Menschliches Maß und Königliche Kunst. Jens Oberheide
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СКАЧАТЬ auch «Isaak Daniel Itzig und Marcus Herz Aufnahme» (Anne Purschwitz, ebd.).

      Karlheinz Gerlach («Die Loge zur Toleranz …», in: «Zeitschrift für Internationale Freimaurerforschung», Heft 2, 1999) kommentiert einen Aufsatz von 1790 mit dem Titel «Bekenntnis zur Loge der Toleranz» : «Es ist ein Dokument der Berliner Aufklärung. Die klare Gedankenführung spricht für die Autorenschaft des Lessing-Verehrers Marcus Herz.»

      Freimaurerei ist für den Autor «Verbindungsmittel aller Künste, Wissenschaften, Stände, Religionen, Systeme und Regierungsformen». Das freimaurerische Geheimnis bestehe in nichts anderem als im «Verbinden allen Wissens und Denkens der verschiedenen Menschen …, das durch die vereinigten Kräfte einer stets tätigen Gesellschaft bewirkt werden» könne. Wesentliche Eigenschaften eines Freimaurers seien «gerader Sinn und gerades Herz …, um richtig wahrzunehmen und unparteilich zu handeln». Idealistisches Ziel: «… wenn wir ohne alles Dunkel im vollen Lichte und ganzer Wahrheit die reine Glückseligkeit genießen und in ihr unzerrüttbare Menschen sein werden». Marcus Herz fungierte als Redner der «Loge zur Toleranz». Seine Worte stehen auch dafür, dass für die aufgeklärten Kreise in Berlin die Freimaurerei ein durchaus attraktives Thema war.

      Sie sollte auch eins für Johann Gottfried Schadow werden. Im Hause Herz wurden freimaurerische Gedanken thematisiert, und Schadow nahm lebhaften Anteil: «Einigen seiner Bekannten aus dem Hause Herz ist Schadow später, ab 1790, unter den Freimaurern wieder begegnet. Auch die Freimaurerlogen des 18. Jahrhunderts wollten über alle Zufälligkeiten des Lebens – wie Geburt, Stand, Glauben – hinweg wohlgesinnte Menschen zusammenbringen.» (Angelika Wesenberg: «Zwischen Aufklärung und Frühromantik», in «Johann Gottfried Schadow und die Kunst seiner Zeit», Köln, 1994)

      4

      Begegnungen mit Folgen

       Streben nach allem Wahren, Guten, Schönen …

      Logenordnung

      Im März des Jahres 1785 war «die schöne Jüdin aus Wien», Marianne (Mattel) Devidels, zum Salon-Kreis der Henriette Herz gestoßen. Sie war eine junge Frau «mit Vergangenheit». Sie hatte ein uneheliches Kind. Der Kindesvater hatte sie schmählich sitzenlassen. Aus Gram und Scham war sie ins Kloster gegangen. Dafür musste sie jedoch vom Judentum zum Christentum konvertieren und katholisch werden. Ihr Kind wuchs bei den Großeltern auf.

       Johann Gottfried Schadow: Marianne Devidels, Rötel auf Papier

      Mariannes Vater Samuel Devidels war ein wohlhabender Wiener Juwelier. Er sorgte sich um das Schicksal seiner Tochter und erreichte schließlich nach fast sechs quälenden Jahren, dass seine Mattel aus dem strengen Klosterdasein «befreit» wurde. Er brachte sie zu entfernten Verwandten nach Berlin. Über jüdische Verwandtschafts-Kreise kam sie zu Henriette Herz und fand Gefallen an deren Salon, wo sie den fünf Jahre jüngeren Johann Gottfried Schadow kennenlernte.

      Es war Sympathie auf den ersten Blick. Das geschah zu der Zeit, als Schadows Ausbilder Tassaert im Einvernehmen mit seiner Frau Marie-Edmée die gemeinsame Tochter Félicité «unter die Haube» zu bringen gedachte. Auserwählter war ausgerechnet der junge Schadow. Sie waren sicher, dass dieser eine glänzende Karriere machen und den gut dotierten Posten des Hofbildhauers als Nachfolger Tassaerts übernehmen würde. «Obwohl erst 19 Jahre alt, gedachte mein Meister, mir eine Frau zu geben. Die Bestimmte war ein artiges Kind, aber es hatte sich meine Neigung anderswo hingewendet. In stiller Verlegenheit verblieb ich bis zum Mai 1785, entfloh dann …, ließ fahren des Meisters Gunst, Pension und sonstige Aussichten …» (Johann Gottfried Schadow).

      Hauptsächliches Fluchtmotiv war seine Marianne. Ein zweites Motiv «zu entfliehen» hatte zu tun mit dem Roman «Eusèbe» von Jean-Charles Tiebaut de la Veaux, für den Schadow den Titelkupfer mit dem «Triumph des Lasters» gestaltet hatte. Das Ganze war eine Satire gegen den Minister Graf Hertzberg. Das Buch wurde konfisziert. Dem Autor und seinem Illustrator drohten Schwierigkeiten. Zeitgleich dazu verbreiteten sich mehrere mutige satirische und gesellschaftskritische Blätter von Schadow, die ihm viel Bekanntheit, aber auch erheblichen Ärger mit den preußischen Tugendwächtern einbrachten.

      So suchte und fand Schadow eine glaubwürdige Begründung dafür, allen Konflikten aus dem Wege zu gehen. Er beschloss und verkündete einen Studienaufenthalt in Rom, um sich an den klassischen Vorbildern weiterzubilden. Dagegen konnte keiner etwas sagen, und ein langgehegter Traum des Künstlers war es ohnehin.

      Heimlich gab es freilich noch den Hintergedanken, vorher seine Mattel zu heiraten und Mariannes Eltern in Wien zu besuchen.

      Vater Devidels war so großzügig, dem künftigen Schwiegersohn die Reise und ein durchaus üppiges Stipendium für die Rom-Studien zu finanzieren, und so «floh» Schadow mit seiner Geliebten 1785 aus Berlin. Die geplante Hochzeit stellte sich allerdings als schwierig heraus. Eine katholische Jüdin und ein noch nicht «ehemündiger» protestantischer Künstler konnten damals vor Kirche, Staat und Gesellschaft noch nicht standhalten. So lebten die beiden zunächst in «wilder Ehe».

      Eine der Zwischenstationen auf dem Weg nach Wien und Rom war Dresden. Schadow folgte damit der Einladung des berühmten Porträtmalers Anton Graff (1736–1813), mit dem er in Verbindung stand und dessen Kunst er verehrte. Graff verstand es, in seinen Bildnissen den Charakter des Menschen zu erfassen, über die äußere Ähnlichkeit hinaus. Das war genau die Intention, die Schadow bei seinen eigenen Arbeiten verfolgte.

       Anton Graff, Selbstbildnis mit grünem Augenschirm, 1813

      Bei Graff und dessen Frau gaben sich Schadow und seine Marianne als Verheiratete aus. Es wurde nicht hinterfragt. Graff interessierte sich mehr für die grafische Mappe Schadows und nahm sich Blatt für Blatt vor. Sie sprachen über Rom und die Kunst der Vorväter. Schließlich gab Graff seinem Besucher ein Empfehlungsschreiben an den Bildhauer Franz Anton von Zauner in Wien, der ihn zu römischen Verbindungen weiter vermitteln sollte.

      Ende Mai 1785 trafen Schadow und seine Marianne in Wien ein, wo sie von den Schwiegereltern herzlich in Empfang genommen wurden. Sie mussten gestehen, dass es ihnen noch nicht gelungen war zu heiraten. Vater Devidels hatte aber die Nachricht von der Hochzeit unter Verwandten und Bekannten bereits verbreitet. So mussten sie das Spiel – nun freilich familiär geduldet – weiterspielen.

      Als Schadow mit dem Empfehlungsschreiben von Graff den Wiener Bildhauer Franz Anton von Zauner besuchte, traf er auf eine Lebenseinstellung und auf Ideale, die ihm schon vertraut vorkamen.

      Franz Anton von Zauner (1746–1822) war Freimaurer, 1784 in der Loge «Zur wahren Eintracht» in Wien aufgenommen, einer «Gemeinschaft in brüderlicher Liebe und gemeinsamen Streben nach allem Wahren, Guten, Schönen» (so steht es in der Logenordnung).

       Porträt von Franz Anton von Zauner an der Fassade des Landesmuseums Ferdinandeum in Innsbruck, 2016

      Meister vom Stuhl der Loge «Zur wahren Eintracht» war Ignaz Edler von Born (1742–1791), der für Mozart und Schikaneder СКАЧАТЬ