Название: Seewölfe Paket 6
Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
isbn: 9783954394951
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Dan biß sich verzweifelt auf die Lippen.
Er hatte einen wachen Verstand, und er wußte, daß es sinnlos war, sich etwas vorzumachen. Die Wahrscheinlichkeit sprach dafür, daß es den Piraten tatsächlich gelingen würde, sich die „Isabella“ unter den Nagel zu reißen.
Dan und Batuti hatten jetzt auch keine Chance mehr, sich von den Fesseln zu befreien: erstens waren sie noch gründlicher verschnürt worden als vorher, zweitens paßten ihre Gegner besser auf. Die beiden Gefangenen hätten höchstens riskiert, daß sie von neuem bewußtlos geschlagen wurden – und das wäre dann das endgültige Aus gewesen.
Die Piraten wollten sie mitnehmen.
Nach Chiapas, ins Land der Mayas!
Dan wußte, daß es jetzt nur noch um eins ging: eine Möglichkeit zu finden, ihren Kameraden irgendwie das Ziel der Piraten mitzuteilen. Denn Hasard und die anderen würden ganz sicher nicht lange auf der Insel festsitzen. Der Schwarze Segler war in der Nähe. Siri-Tong und der Wikinger würden Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um ihre Freunde zu finden.
„Batuti“, murmelte Dan fast unhörbar.
„Ja?“
„Kannst du dich aufrecht hinsetzen?“
„Bin ich Tattergreis? Batuti kann Kopfstand machen, wenn sein muß.“
„Bloß nicht! Hör zu, ich will versuchen, eine Nachricht für Hasard in den Felsen zu ritzen. Wir lehnen uns unauffällig an den Stein da drüben. Und du setzt dich so, daß du meine Hände verdeckst, klar?“
Der schwarze Herkules nickte nur und ließ die Augen rollen. Sie brauchten ein paar Sekunden, um sich langsam und unauffällig näher an die Felsen zu schieben. Batuti richtete sich auf und lehnte sich mit der Schulter dagegen. Dan suchte eine Position, in der er mit dem Stein in seinen Fäusten die glatte Wand hinter sich erreichen konnte.
Der einäugige Esmeraldo warf ihnen ab und zu einen flüchtigen Blick zu, aber er schien nichts Verdächtiges an ihrem Verhalten zu finden.
Dan biß sich auf die Lippen. „Chiapas“, wollte er in den Felsen ritzen. Das war ein einziges kurzes Wort, aber nach ein paar Minuten mußte er einsehen, daß er sich die Sache bei weitem zu einfach vorgestellt hatte.
Der Stein in seinen gefesselten Händen und der Felsen in seinem Rücken wiesen ungefähr den gleichen Härtegrad auf. Dan mußte höllisch aufpassen, um nicht ständig abzurutschen und lediglich ein Gewirr von Linien zustande zu bringen. Nach den ersten drei Buchstaben lief ihm der Schweiß in Strömen über den Körper.
Beim Querstrich des A zerbröckelte ihm der Stein unter den Fingern, und er mußte einen neuen suchen. Er brauchte eine volle Viertelstunde für das eine läppische Wort, und als er sich schließlich umdrehte, um sein Werk zu begutachten, stellte er fest, daß man schon sehr genau hinsehen mußte, um die Buchstaben als „Chiapas“ zu entziffern.
Einerseits ganz gut so, denn auf diese Weise wurde die Gefahr geringer, daß die Piraten die eingeritzten Schriftzeichen bemerkten und dann zerkratzten.
Aber würden Hasard und die anderen die Nachricht entdecken? Bestimmt, entschied Dan. Denn sie würden sicher annehmen, daß die beiden Gefangenen eine Nachricht für sie zurückgelassen hatten und ganz gezielt danach suchen.
Batuti grinste zufrieden und ließ seine Zähne blitzen.
„Kleines O’Flynn hell in Kopf“, stellte er fest. „Und jetzt weg von schönes Wort. Drüben in Schatten!“
Dan nickte nur.
Er ließ sich einfach nach vorn fallen und rollte über den Boden. Batuti folgte seinem Beispiel. Der einäugige Esmeraldo hob mit einem Ruck den Kopf, aber seine Haltung entspannte sich sofort wieder.
Für ihn sah es so aus, als ob die beiden Gefangenen lediglich Schutz vor der sengenden Sonne suchten.
Für Dan und Batuti war der angenehm kühle Schatten nur ein Nebeneffekt. Als sie sich von neuem gegen die Felsen lehnten, waren sie ein beruhigendes Stück entfernt von der Stelle, wo Dan das Wort „Chiapas“ in den Stein geritzt hatte. Sie konnten damit rechnen, daß die Piraten die Nachricht nicht entdecken würden.
Beide wußten sie ziemlich genau, daß es eine recht dünne Chance war, auf die sich ihre Hoffnung gründete.
Aber immerhin fühlten sie sich jetzt nicht mehr ganz so hilflos wie zuvor.
9.
Nur für ein paar Sekunden standen Edwin Carberry und die anderen sprachlos da und starrten auf den baumelnden Leichnam in der Sonne.
Carberry stieß einen Fluch durch die Zähne, den niemand verstand. Der Profos wußte auf Anhieb, was das makabre Bild zu bedeuten hatte: vielleicht ein Ablenkungsmanöver, ganz sicher eine Warnung. Instinktiv griffen die Männer zu den Waffen und spähten aus zusammengekniffenen Augen zu den Klippen hinauf. Sie ahnten, daß gleich etwas passieren würde, aber als es geschah, hatten sie nicht die geringste Chance, etwas dagegen zu unternehmen.
Jäh wurde es über ihnen lebendig.
„Keine Dummheiten!“ brüllte jemand im Gewirr der Felsen auf der Hochfläche. „Laßt die Finger von den Waffen! Wenn ihr in der Gegend herumballert, durchlöchert ihr eure eigenen Leute, Freunde!“
Ed Carberry holte tief Luft. Seine Augen waren dunkel vor Wut, sein zernarbtes Gesicht hatte sich verkantet.
„Der Teufel ist dein Freund!“ brüllte er zurück. „Komm her, du Hurensohn, dann zeig ich dir, wohin der Wind bläst …“
Der Profos stockte abrupt.
Hoch oben über der Felsenkante tauchte eine Gestalt auf, eine hochgewachsene, breitschultrige Gestalt mit flatterndem schwarzen Haar und eisblauen Augen. Hasard, dachte Carberry erleichtert – und in der nächsten Sekunde wurde ihm bewußt, daß zur Erleichterung nicht der geringste Anlaß bestand.
Philip Hasard Killigrew war gefesselt und geknebelt.
Selbst die Füße hatten sie ihm zusammengebunden, so daß er sich nur mit winzigen Schritten vorwärtsbewegen konnte. Von dem Kerl, der hinter ihm stand und ihn an den gefesselten Armen festhielt, war nur ein Schatten zu sehen.
Carberry erkannte graues Haar, eine große, hagere Gestalt – und die Pistole, die sich seitlich gegen Hasards Hals preßte.
„Ich bin Jean Morro!“ schrie der Unbekannte. „Vielleicht hat euch der kahlköpfige Halunke dort unten genugüber mich erzählt, um euch klarzumachen, daß ich nicht scherze. Ich knalle diesen Bastard hier ab, wenn ihr Dummheiten versucht. Und er ist nicht der einzige – wir haben auch die fünf anderen, den verdammten Nigger und dieses großschnäuzige Bürschchen! Also was ist? Wollt ihr eure Leute über die Klinge springen lassen?“
Ed Carberry war weiß vor ohnmächtiger Wut.
„Du dreckige Bilgenratte!“ СКАЧАТЬ