Название: Seewölfe Paket 6
Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
isbn: 9783954394951
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„Wenn wir sie nicht vor Chiapas erwischen, dann eben in Chiapas“, sagte Hasard hart. „Und wenn wir jede Bucht und jeden Fluß einzeln absuchen.“ Er schwieg einen Moment und zog die Brauen zusammen. „Vielleicht ist es ohnehin besser, bis Chiapas zu warten“, fuhr er fort. „Dort können wir die Kerle aufsplittern. Oder Dan und Batuti im Handstreich auf dem Landweg befreien. Wenn wir die ‚Isabella‘ in offener Seeschlacht stellen, werden die Piraten ihre Gefangenen vermutlich als Geiseln benutzen.“
„Auch wieder wahr“, murmelte Ben Brighton. „Wir könnten Fühlung halten und …“
Er wurde jäh unterbrochen.
„Land ho!“ sang Bob Grey im Großmars aus. „Land Steuerbord voraus!“
Hasards Blick suchte den schwarzen Segler, der weit voraus als Schatten zu erkennen war. Auch dort war der Großmars besetzt, und der Ausguck hatte die Küste sicher ebenfalls gesichtet. Der Seewolf enterte über den Niedergang ab, und wenig später stand er auf dem Vorkastell und spähte durch das Spektiv nach Nordnordost.
Ein unregelmäßiger schwarzer Streifen hatte sich zwischen den sternengespickten Himmel und das bewegte, im Mondlicht wie flüssiges Silber glitzernde Wasser geschoben.
Das war keine Insel mehr. Ganz davon abgesehen, daß die Karten in dieser Gegend südlich der Fonseca Bai ohnehin keine Inseln verzeichneten. Vor ihnen lag die Küste, die Landenge, die Nueva España mit dem südamerikanischen Kontinent verband. Hasard lächelte, als er sich umwandte und mit einem Blick den Stand der Segel prüfte.
In der nächsten Sekunde dröhnten seine Kommandos über das Deck: „Klar zum Anluven! Holt dicht alle Schoten! Pete, höher ran an den Wind!“
Längst hatten die Wachen auf Kuhl und Achterdeck ihre Stationen eingenommen. Der Besan wurde zuerst dichtgeholt, dann folgten Großsegel und Vorsegel.
„Höher ran“, wiederholte Pete Ballies ruhige Stimme, und Hasard verfolgte, wie die Karavelle an den Wind ging.
„Holt durch die verdammten Schoten, ihr lahmen Rübenschweine!“ brüllte Ed Carberry von der Kuhl. „Willig, willig, oder habt ihr keinen Mumm mehr in den Knochen, ihr kalfaterten Decksaffen, ihr …“
Der Profos stockte.
Nicht, weil ihm die Fluche ausgingen, sondern weil er in den Wind sprach. In einen sanften, stetigen Ostwind, den sie jetzt von Steuerbord voraus erhielten und der die Karavelle unter perfekt getrimmten Segeln laufen ließ wie Samt und Seide.
„Na also“, brummte Edwin Carberry. Er sah zum Vorkastell hoch und grinste breit, und Hasard wußte genau, was dieses Grinsen bedeutete.
Eine verdammte Teufelsbande ist das, sagte dieses Grinsen.
Die brauchte man nicht erst anzulüften, die beherrschte ihr Handwerk im Schlaf und mit links. Da waren Carberrys Flüche im Grunde ganz überflüssig.
Aber ein fluchender Profos gehörte nun einmal dazu. Und solange Edwin Carberry fluchte, war die Welt noch in Ordnung.
2.
Dan O’Flynn hatte das Gefühl, als würden im nächsten Augenblick seine Lungen platzen.
Er brauchte Luft. Er mußte auftauchen. Schon tanzten rote Feuerräder vor seinen Augen. Als sein Kopf die Wasseroberfläche durchstieß, mischte sich das Brausen des Blutes in seinen Ohren mit dem Plätschern und Gurgeln der Wellen und dem heiseren Geschrei an Bord der „Isabella“
„Du solltest aufpassen, du Bastard!“ Das war Pepe le Mocos Stimme, wahrscheinlich stauchte er Barbusse zusammen. „Wo ist der Nigger, verdammt noch mal? Wenn sie entwischt sind, laß ich dich kielholen, du Penner, du lausiger …“
Dan pumpte seine Lungen voll Luft und tauchte wieder.
Mit gestreckten Armen und Beinen glitt er durch das dunkle Wasser, die Augen weit geöffnet. Undeutlich spürte er eine Bewegung neben sich: Batuti. Der schwarze Herkules schwamm wie ein Fisch und hielt sich mit Dan auf gleicher Höhe. Sekunden verstrichen, und auch dieses Mal tauchten sie erst auf, als die Atemnot unerträglich wurde.
Dan keuchte und sog gierig die frische, salzige Luft ein. Wasser plätscherte neben ihm, Batutis Kopf tauchte auf. Der Neger schnappte nach Luft, grinste gleichzeitig, und in dem schwarzen Gesicht blitzten die Zähne.
„Da!“ brüllte jemand auf der Galeone. „Da sind sie! Steuerbord querab!“
Im nächsten Sekundenbruchteil ertönte Jean Morros Stimme: „Beiboot abfieren! Hopp-hopp! Ich will diese Bastarde wiederhaben!“
„O verdammt!“ flüsterte Dan mit Inbrunst, während Batuti schon wieder wegtauchte.
Der drahtige Dan tauchte hinterher. Dabei wurde ihm klar, daß es nicht den geringsten Sinn hatte, stur geradeaus zu schwimmen. Undeutlich sah er die schwarze Hünengestalt vor sich und wie sie nach oben schwenkte. Dan tauchte ebenfalls auf.
„Nach links!“ zischte er. „Wir müssen sie täuschen, Haken schlagen oder so was.“
„Wie Hase?“
„Ja, verflucht! Oder wie Haifisch oder …“
„Fier weg das Ding!“ gellte die Stimme des Bretonen. „Sechs Mann abentern! Nehmt Waffen mit, ihr dreimal verdammten Idioten!“
Dan warf sich im Wasser nach links, stieß tief nach unten und versuchte, so weit wie möglich von seinem ursprünglichen Standort wegzuschwimmen. Sein Herz hämmerte, und das Stechen und Brennen in seiner Brust bewies ihm, daß er für längere Tauchstrecken nicht mehr gut genug war. Das Salzwasser biß in den Wunden an seinem Rücken, aber das nahm er kaum wahr. Verzweifelt stieß er die angehaltene Luft aus, schluckte Wasser, und die blubbernden Blasen vor seinen Augen schienen sich in bunte, explodierende Sterne zu verwandeln.
Mit letzter Kraft tauchte er auf und schnappte nach Luft.
„Still!“ zischte Batutis Stimme dicht an seinem Ohr. „Kerle in Boot suchen Bewegung.“
Jetzt erst hörte Dan bewußt die rhythmischen Ruderkommandos, die in seinem Schädel widerzuhallen schienen wie Hammerschläge.
„Hool weg! Hool weg!“
Das Boot löste sich von der „Isabella“.
Vier Männer pullten, zwei spähten aufmerksam über das Wasser. Sie waren mit Pistolen, Belegnägeln und Bootshaken bewaffnet – letztere vermutlich, um ihre Opfer aus dem Bach zu fischen, wenn sie sie erst hatten. Vorerst suchten sie in der falschen Richtung. Aber Dan O’Flynn bezweifelte, daß das so bleiben würde.
„Weiter!“ flüsterte er.
Sehr behutsam ließ er sich diesmal unter Wasser gleiten, und auch Batuti vermied es, sich heftig zu bewegen. Dafür gelangten sie auch nicht so schnell vorwärts, und zusätzlich vermieden sie es, das letzte Quentchen Luftreserve zu verbrauchen, um nicht zu unkontrolliert und hastig auftauchen zu müssen.
Trotzdem rauschte das Blut in Dans Ohren, als er auftauchte.
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