Название: The Long Hard Road Out Of Hell
Автор: Neil Strauss
Издательство: Bookwire
Жанр: Изобразительное искусство, фотография
Серия: Kulturstudien - Culturel Studies
isbn: 9783854454120
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Das bestätigte nur, was ich immer schon geahnt hatte – dass ich nicht, wie alle anderen, gerettet werden würde. Jeden Tag, wenn ich mit schlotternden Knien zur Schule ging, weil ich mich vor dem Weltuntergang fürchtete, wusste ich ganz genau, dass ich nicht in den Himmel kommen und auch meine Eltern nie wiedersehen würde. Aber als die Jahre verstrichen, erst eins, dann noch eins, und die Welt und Miss Price und Brian Warner und die wieder geborenen Prostituierten immer noch da waren, fühlte ich mich betrogen und verarscht.
Allmählich begann ich mich gegen die Schule aufzulehnen und an allem zu zweifeln, was man mir dort beibringen wollte. Mir wurde klar, dass sie das Leiden, von dem sie mit ihren Gebeten erlöst werden wollten, sich selbst auferlegt hatten – und es nun an uns weitergeben wollten. Die Bestie, vor der sie sich so fürchteten, das waren in Wahrheit sie selbst. Es war der Mensch, nicht ein mythologischer Dämon, der sich am Ende selbst zerstören würde. Und die Bestie war nichts anderes als ein Produkt unserer Angst.
Die ersten Samen dessen, was ich heute bin, waren gesät.
»Narren werden nicht geboren«, schrieb ich eines Tages während des Ethik-Unterrichts in mein Notizbuch. »Sie werden von Institutionen wie dem Christentum gezüchtet und umhegt.« Noch am gleichen Abend offenbarte ich mich meinen Eltern. »Hört mich an«, sagte ich. »Ich will auf die Public School, denn ich gehöre nicht hierhin. Alles, was mir wichtig ist, wird von ihnen bekämpft.«
Meine Klagen stießen auf taube Ohren. Nicht so sehr, weil meine Eltern unbedingt darauf erpicht waren, dass ich religiös erzogen werden würde, sondern weil sie wollten, dass mir die bestmögliche Ausbildung zuteil werde. Die Public School in Glen Oak East, dem Bezirk, in dem wir wohnten, hatte einfach einen zu schlechten Ruf. Und deshalb war ich wild entschlossen, genau diese Lehranstalt zu besuchen.
Das war der Punkt, an dem meine Rebellion begann. An der Christian Heritage School gestaltete es sich nicht weiter schwierig, sich durch widerspenstiges Verhalten aufzulehnen. Alles lief nach strengen Regeln und Ritualen ab und beruhte auf der Forderung nach bedingungsloser Konformität. Das fing schon mit dieser merkwürdigen Kleiderordnung an. Montags, mittwochs und freitags mussten wir blaue Hosen, ein weißes Button-Down-Hemd und etwas Rotes anziehen, wenn wir mochten. Dienstags und donnerstags standen dunkelgrüne Hosen und wahlweise ein weißes oder gelbes Hemd auf dem Programm. Wenn unser Haar so lang geworden war, dass es die Augen berührte, mussten wir es abschneiden. Niemandem war es erlaubt, besser oder anders zu sein als die Klassenkameraden. Diese Form der Erziehung war natürlich keine besonders hilfreiche Vorbereitung auf die wirkliche Welt. Jedes Jahr wurde eine neue Generation von Absolventen mit der Erwartung auf die Welt losgelassen, dass alles im Leben gerecht verteilt und jeder gleich behandelt würde.
Der Krieg, den ich als Zwölfjähriger begann und der in meiner Jugend immer weiter eskalieren sollte, hatte zunächst das simple Ziel, dass ich von der Schule geworfen werden wollte. Es fing – ziemlich unschuldig – mit Süßigkeiten an. Ich hatte immer eine Art innerer Verwandtschaft mit Willy Wonka verspürt. Schon damals war mir klar, dass er so etwas wie ein Antiheld und ein Symbol des Verbotenen ist. In seinem Fall ging es nur um Schokolade, aber für mich war das eine Metapher für jede Art von Völlerei, für alles, was man nicht machen, besitzen oder zu sich nehmen darf, ob Sex, Drogen, Alkohol oder Pornografie. Jedes Mal, wenn Willy Wonka und die Schokoladenfabrik auf Star Channel oder in unserem heruntergekommen Stadtteilkino lief, schaute ich mir den Film bis zum Abwinken an und schaufelte tütenweise Bonbons in mich hinein.
Auf der Schule waren Bonbons und andere Süßigkeiten – mit Ausnahme der Little-Debbie-Kuchensnacks, die auf der Karte im Speisesaal angeboten wurden – verbotene Schmuggelware. Also machte ich mich regelmäßig zu Ben Franklin’s Five And Ten auf, einem Laden in der Nachbarschaft, der wie ein altes Sodageschäft aussah, und bepackte mich mit Pop Rockz, Zotz, Lik-M-Stix und diesen pillenähnlichen Pastellstreifen, die immer an der Verpackung festkleben und die man deshalb kaum zu sich nehmen kann, ohne nicht auch kleine Papierfetzen mitzuessen. Wenn ich es recht bedenke, fühlte ich mich besonders von Bonbons angezogen, die drogenähnliche Effekte produzierten. Das waren nicht einfach Süßigkeiten, denn sie erzeugten zusätzlich eine chemische Reaktion, sei es, dass sie im Mund zischten oder deine Zähne schwarz verfärbten.
So wurde ich zum Bonbondealer, der seine Ware zur Mittagessenszeit unter die Leute brachte. Ich konnte so viel verlangen, wie ich wollte, denn niemand sonst kam während der Schulstunden an Süßigkeiten heran. Schon im ersten Monat machte ich ein Vermögen und verdiente mindestens fünfzehn Dollar in 25-Cent- und 10-Cent-Münzen. Dann hat mich jemand verpfiffen. Ich musste meine ganzen Süßigkeiten und das Geld, das ich verdient hatte, bei der Schulleitung abgeben. Leider wurde ich nicht gefeuert, sondern nur für eine gewisse Zeit vom Unterricht suspendiert.
Mein zweites Projekt war eine Zeitschrift. Sie trug, ganz im Geist von Mad oder Cracked, den Namen Stupid. Ihr Wahrzeichen war ein Kind mit hervorstehenden Zähnen, großer Nase, Akne und einer Baseballkappe auf dem Kopf, das mir nicht ganz unähnlich sah. Ich verkaufte jedes Heft für fünfundzwanzig Cents. Da ich die Seiten bei Carpet Barn, dem Teppichgeschäft, in dem mein Vater arbeitete, kostenlos kopieren durfte, war das alles Reingewinn. Das Gerät, mit dem ich das Heft vervielfältigte, war billig und abgenutzt und strömte einen beißenden, kohlenstoffartigen Geruch aus, aber wenn es darum ging, alle sechs Seiten mit Druckerschwärze vollzuschmieren, ließ es mich nie im Stich. An einer Schule, in der alle nach Schweinereien und dreckigen Witzen nur so darbten, schlug Stupid sofort wie eine Bombe ein – bis ich wieder aufflog.
Carolyn Cole, die Schuldirektorin, eine große, nachlässig wirkende Frau mit Brille, gekrümmter Haltung und braunem, gekräuseltem Haar, das sich über ihrem vogelartigen Gesicht in die Höhe türmte, rief mich in ihr Zimmer, wo bereits eine größere Abordnung des Verwaltungspersonals auf mich wartete. Sie drückte mir das Magazin in die Hand und verlangte von mir, dass ich ihnen die Cartoons über Mexikaner, die Kotstudien und ganz besonders die »Kuwatch«-Sex-Spielzeug-Abenteuer-Ausrüstung erklären sollte, die laut einer im Heft abgedruckten Anzeige aus einer Peitsche, zwei XXL-Dildos, einer Angelrute, zwei Brustwarzentroddeln, einer Schweißerbrille, Fischnetzstrümpfen und einer Halskette mit einem Hundepenis aus Bronze bestand. Ganz ähnlich, wie es mir als Musiker später immer wieder passieren sollte, wurde ich einem Verhör unterzogen – ihnen war unklar, ob es sich bei meiner Arbeit um Kunst, Unterhaltung oder Satire handelte – und aufgefordert, meine Persönlichkeit zu erklären. Ich explodierte vor Wut und warf die Seiten in die Luft. Bevor das letzte Stück Papier wieder zu Boden geflattert war, befahl mir Miss Cole mit hochrotem Gesicht, mich an die Knöchel zu fassen. Aus der einen Ecke schnappte sie sich eine Schaufel, die ein Freund im Heimwerkerunterricht so sadistisch konzipiert hatte, dass sie mit Löchern durchsetzt war, damit sich der Luftwiderstand vermindert. Mir wurden drei harte, christliche Prügel auf den Hintern versetzt.
Zu jener Zeit war ich für die Menschheit wahrlich verloren. Während der Freitagsseminare legten die Mädchen ihre Geldbörsen unter die Holzstühle. Sobald sie ihre Köpfe wegbeugten, hangelte ich mich auf den Boden hinunter und stahl ihnen das Geld für das Mittagessen. Wenn СКАЧАТЬ