Kate Glory Lie. Stefan Scheufelen
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Название: Kate Glory Lie

Автор: Stefan Scheufelen

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Debütromane in der FVA

isbn: 9783627022778

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СКАЧАТЬ ich dich in die Finger kriege!«

      Er beginnt zu lachen. Werfe mich in seine Richtung. Er weicht aus. Ich stürze gegen den Tisch. Ein Tischbein bricht und alles rutscht herunter. Werde wütend.

      »Du kleiner …«

      Er rennt aus dem Zimmer. Ich hinterher. Bekomme den ganzen Rauch in den Hals, der in Schwaden hinter ihm herzieht. Hebe die Hand vors Gesicht.

      »Das kann doch nicht wahr sein.«

      Gehe in die Küche. Er versteckt sich hinter Sebastião, der immer noch als Mumie unter dem roten Licht steht.

      »Jetzt reicht’s.«

      Reiße die Schranktür auf, werfe alle Gewürze auf den Boden und ziehe den Minirevolver hervor. Entsichere ihn. Richte die Waffe nach oben.

      Schreie: »Aufhören!«

      Und schieße dreimal in die Decke. Sebastião ist aus seinem Koma erwacht. Beide starren mich entsetzt an. Ich ringe nach Luft. Der Putz von der Decke fliegt uns auf den Kopf. Sie sind wieder da. Wir schauen uns alle mit großen Augen an.

      »Kate. Warum hast du denn ’ne Waffe in der Hand?«

      »Ich hab dir doch gesagt, sie ist gewalttätig.«

      »Ihr könnt mich mal!«

      »Und was machen wir eigentlich hier auf dem Küchentisch? Und was hast du da? Sind das Räucherstäbchen?«

      Er zieht eins aus Fabios Haaren.

      »Leute, ich weiß, dass ihr crazy seid. Und das schätze ich auch sehr an euch. Aber gehen eure Spielchen mit dem Acid nicht langsam zu weit? Kommt schon. Das geht bereits den ganzen Monat so. Keinen Tag mehr nüchtern und dem anderen immer heimlich LSD unterjubeln – Sebastião und Fabio in wonderland, oder was?«

      Sie werfen sich gegenseitig Blicke zu und schmunzeln. Ich muss durchatmen. Sie küssen sich, dann lachen sie.

      »Sehr komisch. Und ich denke, unsere Wohnung brennt ab!«

      »Jetzt übertreib mal nicht.«

      »Na schau dich doch mal um.«

      Er verdreht die Augen. Ich schüttle den Kopf. Chaos-WG. Gehe zum Fenster und lasse etwas Luft rein.

      »Frische Luft. Würde euch auch mal guttun.«

      »Jetzt komm uns nicht wieder so.«

      »Na ja. Ich kann immer noch nicht begreifen, wie du auf LSD beim Jobcenter sein konntest. Das ist doch völlig absurd.«

      Sebastião schaut Fabio verwundert an.

      »Ach ja, wirklich? Du warst auf LSD beim Jobcenter? Hast du mir gar nicht erzählt.«

      »Du hast ihm an dem Morgen zwei Tropfen Acid in den Orangensaft getan.«

      Er lacht.

      »Das stimmt. Aber ich wusste nicht, dass er danach beim Jobcenter war. Die Geschichte wird immer besser. Erzähl, wie war’s?«

      »Ziemlich schräg. Ich bin ja schon auf der Hut vor dir – doch der Orangensaft am Morgen, das hätte ich nicht gedacht. Ich bin nüchtern. Plötzlich bin ich high. Wie aus heiterem Himmel. Was für ’n Spaß.«

      Er niest. Der Rauch um ihn herum wirbelt auf. Es riecht verbrannt.

      »Also. Ich in der Bahn. Hoffe, dass kein Kontrolleur kommt, weil ich kein Ticket habe. Alles wie immer, völlig überfüllt und ich voll drauf. Leichte Platzangst. Alle drängeln sich aneinander und keiner spricht ein Wort. Ziemlich bedrückendes Gefühl. Und dann die Vorstellung, dass jeder Typ mit einer Bauchtasche ein Kontrolleur sein könnte. Wie nervig. Ich bin viermal ausgestiegen, weil ich dachte, es kommt einer. Scheiße, hab ich Angst gehabt. Hab mich gefühlt, als würde ich vor einem Monster wegrennen. Und die ganzen Blicke um mich herum. Okay. Ich glaube, dass ich die mit meinen großen Pupillen auch ziemlich blöd angestarrt habe.«

      Fabio schreckt auf und schreit: »Verdammt!«

      Wir zucken zusammen. Er hat sich das Band vom Kopf gerissen und die Räucherstäbchen auf den Küchenboden geworfen. Die Glut schießt in alle Richtungen. Ich mache einen Sprung nach hinten. Versuche, mich davor zu retten. Sebastião schaut verträumt auf das Lichterspiel.

      »Ist das schön …«

      Ich könnte sie umbringen.

      »Meine Haare brennen ab!«

      »Selber schuld! Wer macht auch so was?«

      »Ja, ja. Sag mal, hab ich da was?«

      Er dreht sich um und zeigt auf seinen Hinterkopf. Oh nein. Eine riesige kahle Stelle. Wenn ich ihm das verrate …

      »Nein. Alles gut. Beruhig dich. Du siehst hübsch aus wie immer.«

      Er dreht sich um und lächelt.

      »Erzähl weiter.«

      »Ja. Ich komm also beim Jobcenter an. Viel zu spät natürlich. Und dann umgeben von all den Menschen. Ihr könnt euch vorstellen, was das für Gespräche dort sind.«

      Er schüttelt den Kopf.

      »Das war zu viel für mich. Probleme über Probleme über Probleme und über deren Problemkinder. Erst als ich endlich aufgerufen wurde, hab ich realisiert, dass ich auf dem Boden saß. Aus irgendeinem Grund habe ich meditiert. Ja, wirklich! Mitten auf dem Boden im Warteraum des Jobcenters. Ich habe noch nie zuvor meditiert. Ihr hättet die Blicke sehen sollen. Das Highlight kommt noch. Ich gehe schlussendlich zu meiner Zuständigen, Frau Topf, die auch genau so aussieht, und da setzt es voll ein. Ich tue so, als könnte ich noch lesen, male aber, statt zu schreiben, und halte energisch eine Rede, dass ein Staat wie Deutschland nicht nur Arbeitslosengeld, sondern auch Liebe verteilen sollte. Noch euphorisch von der Rede, habe ich dann nicht mit meinem Namen, sondern mit Gandhi unterschrieben und dahinter ein Herz gesetzt. Plötzlich regte sich in mir ein gewisses Misstrauen Frau Topf gegenüber. Sie wusste einfach zu viel. Das war mir unheimlich. Aus ihrem topfähnlichen Kopf wuchs eine tanzende Pflanze. Eine tanzende, fleischfressende Pflanze. Ich hatte Angst. Sie fragte mich immer wieder, was mit mir los sei. Ich schüttelte nur den Kopf und ließ die Pflanze nicht aus den Augen. Irgendwann bemerkte ich, dass sie mit den anderen Pflanzen im Raum kommunizierte. Und da kam mir ein beunruhigender Gedanke: Möglicherweise kannte sie auch die Pflanzen in unserer Wohnung? Sie alle teilten Informationen miteinander! Ja, sie wussten alles! Bei der Erkenntnis schrie ich auf und rieb mir hysterisch die Brust.

      Frau Topf verschränkte die Arme und lehnte sich zurück: »Sie sollten einen psychologischen Test machen.«

      Ich schaute sie entsetzt an. Schaute mich um. Alle starrten mich an. Und kennt ihr diesen speziellen Blick, den ein Beamter aus Berlin draufhat? Diesen angewiderten und völlig abwertenden Gesichtsausdruck. Ich fühlte mich wie der größte Idiot der Welt. Auf dem Weg nach Hause realisierte ich das Ganze erst richtig. Jedenfalls hab ich jetzt einen Termin beim Psychologen.«

      Er lässt traurig den Kopf hängen. Dabei wird wieder die kahle Stelle auf seinem Hinterkopf sichtbar. Sebastião und ich bekommen uns nicht СКАЧАТЬ