hell/dunkel. Julia Rothenburg
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Название: hell/dunkel

Автор: Julia Rothenburg

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783627022693

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СКАЧАТЬ Robert. Er hat diesen Gesichtsausdruck aufgesetzt, mit dem er wieder so jung aussieht.

      Ich kann hier nichts machen, ich liege hier und warte, und ich kann nichts machen.

      Ja, Mama, ist ja gut, sagt Valerie. Reg dich nicht auf.

      Was soll ich denn tun, Valerie, wie soll ich mir das denn selbst besorgen? Hast du eine Ahnung, wie –

      Ist ja gut, Mama, sagt Valerie, sie muss es laut sagen, um die Mutter zu übertönen. Wir bringen dir die Sachen eben morgen, reg dich ab.

      Es ist außerdem meine Schuld, sagt Robert. Ich hatte es einfach vergessen, tut mir leid. Wenn du willst, geh ich noch schnell.

      Ach, jetzt ist es doch auch egal. Die Mutter macht einen Wink aus dem Handgelenk. So sieht sie immer aus in diesem Moment, in dem sie langsam aufhört, sauer zu sein: wie ein bockiges Kind.

      Robert zögert, und einen Moment stehen sie alle einfach nur herum, Valerie mit verschränkten Armen und Robert, der auf seinen Fußballen wippt. Dann geht Robert um sie herum, stellt zwei Stühle hin.

      Komm, setz dich.

      Valerie lässt sich auf den Stuhl fallen, und dann sitzen sie da wie aufgereiht, während die Mutter noch immer ein wenig schmollt, den Mund nach unten, die Augen zusammengekniffen.

      Ich habe furchtbare Kopfschmerzen, sagt sie.

      Sollen wir einen Arzt …?

      Nein, lass.

      Wieder ist da nur Schweigen, irgendwann seufzt die Mutter.

      Also erzähl doch mal, Robert. Wie läuft es bei dir? In den letzten Zügen? Gibt es schon Aussichten auf eine Arbeitsstelle?

      Man weiß es noch nicht, sagt Robert.

      Aber du willst in Marburg bleiben?, fragt Valerie. Wie merkwürdig, dass sie nicht einmal das mehr über ihn weiß.

      Robert schaut nicht zu ihr, sondern auf den Bettrahmen, ein Eisengestell, wie immer im Krankenhaus, darunter bloß der weiße Boden.

      Weiß ich ehrlich gesagt auch noch nicht, sagt er. Ganz schön klein auf Dauer.

      Das war von Anfang an klar, sagt die Mutter, dass das nicht auf Dauer ist. So eine kleine Stadt, das ist nichts für dich.

      Vielleicht. Robert zuckt mit den Schultern.

      Die Tür geht auf und eine Frau schlurft herein, die Haare sind blond und hochtoupiert.

      Oh, hallo, sagt sie.

      Meine Kinder, sagt die Mutter. Valerie, Robert.

      Hallo, sagt Robert.

      Valerie zwingt sich zu einem Lächeln.

      Ach wie schön, sagt die andere. Sie hat Schweineaugen, die hin- und herflitzen. Bei Robert bleibt ihr Blick lange, huscht nur zwischendurch kurz zu Valerie.

      Du bist der Ältere, was, sagt sie.

      Ja, sagt Robert.

      Na, das sieht man.

      Sie lacht. Die Mutter lacht auch, das Bett wackelt. Valerie weiß nicht, was es da zu lachen gibt.

      Aber ähnlich sehen die beiden sich ja auch sowieso nicht, sagt die Mutter dann. Die Valerie und der Robert, haben schon immer alle gesagt, niemals würde man denken, dass das Geschwister sind. Halbgeschwister. Daher wahrscheinlich.

      Valerie schaut zu Robert und verdreht die Augen.

      Ja, die eine so hell, der andere so dunkel, das ist was, sagt die Frau, stapft zum Bett.

      Was machen sie denn jetzt alles für Untersuchungen, Mama, fragt Valerie, während hinter ihnen der Kleiderschrank rumst, dann das Bett quietscht.

      Hui, heut ist es vielleicht frisch, sagt die Blondtoupierte hinter ihnen. Ein Scheißwetter ist das.

      Die Mutter sieht schon wieder ganz verkniffen aus.

      Ich weiß es doch auch nicht, Valerie, wenn die Ärzte mal etwas sagen. Aber zwei Infusionen hatte ich schon, nachher kommt Dr. Brink. Dann wird man sehen.

      Okay, sagt Valerie. Gut zu wissen.

      Gut, sagt Robert.

      Sie schweigen.

      Ich glaub, wir gehen dann mal, sagt Robert und reibt sich mit den Händen auf den Knien herum. Ist es okay, wenn ich später wiederkomme mit den Sachen?

      Nein, jetzt lass schon, Robert, sagt die Mutter, ein halbes Lächeln im Gesicht. Jetzt ist es auch egal. Bring sie morgen, das reicht.

      Stört es Sie, wenn ich den Fernseher anmache?, fragt die Frau von drüben.

      Nein, nein, sagt die Mutter, das Gesicht wie eine Eisskulptur.

      Valerie schaut zu Robert und verdreht noch einmal die Augen. Einen Moment lang sieht es so aus, als würde er ihr zuzwinkern.

      4

      Sie sitzen im Imbisshäuschen und warten. Valerie hat das Kinn auf den Händen aufgestützt wie ein kleines Kind. Robert findet aber, dass sie nie älter gewirkt hat. Den ganzen Weg über hat sie nicht geredet, sondern nur in den Wind geblinzelt.

      Der Imbissbesitzer, ein dicker Türke, kommt herüber und stellt ihnen die Pommes hin.

      Danke, sagt Valerie, lächelt schmal. Sie hat denselben Mund wie die Mutter, aber bei ihr sieht er anders aus. Vielleicht hat die Mutter früher genauso ausgesehen. Vielleicht saß auch sie einmal in so einem Imbiss, vielleicht zusammen mit Roberts Vater, wer weiß das schon.

      Ihm fällt auf, dass er sich seine Eltern überhaupt nicht mehr zusammen vorstellen kann. Wie lang ist es überhaupt her, dass er sie in einem Raum gesehen hat?

      Dass sie überhaupt jemals in einem Raum gewesen sein sollen, kommt ihm schon vor, als hätte er sich das ausgedacht. Als träumte man zwei Fantasiehelden zusammen. Superman und Spiderman. Immerhin einmal müssen seine Eltern wohl zusammen gewesen sein, das ist bewiesen.

      Aber doch, er erinnert sich jetzt auch zumindest an dieses eine Essen im Restaurant. Valerie war schon den ganzen Abend hibbelig gewesen, weil sie zu einem von Marcos Auftritten mitkommen durfte. Auftritte, so nannte Marco das. Robert fand es peinlich, ihm dabei zuzusehen, wie er in irgendwelchen überteuerten Restaurants Akkordeon spielte, dabei den lustigen Italiener mimte. Marco schenkte Valerie und der Mutter eine Blume, zwinkerte so komisch dazu, als wäre das alles ganz normal. Das war, bevor die Mutter und er sich endgültig verkrachten. Und das war das einzige Mal, dass sie zu dritt bei so einem bescheuerten Auftritt waren. Also saßen sie da an einem dieser gedeckten Tische mit allem Drum und Dran, sogar einem hässlichen kleinen Sträußchen in der Mitte auf der Tischdecke, und Robert aß eine Tomatensuppe, weil er sich nicht traute, etwas anderes zu bestellen, alles viel zu teuer. In solche Restaurants ging man einfach nicht, das wusste er auch schon mit elf oder zwölf. Valerie hatte glasige Augen, der Kellner brachte ihr einen Lolli.

      Robert СКАЧАТЬ