Elijas Lied. Amanda Lasker-Berlin
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Название: Elijas Lied

Автор: Amanda Lasker-Berlin

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Debütromane in der FVA

isbn: 9783627022846

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СКАЧАТЬ aufs Wasser, schaut böse auf die blauen Fliesen.

      Noa ist nicht überrascht. Verspricht Elija ein Eis, wenn sie jetzt gut mitmacht, schärft ihr ein, wie wichtig schwimmen ist. Lobt sie, obwohl es nichts zu loben gibt. Elija verschränkt die Arme. Schaut patzig. Lässt sich nicht umstimmen.

      Ich bleibe hier stehen, für immer, verkündet Elija.

      Na gut, sagt Noa wütend. Dann geh ich kurz ins Schwimmerbecken, und wenn ich wieder da bin, üben wir weiter.

      Noa flutscht ins Schwimmerbecken, krault dort gehetzt eine Bahn und schaut am Rand zum Nichtschwimmerbecken. Elija ist nicht da. Noas Blick durchforstet das Stadtbad. Keine Elija. Nicht bei den Schwimmnudeln, nicht am Einmeterbrett, nicht an der Fußpilzdusche. Sie reflektiert sich in keiner der großen Scheiben. Noa schwimmt zur Leiter, klettert heraus. Die nasse Haut friert in der Luft. Sie rennt tapsig durch das Bad, fragt jeden: Haben Sie meine Schwester gesehen? Aber alle zucken die Schulter, bemühen sich weiter um ihre Rentnerkondition. Der Bademeister weiß nichts, die Schwimmlehrerin nicht, die Omas, die nur Wasser treten, auch nicht. In der Umkleide ist sie nicht. Unter den Föhnen nicht. Elija ist weg. Vielleicht ein kleiner Fisch geworden und in die Reinigungsanlage geschwemmt. Noa heult nicht. Noa rennt nur weiter und ruft und mischt alle auf, die dann auch mitsuchen, und als keiner mehr weiterweiß, werden die Eltern angerufen.

      Noas Badeanzug klebt, sie zittert, sie weint dann irgendwann doch. Damit sie nicht so viel Ärger bekommt. Damit alle sehen können, dass es ihr leidtut, dass sie weiß, dass sie einen Fehler gemacht hat.

      In der Halle ist es laut. Es rauscht: Elija. Elija.

      Dann, einfach so, torkelt Elija aus der Herrenumkleide. Sie kichert. Sagt: Habe mich versteckt.

      Elija legt ihre Hand in Noas.

      Nackte Männer sehen lustig aus, flüstert Elija in Noas Ohr.

      Loth döst auf der Bank. Noa schaut nicht zu ihr, schaut nur auf Elijas Kopf. Dann streicht sie darüber.

      Wieder zurückgehen?, fragt Elija.

      Ja, sagt Noa. Sie dreht sich um, zieht den Fuß aus dem Schlamm. Das kostet Kraft. Der Schlamm suppt. Die Hose wird dreckig. Elija kichert, patscht hinter Noa her. Beide schnaufen nach wenigen Schritten. Noa spürt ihren Schweiß. Er perlt auf ihrer Stirn, verdunstet schnell. Noa ist dankbar, reißt die Beine Schritt für Schritt vor. Die Planken scheinen Meter entfernt. Um besser vorwärtszukommen, zertrampeln sie das frische Gras. Ein Käfer rettet sich auf Noas Bein. Sie schüttelt ihn nicht ab. Noa erreicht als Erste das Holz, gibt Elija die Hand. Elija stützt sich mit ihrem ganzen Gewicht auf Noas Arm. Dann kommen sie an. Sie klammert sich an Noas Hals. Küsst ihre Wange, reibt die Nase an Noas Hals. Noa lächelt erschöpft, lässt sich auf die Bank fallen.

      Wollen wir dann endlich weiter?, fragt Loth.

      Beim Laufen zerpflückt Noa die Halme so, wie sie es bei der Arbeit mit dem Salat macht. Sie legt ihn in die Porzellanschälchen, gießt weißes Dressing darüber. Bis der Salat schwimmt. Bis sie sich vorstellen kann, dass der Salat eine Insel ist, in einem Joghurt-Kräuter-See.

      Wenn sie fertig ist, dichtet sie den See mit Frischhaltefolie ab. Dann stellt sie ihn in die Auslage. Mit einer Stunde Arbeit verdient sie so viel, wie ein Gericht mit Nachtisch in der Glasturmkantine kostet. Deswegen hat sie die Stunden erhöht und hilft zweimal in der Woche noch beim Abwasch.

      In der Kantine riecht es nach gekochtem Spargel. Die Luft voller Dämpfe. Noa kann die anderen kaum sehen, hört nur das Rühren in den Töpfen und das Schlurfen von Gummisohlen. Früher haben sie ab und zu Radio in der Kantine gehört. Das ist verboten worden. Weil sie sich mit Musik nicht richtig anstrengen, hat die Firma gesagt.

      Noa hat das Akim erzählt. Er hat gelacht und gesagt: Als ob das eine Arbeit wäre, bei der man sich konzentrieren müsste. Noa hat auch gelacht. Aber ein bisschen bitterer als er. Akim arbeitet fünf Etagen über ihr im Glasturm.

      Noa überlegt, wann er heute in die Kantine kommt. Meistens isst er schon um halb zwölf. Damit die beiden sich noch kurz sehen, bevor Noa frei hat. Akim stellt sich dann in die Schlange, umklammert sein Tablett. Noa setzt ein Schälchen mit Salat und ein Hauptgericht darauf. Sie ist jedes Mal überrascht, wie gut diese Mahlzeiten aussehen, wenn sie serviert werden. Wie frisch. Vielleicht wegen der Farbstoffe.

      Wann sehen wir uns?, raunt er jedes Mal. Das findet er romantischer, als ihr eine Nachricht zu schreiben.

      Noa lächelt nur, sagt nichts, legt ihm in Servietten gerolltes Besteck hin. Lässt ihre Augen kurz aufleuchten. Dann ist sie wieder unauffällig.

      Der Salat ist heute besonders hartnäckig, lässt sich nicht zerpflücken, sondern muss geschnitten werden. Mit dem Messer rollt sie über die Blätter, es knackt, und der Sud sammelt sich auf der Schneide.

      Sie mag das grüne Blut, sie mag, wie die Blätter austrocknen, dunkler werden und dann nur noch hübsch sind, wenn sie Dressing drübergießt.

      Sie wartet auf Akim.

      Schon oft hat sie überlegt, die Stelle in der Kantine aufzugeben. Zeitungen auszuliefern oder mit einem Paketauto umherzufahren. Sie hat es nie gemacht. Vielleicht wegen Akim. Vielleicht wegen des Salats.

      In der Küche wird der Nebel dichter. Die alte Frau hat angefangen, die Schnitzel in die Pfannen zu werfen. Sie tauen auf und braten gleichzeitig. Das riecht wie auf einem Schlachthof, denkt Noa. Aus den Pfannen steigen dampfende Geister auf.

      Vom Salatschneiden wird sie träge. Kurz überlegt sie, ob Akim eine Nachricht geschrieben hat. So was wie: Ich komme heute nicht runter zum Essen. Muss mit einem Kunden ins Restaurant. Sehen wir uns heute Abend?

      Noa guckt in die Schwaden. Fragt sich, warum alles so weiß ist und warum das Salatblut die einzig richtige Farbe hier ist. Und warum gut verdienende Menschen so ein Zeug essen. Zeitdruck muss das einzige Argument dafür sein, denkt sie. Atmet die Dämpfe ein. Davon wird sie satt, und ihr wird etwas übel. Noa schnibbelt weiter. Schaut nicht hoch, bis ihr das Messer aus der Hand rutscht, runterfällt, sie hebt es auf, blickt umher. Am Kaffeeautomaten steht Akim, er achtet nicht darauf, wie das Instantpulver mit Wasser in die Tasse läuft. Er sucht den Dunst nach Noa ab.

      Sie lächelt, weiß aber nicht, ob er es sieht. Sie will nicht, dass er sie fragt: Was machst du heute Abend? Diese Diskussion soll nicht losgehen.

      Akim tritt näher an die Scheibe, hinter denen die Muffins liegen. Er sucht sich einen aus, wartet, bedient zu werden. Eigentlich ist das heute nicht Noas Aufgabe. Sie geht trotzdem zu ihm. Er grinst.

      Ich muss mit einem Kunden zu Mittag essen, haucht er. Aber abends habe ich Zeit.

      Noa nimmt den Muffin vorsichtig aus der Auslage.

      Ich muss arbeiten.

      Sie setzt den Muffin auf einen Teller, legt eine gemusterte Serviette dazu und trägt ihn zur Kasse.

      Ach, so nennst du das, murrt er, hält seine Karte an das Lesegerät. Es piept, bucht den Betrag ab.

      Ja, so nenne ich das, sagt Noa schroff.

      Und wen machst du glücklich?

      Noa sieht, wie Akim seine Schultern anspannt, wie sein Gesicht hart wird. Wie jedes Mal, wenn sie über Noas richtigen Beruf reden.

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