Die Versuchung des Elias Holl. Axel Gora
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Название: Die Versuchung des Elias Holl

Автор: Axel Gora

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783839238806

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СКАЧАТЬ Hand zum Abschied. »In drei Tagen, Holl! Und grüßt mir Eure Frau.«

      Als ich den ersten Schritt auf die Gasse gesetzt hatte, rief er mir hinterher: »Ach, Holl! Augsburgs Stadtgöttin heißt Cisa, nicht Circe!«

      Ich hob die Brauen. »Hatte ich das nicht gesagt?«

      Remboldt schüttelte den Kopf und verschwand im Portal.

      Den Blick starr aufs eingeschneite Pflaster gerichtet, schritt ich in Gedanken an Remboldts groteske Inszenierung nach Hause. Ich hatte ihn ein wenig gefoppt, schon, eine harmlose Schelmerei; aber er hatte es mir doppelt, ja dreifach retourniert, der Hund, und ich war ihm wie ein Lehrbub auf den Leim gegangen, Wie hochnotpeinlich. Vielleicht hatte Vater ja doch Recht gehabt? Ich hatte, so verblüfft wie ich war, versäumt, Remboldt zu sagen, dass das unter uns zu bleiben hatte. Jetzt konnte ich nur hoffen, dass er selbst so viel Anstand bewahrte, es nicht beim Ratstreffen zum Besten zu geben. Die Chancen standen schlecht; Remboldt wollte stets brillieren, da war es ihm im Grunde einerlei, wer dafür herhalten musste. Und hatte ich tatsächlich Circe gesagt? Das fiel mir schwer zu glauben, ich konnte doch wohl unsere Stadtgöttin und die griechische Zauberin auseinanderhalten. Egal, jetzt zählte nur eines: Remboldt hatte meine Lösung akzeptiert, mehr noch, er war begeistert von ihr! Die Arbeit hatte sich gelohnt! Eine Nacht! Nur eine gottgefällige Nacht konzentrierter Arbeit, gebettet in Fleiß und Ausdauer, hatte ich gebraucht für einen entscheidenden Schritt: Das neue Rathaus! In drei Tagen schon würde ich den Auftrag erteilt bekommen und endlich den lang ersehnten, größten und schönsten Bau meiner Karriere schaffen. Das musste ich unverzüglich Rosina erzählen!

      Von Euphorie getragen, eilte ich die Treppe nach oben zur Wohnstube. Ich durfte Rosina keinen Moment länger warten lassen. Die freudige Nachricht würde ihr mithelfen, einen Teil der verlorenen Kräfte zurückzugewinnen.

      Adelgund wies mich an der Zimmertür zum Wochenbett zurück. »Geht nicht hinein. Eure Frau ist müde.«

      »Aber ich muss ihr Wichtiges erzählen.«

      »Nein, Meister Holl. Ich bin froh, dass sie ihren Teller Suppe gegessen – und behalten! – hat. Sie soll jetzt schlafen.«

      »Dann schläft sie eben ein paar Minuten später.«

      »Habt Ihr schon vergessen, was Doktor Häberlin gesagt hat? Ruhe ist die oberste Pflicht! Erzählt es ihr morgen oder besser erst in ein paar Tagen.«

      »Dann ist es keine Neuigkeit mehr.«

      »Für Euch nicht, aber für jeden anderen, der nicht davon weiß, schon. Es gibt sogar ein Wort dafür … wie heißt es nur? Der Doktor spricht immer davon.«

      »Ich weiß nicht, was du meinst.«

      »Na, gerade hab ich es gesagt, für Euch ist es jetzt ganz neu und für Eure Frau erst, wenn Ihr es ihr erzählt. Es ist also beides neu, nur jedes Mal anders.«

      »Ach so, du meinst ›relativ‹.«

      »Ja, rellatief, so sagt der Doktor immer. ›Alles ist rellatief.‹«

      Ich fühlte, wie die Freude in Enttäuschung umschlug; wem, wenn nicht meinem holden Eheweib sollte ich die gute Nachricht antragen? Sie war immer die erste, der ich erzählte, wenn sich etwas Neues ergeben hatte. Aber ich verstand auch Adelgund, die gute Seele. Wie war ich froh, sie im Haus zu haben. Wenn sie nicht hier wäre … Gott im Himmel … nicht auszudenken.

      »Meine Zeit hier geht zu Ende, Meister Holl. Habt Ihr schon eine Haushilfe gefunden?«

      »Nein, leider nicht. Deine Empfehlungen entpuppten sich als Reinfall. Ich muss weitersuchen. Kannst du nicht noch ein paar Tage bleiben?«

      »Ich glaube nicht. Doktor Häberlin braucht mich.«

      Ich senkte den Kopf. Ich hatte die Tage verstreichen lassen, ohne mich auf die Suche nach einem Kindermädchen zu begeben. Stattdessen hatte ich von morgens bis abends meine Zeit im Atelier, im Amt und auf den Baustellen zugebracht.

      »Kopf hoch, Meister Holl. Drei Tage bin ich noch hier. Bis dahin könnt Ihr eine finden.«

      Ich nickte und dachte an Remboldts Äußerungen über die schlechten Chancen. Doch gänzlich Unrecht hatte Adelgund nicht.

      Als Adelgund aus dem Haus war – sie musste zum Eiermarkt –, ging ich zur Wochenstube. Ich öffnete eine Handbreit die Tür, schaute durch den Spalt und sah Rosina schlafen. Ich schlich mich ins Zimmer, setzte mich an ihr Bett und betrachtete schweigend ihr Gesicht. Es war etwas Farbe in ihre Wangen zurückgekehrt, und das Grau um die Augen würde wohl auch bald verschwinden. Ich fuhr mit der Hand unter die Decke und hielt die ihrige. Sie fühlte sich schon viel wärmer an. Das machte mich glücklich.

      3

      Zum elften Mal überpinselte Matthias den Vorhang des Freskos – eine Replik Raffaello Santis Sixtinischer Madonna –, das er auf die Westwand seines Ateliers übertragen hatte. Nur diese Wand war für das Kunstwerk der geeignete Ort, selbst wenn er dafür den Kamin hatte verlegen müssen. Die Westwand wurde an klaren Morgen von der Sonne durch die beiden großen gegenüberliegenden Fenster so kraftvoll beschienen, dass dies dem Gemälde eine noch gewaltigere Dominanz verlieh. Ursprünglich hätte er das Fresko schon letzten Monat vollendet haben wollen; sein klerikaler Förderer Matthäus Rader, wie dessen Vertrauter Caspar Scioppius und ein holländischer Gelehrter namens Corvin van Cron, den sie als Begleitung angekündigt hatten, brannten darauf, es endlich in Augenschein nehmen zu dürfen. Sie hatten aber auch Verständnis gezeigt dafür, dass er es ihnen nicht präsentieren mochte, bevor er nicht selbst vollständig damit zufrieden wäre. Ende Februar, hatte er ihnen versichert, dürften sie exklusiv zur Enthüllung erscheinen. Er war schon eine Woche überfällig. Die Einladung lag geschrieben auf dem Tisch, nur das genaue Datum fehlte noch:

      … möchte ich hochlöblichen Herrschaften, den ehrwürdigen lieben Pater Matthäus Rader, Professor am Sankt Salvator Kollegium, den Philologen Caspar Scioppius und den Doktor der Theologie und Astronomie Corvin van Cron, gegenwärtig Gastdozent an der Theologischen Fakultät der Universität Dillingen, zur Enthüllung des Freskos Die Sixtinische Madonna am … in meinem Atelier des Domkapitels Auf unser Frauen Graben zwischen Dom und Frauentor gelegen, mit diesem Schreiben meine Einladung aussprechen.

      Für leibliches Wohl an Speis und Trank ist gesorgt.

      Mit hochachtungsvollem Gruß

      Johann Matthias Kager, Kunst- und Freskenmaler in Augsburg

      Augsburg, СКАЧАТЬ