The Long Hard Road Out Of Hell. Neil Strauss
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Читать онлайн книгу The Long Hard Road Out Of Hell - Neil Strauss страница 6

СКАЧАТЬ war. In die Bank war ziemlich ungeschickt eine Schublade eingebaut worden, die immer verschlos­sen blieb. Oben an dem Dachsparren hing ein billiger, lebensgroßer Spiegel mit einem hölzernen Rahmen, der nicht an der Wand, sondern an der Decke festgenagelt worden war – aus welchem Grund, darüber konnte ich nur spekulieren. Hier fingen mein Cousin Chad und ich an, jeden Tag auf immer riskantere Weise in das Doppelleben meines Großvaters einzudringen.

      Ich war ein dürrer Dreizehnjähriger mit Sommersprossen und einem Suppentopfschnitt, den mir meine Mutter mit der Blechschere verpasst hatte; er war ein dürrer Zwölfjähriger mit Sommersprossen und Hasengebiss. Während wir aufwuchsen, war es unser sehnlichster Wunsch, später einmal als Geheimpolizisten, Spione oder Privatdetektive zu arbeiten. Um unserem Ziel näherzukommen, wollten wir uns in den entsprechenden Observationstechniken schulen – bis wir zum ersten Mal mit diesem Abgrund konfrontiert wurden.

      Eigentlich hatten wir nur die Treppen hinunterschleichen und Großvater ausspionieren wollen, ohne dass er davon etwas merken sollte. Als wir aber erst einmal die Dinge entdeckt hatten, die dort verborgen waren, änderten sich unsere Motive. Wenn wir nach der Schule unsere Ausflüge in den Keller machten, waren wir Teenager-Jungs, die nach Pornografie suchten, um darauf abspritzen zu können. Zugleich aber empfanden wir für unseren Großvater auch eine morbide Faszination.

      Fast jeden Tag machten wir neue und groteske Entdeckungen. Ich war nicht sehr groß, aber wenn ich vorsichtig auf dem hölzernen Stuhl meines Großvaters balancierte, konnte ich gerade in die schmale Lücke zwischen dem Spiegel und der Decke fassen. Dort fand ich einen Stapel bestialischer Schwarzweißbilder. Es waren keine Zeitschriftenfotos: Ganz offenbar handelte es sich dabei um einzeln nummerierte Aufnahmen, die sorgfältig aus einem Mailorder-Katalog ausgewählt worden waren. Darunter befanden sich Fotografien aus den frühen Siebzigern, auf denen Frauen mit gespreizten Beinen die Schwänze riesiger Hengste ritten und Schweineschwänze saugten, die wie weiche, fleischige Korkenzieher aussahen. Ich hatte schon einmal in Playboy oder Penthouse geblättert, aber das hier spielte in einer ganz anderen Liga. Das war nicht einfach nur obszön, sondern surreal – diese ganzen Frauen strahlten mit dem wirklich unschuldigen Lächeln von Blumenkindern in die Kamera, während sie den Tieren einen bliesen und sie fickten.

      Hinter dem Spiegel waren auch Fetischmagazine wie Watersports oder Black Beauty versteckt. Anstatt die kompletten Hefte zu stehlen, nahmen wir eine Rasierklinge und schnitten bestimmte Seiten aus. Dann falteten wir sie in kleine Quadrate und versteckten sie unter den großen, weißen Felsen, die an der Auffahrt zur Garage meiner Großmutter standen. Jahre später, als wir an der gleichen Stelle nach ihnen suchten, waren sie noch immer da – verwittert, zerfranst, voller Schnecken und Regenwürmer.

      An einem Herbstnachmittag, als Chad und ich nach einem besonders ereignislosen Schultag am Esszimmertisch meiner Großmutter saßen, wollten wir endlich herausfinden, was sich in der verschlossenen Schublade an der Werkbank befand. Stets darauf bedacht, ihre Brut zu mästen, stopfte uns Großmutter – sie hieß Beatrice – andauernd mit Fleischklößen und einem widerlichen Fruchtsirup voll, der größtenteils aus Wasser bestand. Sie stammte aus einer reichen Familie und hatte haufenweise Geld auf der Bank liegen, aber sie war so geizig, dass bei ihr eine Flasche Sirup monatelang ausreichen musste. Meistens trug sie kniehohe Strümpfe, die bis zu den Fußknöcheln heruntergerollt waren, und merkwürdige graue Perücken, die ihr offenkundig nicht passten. Die Leute haben mir immer gesagt, dass ich ihr ähnlich sehe, denn wir waren beide dünn und hatten den gleichen schmalen Gesichtsschnitt.

      Solange ich hier ihr ungenießbares Essen in mich hineinzwängte, hatte sich in dieser Küche nie etwas verändert. Über dem Tisch hing ein vergilbtes Bild vom Papst, das in einen billigen Messingrahmen eingefasst war. Ein imposant wirkender Stammbaum, der die Wurzeln der Familie Warner nach Polen und Deutschland zurückverfolgte (wo sie noch die Wanamakers genannt wurden), klebte direkt daneben. Im Zentrum der Aufmerksamkeit aber stand ein großes, hohles, hölzernes Kruzifix mit einem goldenen Jesus. Das Holzgestell war mit einem toten Palmenzweig umwickelt. Unter einem kleinen Schiebedach verbargen sich eine Kerze und eine Schale mit Weihwasser.

      Gleich unter dem Küchentisch lief ein Heizungsschacht entlang, der direkt zu der Werkbank im Keller führte. Durch diesen Hohlraum hindurch konnte man das trockene Aufhusten meines Großvaters hören. Er ließ den CB-Funk laufen, aber er sprach nie in das Gerät hinein, sondern hörte nur zu. Als ich noch sehr jung war, hatte er wegen Krebs im Krankenhaus gelegen, und solange ich mich erinnern kann, bekam ich niemals seine wirkliche Stimme zu hören, nur dieses schartige Keuchen, das er durch seinen Luftröhrenschnitt presste.

      Wir warteten, bis wir hören konnten, dass er den Keller verlassen hatte, ließen unsere Fleischbällchen stehen, schütteten den Sirup in den Heizungsschacht und wagten uns nach unten. Wir konnten hören, wie unsere Großmutter vergeblich hinter uns herrief: »Chad! Brian! Macht eure Teller leer!« Wir hatten Glück, dass sie an diesem Nachmittag nur schrie. Normalerweise, wenn sie uns beim Essenstehlen erwischte, wir eine freche Antwort gaben oder sonst irgendeinen Mist bauten, mussten wir in der Küche fünfzehn bis sechzig Minuten lang vor einem Besenstiel in die Hocke gehen, was uns ständig zerschundene und verschorfte Knie einbrachte.

      Chad und ich arbeiteten schnell und ruhig. Wir wussten, was zu tun war. Nachdem wir uns einen verrosteten Schraubenzieher geschnappt hatten, stemmten wir die Schublade der Werkbank weit genug auf, um gerade so hineinspähen zu können. Das Erste, was wir sahen, war Zellophan, jede Menge davon, das um irgendwas herumgewickelt war. Wir konnten es aber nicht genau erkennen. Chad schob den Schraubenzieher tiefer in die Schublade. Nun waren Haare und Bänder zu sehen. Er zwängte das Werkzeug noch weiter hinein, und ich zog an, bis die Schublade endlich nachgab.

      Was wir nun entdeckten, waren Bustiers, Büstenhalter, Slips und Höschen – sowie mehrere verhedderte Frauenperücken mit hart gewordenem, bunt geflecktem Haar. Wir fingen an, das Zellophan auszuwickeln, aber als wir erkannten, was darin verborgen war, ließen wir das Päckchen auf den Boden fallen. Keiner von uns beiden wollte es anfassen. Es waren mehrere Dildos mit Saugnäpfen unten dran. Vielleicht war ich einfach noch zu jung, aber sie kamen mir riesig vor. Und sie waren mit einem getrockneten, dunklen Schleim überzogen, fast wie die gelatineartige Kruste, die sich um einen Truthahn herum bildet, wenn er im Ofen gebacken wird. Später kamen wir zu dem Schluss, dass es sich um altes Vaseline handeln musste.

      Ich überredete Chad, die Dildos wieder einzupacken und sie in die Schublade zurückzulegen. Für diesen Tag hatten wir genug geforscht. Genau in dem Moment, als wir die Lade verschließen wollten, drehte sich der Knopf an der Kellertür. Für einen Moment erstarrten Chad und ich vor Schreck, dann griff er hastig nach meiner Hand und zog mich unter einen Sperrholztisch, auf dem mein Großvater seine Spielzeugeisenbahn aufgebaut hatte. Das war gerade noch rechtzeitig genug, denn seine Fußschritte waren fast schon auf der untersten Stufe zu hören. Der Boden war mit Zubehör für seine Spielzeugeisenbahn übersät, größtenteils Kiefernnadeln und Kunststoffschnee, was ungefähr wie Krapfen mit Puderzucker aussah, die im Dreck zertrampelt worden waren. Die Nadeln pieksten an unseren Ellbogen, ein Ekel erregender Geruch lag in der Luft, und unser Atem ging schwer. Aber Großvater schien weder uns noch die halbgeöffnete Schublade zu bemerken. Wir hörten, wie er in dem Raum herumschlurfte und trocken durch das Loch in seinem Hals hustete. Es machte »Klick«, und die Spielzeugeisenbahn begann über die großen Schienen zu rattern. Seine schwarzen Lacklederschuhe traten direkt vor uns auf dem Boden auf. Wir konnten bis zu seinen Knien hinaufsehen, aber glück­licherweise wussten wir, dass er auf einem Stuhl saß. Seine Füße fingen langsam an, gegen den Boden zu schaben, als würde er gewaltsam in seinem Stuhl umhergeschaukelt werden, und sein Husten übertönte langsam das Rattern der Züge. Mir fällt einfach keine Beschreibung für die Geräusche ein, die sein nutzloser Kehlkopf machte. Der beste Vergleich, den ich anbieten kann, ist ein alter, vernachlässigter Gartenrasenmäher, der stotternd wieder zum Laufen gebracht wird. Aus dem Körper eines menschlichen Wesens klang das einfach monströs.

      Nach zehn äußerst unangenehmen Minuten tönte eine Stimme von den Stufen herab. »Du treuloser Gottesverräter!« Es war meine СКАЧАТЬ