Название: Menschliches Maß und Königliche Kunst
Автор: Jens Oberheide
Издательство: Автор
Жанр: Изобразительное искусство, фотография
isbn: 9783962851613
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Während Schadows Rom-Aufenthalt starb Friedrich II., der Große, in Berlin (am 17. August 1786). Friedrich Wilhelm II. wurde preußischer König. Schadow konzipierte in Rom ein monumentales Friedrich-Denkmal und schickte die Entwürfe nach Berlin, wo man sie mit viel Interesse studierte. Das führte dazu, dass man darüber nachdachte, den inzwischen renommierten Künstler in die preußische Hauptstadt zurückzuholen.
In Berlin hatte es einige Veränderungen der Kulturlandschaft gegeben. Die Führung der Akademie der Künste lag nun erstmals in den Händen eines Deutschen: Christian Bernhard Rode (1725–1797). Reformen waren angesagt. Verantwortlich dafür war Staatsminister Friedrich Anton Freiherr von Heinitz (1725–1802), der die bis dahin dem König unterstellte Hofbildhauerwerkstatt an die Akademie anschloss. Im Zuge dieser Veränderungen begann Heinitz, sich für den jungen Bildhauer Schadow in Rom zu interessieren, der sich bereits mit etlichen Arbeiten einen Namen gemacht hatte. Heinitz unterbreitete Schadow mehrere Vorschläge, wie dieser der Akademie der Künste «nützliche Dienste» leisten könne. Schadow durfte sich auf interessante Perspektiven freuen.
Schadows Förderer Friedrich Anton Frhr. von Heinitz, Radierung von Daniel Berger, 1789
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Königliche Kunst
… der Künstler, der weniger am Buchstaben hängt, als am Geist …
Charles Lenient
Im Herbst 1787 verließ Schadow mit seiner Familie nach einem zweijährigen Aufenthalt Rom und kehrte nach Berlin zurück. Die wegen der Heirat notwendig gewordene Konversion lastete allerdings «wie ein Alpdruck auf Schadow» (Ulrike Krenzlin: «Johann Gottfried Schadow», Berlin 1990). Es gelang ihm, dem protestantischen Pfarrer der Marienkirche, Johann Friedrich Zöllner (1753–1804), sein Problem vorzutragen und den Geistlichen zu bitten, die Konversion rückgängig zu machen. Zöllner galt als liberaler aufklärerischer Denker. Nicht von ungefähr: Zöllner war Freimaurer (später sogar Nationalgroßmeister der Großen National-Mutterloge «Zu den drei Weltkugeln»). Und er war ein Liebhaber der Satire, wie Johann Gottfried Schadow. Hier folgt eine seiner bezeichnenden Spötteleien, ein «Fabelchen», wie er es nannte. Frei nach Kant augenzwinkernd «Was ist Aufklärung?»:
Ein Affe steckt’ einst einen Hain
von Zedern nachts in Brand,
und freute sich dann ungemein,
als er’s so helle fand.
Kommt Brüder, seht, was ich vermag.
Ich, – ich verwandle Nacht in Tag!
Die Brüder kamen groß und klein,
bewunderten den Glanz,
und alle fingen an zu schrein:
Hoch lebe Bruder Hans!
Hans Affe ist des Nachruhms wert,
er hat die Gegend aufgeklärt!
Zöllner und Schadow waren sozusagen Brüder im Geiste. Spottlust und Ironie verband sie. Pastor Zöllner entsprach dem Wunsch Schadows, zum Protestantismus zurückzukehren, und zwischen den beiden entwickelte sich ein herzlich vertrautes Verhältnis.
Johann Friedrich Zöllner, 1797, verschollenes Porträt von Friederike Julie Lisiewska (Abb. aus «Mecklenburgische Monatshefte», 1929)
Der kontaktfreudige Schadow hatte auch Verbindung zu den führenden Architekten seiner Zeit. Zwei davon wurden Taufpaten bei der Geburt seines zweiten Sohnes Wilhelm im Juli 1788: Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff und Carl Gotthard Langhans. Beide Freimaurer.
Erdmannsdorff war Mitglied der Loge «Minerva zu den drei Palmen» in Leipzig und Langhans Mitglied der Loge «Zur Säule» in Breslau. Dritter Pate war der Kurator der Akademie, Staatsminister von Heinitz.
Schadow hatte natürlich auch Verbindungen zu Künstlerkollegen. Zwei davon sollten eine besondere Rolle spielen. Sie brachten Schadow zur Loge und wurden seine Bürgen bei der Aufnahme zum Freimaurer.
Edward Francis Cunningham (1742–1795), auch Francesco Calza genannt, war ein schottischer Porträtmaler, der nach Kunst-Studien in Parma, Rom, Venedig und Paris in Berlin gelandet war. Josef Friedrich August Darbes (1747–1810) war ebenfalls Maler, Professor an der Akademie der Künste. Karl August Varnhagen von Ense schrieb über ihn: «Professor Darbes, … vorzüglich … als heiterer und kundiger Lebemann geschätzt und gesucht, war in der Berliner Gesellschaftswelt sehr ausgebreitet; seine Kunst, sein unterhaltender Humor, seine gewandte Sprachfertigkeit und besonders auch die Freimaurerei, welche er von Grund aus zu kennen und mit Eifer zu treiben im Rufe stand, gaben ihm in den vornehmsten wie in den mittleren Kreisen leichten Zutritt und ein gewisses Ansehen.»
Cunningham und Darbes sprachen Schadow darauf an, ihn der Freimaurerloge «Royal York de l’Amitié» als Gast zuzuführen. Ob er aufgenommen werden wolle, müsse er selbst entscheiden.
Schadow hatte sich viel mit Inhalten und Idealen des Bundes beschäftigt und mehrere Freimaurer kennen und schätzen gelernt. Darunter war auch der Hauptvertreter der Berliner Aufklärung, Friedrich Nicolai (1733–1811), dessen Porträtbüste er später gestaltete.
Friedrich Nikolai, Gemälde von Ferdinand Kollmann (nach Anton Graff), 1783/1790
Nicolai, Schriftsteller, Freund Lessings und Mendelssohns, war Mitglied der Berliner Loge «Zur Eintracht». 1782 hatte er kurz und treffend geschrieben: Die Freimaurerei «… ist eine international verbreitete Vereinigung, die unter Achtung der Würde des Menschen für Toleranz, freie Entfaltung der Persönlichkeit, Brüderlichkeit und allgemeine Menschenliebe» eintritt.
In diesem Sinn ist die Freimaurerei die Idee des sinnvollen Bauens und Gestaltens von Zeit und Raum. Freimaurerei ist aber auch ein geselliger Freundschaftsbund mit vielfältigen kulturellen Bezügen.
Als Gründungsjahr der modernen Freimaurerei nimmt man das Jahr 1717 an, als sich am 24. Juni in London vier Logen zusammenschlossen, um eine «Großloge» zu gründen.
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