Название: Seewölfe Paket 6
Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
isbn: 9783954394951
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Luke Morgan enterte an der Jakobsleiter hoch. Daß er so weiß war wie die Gischtkämme der Brandung, ließ sich nicht übersehen. Hastig schwang er sich über das Schanzkleid, schob den Kutscher und Old O’Flynn beiseite und steuerte auf Ben Brighton und Big Old Shane zu.
Seine Stimme klang rauh wie ein Reibeisen: „Sie haben Hasard! Und die anderen auch! Sie verlangen …“
„Wer hat Hasard?“ unterbrach ihn Big Old Shane rauh. „Wovon sprichst du, verdammt und zugenagelt?“
„Von den Kerlen auf der Insel! Piraten, schätze ich! Sie haben Hasard und die anderen gefangengenommen! Sie verlangen, daß wir ihnen die ‚Isabella‘ übergeben – sonst wollen sie alle Viertelstunde einen unserer Leute umbringen. Den Verrückten haben sie schon aufgehängt. Sie sind mindestens ein Dutzend. Und Dan und Batuti haben sie auch …“
Luke Morgan schwieg erschöpft. Die anderen starrten ihn an wie eine Geistererscheinung. Ben Brighton knirschte mit den Zähnen und versuchte, sich zusammenzureißen.
„Nun mal langsam!“ stieß er hervor. Fang von vorn an, Luke! Die verdammte Insel ist bewohnt?“
„Weiß ich nicht. Die Kerle sprechen jedenfalls Englisch. Piraten, nehme ich an …“
Auch Luke Morgan überwand seine Aufregung und begann, der Reihe nach zu berichten. An den Tatsachen änderte das allerdings wenig. Die Herren der Insel hatten es geschafft, außer Dan und Batuti noch elf weitere Seewölfe gefangenzunehmen. Sie hatten es auf eine verdammt hinterhältige Art und Weise geschafft, aber es war nicht zu bezweifeln, daß sie in diesem schmutzigen Spiel alle Trümpfe in der Hand hielten.
„Sie wollen das Schiff“, wiederholte Luke Morgan mit einem tiefen Atemzug. „Sie geben uns eine halbe Stunde Zeit. Und danach wollen sie alle fünfzehn Minuten einen ihrer Gefangenen umbringen.“ Für einen Moment blieb es still.
Ben Brighton sog scharf die Luft durch die Zähne. Old Donegal Daniel O’Flynn, der mit seinem Holzbein quer über die Kuhl gehinkt war, stieß einen Laut aus, der entfernt an das Schnaufen eines gereizten Bullen erinnerte.
„Verflucht!“ fauchte er. „Das darf doch nicht wahr sein, das!“
„Es ist aber wahr! Wir haben keine Wahl! Überhaupt keine!“
Wieder senkte sich Stille herab.
Ben Brighton starrte zum Strand hinüber. Seine Augen hatten sich zu Schlitzen verengt, in dem sonst so ruhigen, beherrschten Gesicht arbeitete es.
„Wir haben keine Wahl“, wiederholte er Luke Morgans Worte. „Wir müssen die ‚Isabella‘ ausliefern. Und dann?“
„Die Kerle werden uns auf der Insel zurücklassen“, grollte Big Old Shane. „Und nach einer Weile wird hoffentlich der Schwarze Segler aufkreuzen und uns entdecken.“
Ben zog die Unterlippe zwischen die Zähne. „Aber dann werden die Piraten längst weg sein, und wir wissen nicht, wo sie hinwollen. Wir müßten eine Stecknadel im Heuhaufen suchen.“ Er schwieg einen Augenblick und wandte sich Big Old Shane und dem alten O’Flynn zu. „Es muß eine andere Möglichkeit geben. Etwas, womit unsere Gegner nicht rechnen.“
„Aber was? Sie haben alle Trümpfe in der Hand.“
„Wir müssen sie angreifen, wenn sie sich schon in Sicherheit glauben.“ Ben lächelte plötzlich, als er sich dem blonden Stenmark zuwandte. „Sten, kannst du dich noch an die ‚Santa Barbara‘ erinnern?“
„‚Santa Barbara‘? Da war doch neulich …“
„Die nicht! Es ist länger her. Al, du müßtest es auch noch wissen.“
Al Conroy, der Stückmeister, runzelte die Stirn – und dann blitzte plötzlich das Verstehen in seinen Augen auf. „Die ‚Santa Barbara‘ – natürlich! Die Prise, die Hasard damals im Auftrag Kapitän Drakes nach Plymouth segelte. Ferris Tukker hing uns in den Ohren, daß das Vorschiff abgeschottet sei. Wir konnten uns nicht darum kümmern, weil wir in einen knüppeldicken Sturm gerieten. Und als wir alle fix und fertig waren, stürmte aus dem abgeschotteten Vorschiff plötzlich ein Haufen Spanier, die sich dort versteckt hatten. Wir waren viel zu überrascht, um uns noch viel zu wehren. Später konnten wir den Spieß umdrehen, aber zunächst mal haben uns die Kerle glatt überrumpelt.“
„Genau.“ Ben Brighton nickte. „Das meine ich.“
Und Stenmark: „Mann, das ist die Idee! Wir verstecken uns, warten in aller Ruhe, bis die Piraten ankerauf gegangen sind, und dann fegen wir von Bord, daß es nur so raucht! Das wird ein Fest!“
„Langsam“, brummte Big Old Shane. „Zunächst mal können wir uns nicht alle verstecken, weil die Kerle ungewähr wissen, wieviel Mann noch an Bord sein müssen. Zwei, drei Mann können hierbleiben, mehr nicht. Zwei oder drei Mann gegen ein Dutzend!“
„Drei Seewölfe gegen einen Haufen lausiger Piraten“, sagte Stenmark abfällig.
„Unterschätze sie nicht, Sten.“ Ben Brighton schüttelte den Kopf. „Nein, wir machen es anders. Drei von uns verstecken sich in der Vorpiek, warten die Nacht ab und versuchen, sich diesen Jean Morro als Geisel zu schnappen. Ihn und vielleicht noch ein paar andere. Ob es funktioniert, werden wir dann schon sehen. Wenn es den Kerlen völlig gleich ist, was mit ihrem Kapitän passiert, haben wir Pech gehabt. Wir müssen es jedenfalls versuchen.“
„Ich bin dabei“, sagte Stenmark sofort.
„Ich auch!“ Luke Morgans Augen funkelten.
„Du nicht, Luke. Die Kerle haben dich hierhergeschickt und würden sich wundern, wenn du plötzlich verschwändest. Stenmark, Big Old Shane und ich bleiben hier.“
„Warum nur drei?“ fragte Al Conroy. „Ich könnte mit der Bugdrehbasse das ganze Vorschiff leerräumen, während ihr euch den Ober-Halunken schnappt.“
„Willst du die ‚Isabella‘ in Fetzen schießen?“ Ben lächelte leicht. „Nein, drei sind genug. Die Piraten wissen schließlich, wie viele Männer nötig sind, um eine große Galeone zu segeln.“
„Wenn du meinst.“
Al Conroy zuckte mit den Schultern. Man sah ihm an, daß er gern dabeigewesen wäre, genau wie die anderen, aber er sah ein, daß Ben Brighton recht hatte. Mit einem tiefen Atemzug blickte er wieder zu der Insel hinüber – und im nächsten Moment fuhr er leicht zusammen.
„He!“ stieß er hervor. „Was ist denn da los?“
„Die Piraten!“ knurrte Luke. „Verdammtes Gesindel! Sie haben unsere Leute bei sich. Hasard, Ferris, Ed …“
Ben Brighton brauchte das Spektiv nicht, um zu sehen, was drüben am Strand geschah.
Gestalten tauchten zwischen den Palmenstämmen auf. Piraten, die ihre Gefangenen mitschleppten. Philip Hasard Killigrews schwarzes Haar flatterte im Wind, Ferris Tukkers roter Schopf leuchtete. Ed Carberry, der Profos, wurde von zwei Kerlen zu einer der Palmen gestoßen, und selbst aus der Entfernung war der wilde Grimm auf seinen Zügen zu sehen, als die Burschen darangingen, ihn an den schlanken Stamm zu fesseln.
Hasard war als nächster an der Reihe. Dann Ferris Tucker, Blacky, Smoky, Matt Davies, Gary Andrews und СКАЧАТЬ