohl ein heißes Eisen ist.«
Der Chef hat die Stirn gerunzelt. »Ein heißes Eisen? Warum?«
»Das ist nur so ein Eindruck«, hat Mieke vorsichtig gesagt. »Anscheinend ist der Erwerb der Grundstücke einer kleinen Gruppe vorbehalten gewesen.«
Kriminaloberrat Rüster hat einen Moment darüber nachgedacht. »Sie waren halt teuer«, befand er schließlich. »Bei dieser Lage kein Wunder.« Dann hat er sich zurechtgesetzt. »Nun ja. Wie auch immer. Wir haben diesen Mord am Hals. Darauf sollten wir uns konzentrieren.« Was er nach Miekes Verständnis eindeutig meinte, war: Sie haben diesen Mord am Hals. Darauf sollten Sie sich konzentrieren. Ganz allgemein: Lassen Sie Ihre Hände von Dingen, die nichts damit zu tun haben. Und sehr speziell: Lassen Sie wegen der Kasernensache Ihre Hände vom Bürgermeister.
Lassen Sie Ihre Hände vom Bürgermeister? Mieke hat sich aufgerichtet. »Sie meinen also, ich soll Bachmann in Ruhe lassen?«
Jetzt ist der Chef sogar ein bisschen ärgerlich geworden. »Nein, Frau Kollegin, das meine ich ausdrücklich nicht. Wenn Herr Bachmann im Zuge von Ermittlungen eine Rolle spielt, dann ran an ihn. Im Rahmen der Vorschriften und Verfahren, so viel versteht sich. Ich habe es schon gesagt: keine Rücksichten. Auf niemanden!«
»Und was haben Sie ihm geantwortet? Am Samstag auf dem Markt?«
Oberrat Rüster hat ein schales Lächeln gezeigt. »Dass ich natürlich nicht immer genau weiß, was meine Kollegen gerade tun. Dass aber meine Kollegen es immer ganz genau wissen. Nämlich das Richtige«, sagte er. In diesem Moment waren seine Augen sehr ernst, fast sogar warm, Mieke hatte den Eindruck, sie hörte auch eine Bitte in seinen Worten.
Entschlossen hat sie Rüster zugenickt. »So ist es.«
Sie stand schon, als der Chef anfügte: »Ich habe ihm auch gesagt, dass ich mir verbitte, so auf der Straße angesprochen zu werden. Dass ich ihn auch nicht frage, ob er weiß, was seine Mitarbeiter machen. Es ist mir auch schnuppe. Solange sie nicht straffällig werden.«
Da war sie versucht, den Chef auf die Wange zu küssen, aber sie tat es nicht. Sie fand es unpassend, und Rüster hätte es ohnehin nicht verstanden.
So ist das gewesen, und jetzt ist Mieke noch immer ungehalten, ja wütend. Dieser Bachmann. Was bildet der sich ein? Weil er Bürgermeister ist und Geld hat, stehen ihm keine Sonderrechte zu. Auch nicht in Sachen Empfindsamkeit. Was hat sie denn schon getan? Eine harmlose Bemerkung hat sie gemacht. Eine harmlose Bemerkung? Plötzlich schießen ihr Bilder durch den Kopf. Sinnsprüche. Wo Rauch ist, da ist auch Feuer. Getroffene Hunde bellen. Gelegenheit macht Diebe. Doch die vergisst sie bald, denn in der Sonderkommission wird gewirbelt. Zwei Kollegen hängen am Telefon und führen laute Gespräche. Andere diskutieren an einer Flipchart. Ein Drucker rasselt und speit Papier. Oberkommissarin Banafsheh Schariatmadari füttert ihren Computer. Frerich Frerichs redet mit Oberstaatsanwalt Schneider, der zu aller Verwunderung – seiner eigenen eingeschlossen – frisch befördert worden ist. Jetzt feuert der Oberkommissar zornig den Hörer auf den Schreibtisch, das Telefonat hat ihn wohl nicht sonderlich befriedigt.
»Das Telefon ist Eigentum des Landes Niedersachsen. Oft kannst du das nicht machen«, sagt Mieke mit leichtem Vorwurf und legt sorgfältig den Hörer auf. Frerich steht voll unter Dampf, er ist richtig aufgebracht. »Schneider spinnt, aber total. Er sagt, er will vorsorglich schon jetzt darauf hinweisen, dass er für mögliche Hausdurchsuchungen handfeste Beweise braucht!«
Mieke lacht freudlos. »Hausdurchsuchungen? Wer spricht davon? Viel zu früh. Wenn überhaupt.«
»Eben! Das habe ich ihm auch gesagt. Und weißt du, was er geantwortet hat? ›Ich kenne euch‹, СКАЧАТЬ