Giganten. Ernst Hofacker
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Название: Giganten

Автор: Ernst Hofacker

Издательство: Bookwire

Жанр: Изобразительное искусство, фотография

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isbn: 9783854453642

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СКАЧАТЬ Waters, so jedenfalls wird Keith Richards später behaupten, im weißen Overall im Foyer des Gebäudes und streicht die Decke. Marshall Chess und einige andere haben bis heute starke Zweifel an Richards’ Geschichte, Fakt aber ist, dass es für Muddy in diesen Jahren auf dem heimischen Plattenmarkt nicht sonderlich gut läuft. Das schwarze Publikum tanzt inzwischen lieber zu den Songs aus Motowns Hitschmiede, denn Muddys Musik gilt als antiquiert. Da trifft es sich gut, dass die Auftritte der Waters Band in weißen Clubs langsam aber sicher zahlreicher werden. Prompt kommt Marshall Chess, so etwas wie der Jugendbeauftragte des Labels, auf die Idee, den Hippies den Blues als Trojanisches Pferd zu verkaufen. Er schickt Muddy 1967 mit ein paar jungen schwarzen Musikern ins Studio und lässt sie Waters’ Klassiker im angesagten psychedelischen Rockstil aufnehmen, also mit ausufernden Gitarrensoli á la Hendrix und modernen studiotechnischen Tricks. Das Ergebnis nennt er Electric Mud, die Platte wird zum ermutigenden Verkaufserfolg. Die Kritik jedoch zerreißt das Werk in der Luft und schüttet kübelweise Hohn und Spott über die Beteiligten. Tatsächlich ist Electric Mud alles andere als künstlerisch befriedigend ausgefallen, trotzdem zeigt es Wirkung. Nach und nach turnt es ein völlig neues Publikum auf Muddys Musik an. Sogar Chuck D, einer der einflussreichsten Vertreter der heutigen HipHop-Szene, wird dieser Platte mehr als dreißig Jahre später seine Bekehrung zum Chicago Blues verdanken (dokumentiert im faszinierenden Kinofilm Godfathers And Sons, der 2003 im Rahmen von Martin Scorseses grandioser Filmreihe Blues erschien). In eine ähnliche Kerbe schlägt eine deutlich gelungenere Kooperation, die Muddy 1968 mit dem Album Fathers And Sons eingeht, als er mit seinen weißen Schülern Mike Bloomfield, Paul Butterfield und Donald »Duck« Dunn zusammenspielt.

      In den Siebzigern aber scheint der Ofen für Muddy endgültig aus zu sein. Er nimmt zwar noch Platten auf, die allerdings kaum noch interessieren. Kein Wunder, Chess ist längst Geschichte und der Vater des Chicago Blues nun an die sechzig. Seinen Stil hat er vor mehr als dreißig Jahren entwickelt, seine großen Klassiker in den frühen Fünfzigern produziert und seinen Status als Säulenheiliger der Rockmusik seit Ewigkeiten inne. Aber: Er hat ein Leben lang Musik gemacht und dabei in unzähligen Konzerten eine kraftvolle Performance und Routine entwickelt, von der die Rockkids nur lernen können. Einer seiner gelehrigsten Schüler, der texanische Gitarrist Johnny Winter, erkennt das und tut, was zu tun ist: Er bringt Muddy im Oktober 1976 mit alten Weggefährten wie dem Harpvirtuosen James Cotton und dem Pianisten Pinetop Perkins zusammen, verzichtet auf jegliche Anbiederung an den Zeitgeschmack und lässt die alten Löwen noch einmal aus dem Käfig – laut, live und ohne Netz oder doppelten Boden. Dabei verzichtet er auf nachträgliche Korrekturen des knorrig-kraftvollen Bandsounds und setzt voll auf die pure Kraft der Veteranen-Performance (die er freilich mit seiner Gitarre selbst kräftig befeuert). Das Ergebnis ist Hard Again, ein triumphales Comeback, das Muddys Karriere revitalisiert, ihm einen Grammy einbringt und den Auftakt bildet zu einer Trilogie, die sich mit I’m Ready und King Bee vollendet.

      Während in England der Punk tobt, ist Muddy plötzlich wieder voll da – in einem Alter, in dem sich andere in die Rente verabschieden. Da ist es nur recht und billig, wenn ihm die inzwischen selbst in die Jahre gekommenen Rolling Stones im November 1981 in Chicagos Checkerboard Lounge ihre Aufwartung machen. Einst hatte deren Generation den Blues von Muddy übernommen, nun waren sie selbst an der Reihe, das Erbe weiterzureichen. Muddy sieht es mit weisem Lächeln – the blues had a baby and they named it Rock’n’Roll.

      Nur anderthalb Jahre nach diesem denkwürdigen Abend in der Checkerboard Lounge war Muddy Waters tot. Am 30. April 1983 erlag er in seinem Haus in Westmont, Illinois, einem Vorort von Chicago, den Folgen einer Lungenkrebserkrankung. Gerade siebzig Jahre war er alt geworden. Seinen Job hatte er getan, besser wohl als alle anderen. Denn seine Musik, der urbane, elektrifizierte Chicago Blues, bildete die vielleicht wichtigste Grundlage des Rock. Und damit das Rückgrat einer musikalischen Kultur, die wie keine andere das jugendliche Lebensgefühl in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts prägte.

      Heute, bald 30 Jahre nach Muddy Waters’ Tod, ist der Blues in den dominanten Stilen der modernen Popmusik vielleicht nicht mehr so deutlich zu vernehmen wie zu Lebzeiten dieses Ausnahmemusikers, trotzdem aber ist er eingebrannt in die musikalische DNA der Generation, die Bühnen und Charts des 21. Jahrhunderts bevölkert. Für die Rocker gilt das nicht weniger als für HipHopper und auch für diejenigen, die von den glorreichen Tagen des Hoochie Coochie Man auf der Southside von Chicago nie gehört haben.

      Empfehlenswert:

      Muddy Waters – His Best 1947 To 1955

      Bis weit in die Fünfzigerjahre hinein veröffentlichten Künstler ihre Musik in der Regel auf Singles, also kleinen 45er-Schallplatten, die Langspielplatte setzte sich erst im Laufe der Sechzigerjahre als dominantes Medium durch. Hier versammelt Chess die großen Erfolge von Muddy Waters zum ersten Mal auf einem Album. Zu hören sind die frühen Singles des Mannes aus Clarkdale: Rauer, archetypischer Chicago Blues, den er zumeist mit seiner Band, bestehend aus Little Walter, Jimmy Rogers, Otis Spann, Elgin Evands und Ernest Crawford, beziehungsweise Willie Dixon, aufnahm. Später hundertfach gecoverte Klassiker wie I Can’t Be Satisfied, Baby Please Don’t Go, I’m Your Hoochie Coochie Man oder Mannish Boy im Original – archaisch, vital, mit unbändiger Kraft. Aufnahmen wie diese bildeten ein Jahrzehnt später den Bauplan des Blues-beeinflussten Rock.

      Folk Singer (1964)

      Zu Beginn der Sechzigerjahre waren die Originale des Chicago Blues ins Abseits geraten. Die jungen Musiker der sogenannten Britischen Invasion hatten den Blues aktualisiert und in aufregenden Pop verwandelt, die schwarze Musik wiederum hatte sich zum Soul entwickelt und junge Label wie Motown und Stax waren drauf und dran, den Soul zum wichtigen Pop-Faktor zu veredeln. Für die alten Bluesleute interessierten sich höchstens noch akademische Folk-Forscher. Muddy Waters zog daraus die Konsequenz und spielte 1963 einige seiner Klassiker in rein akustischen Arrangements neu ein. Seinerzeit war auch diesem Projekt kein großer Erfolg auf dem Plattenmarkt beschieden, dafür aber überzeugt das Album bis heute durch seine feierliche Intensität – Blues von geradezu kammermusikalischer Qualität.

      Hard Again (1977)

      1976: Im Herbst seiner langen Karriere traf Muddy Waters auf den texanischen Gitarristen Johnny Winter. Winter nahm die inzwischen 62-jährige Blueslegende unter seine Fittiche, stellte eine passende, zu Teil aus Waters’ alten Weggefährten bestehende Band zusammen und ließ die Veteranen in einem kleinen Studio in Westport, Connecticut, von der Leine. Das Repertoire, darunter Oldies wie Mannish Boy und I Want To Be Loved, war nicht neu, wohl aber die ungeheure Dynamik, die Spontaneität und die hörbare Begeisterung, mit der hier alle Beteiligten zur Sache gingen. Schon lange nicht mehr hatte man Waters mit dermaßen gewaltiger Kraft singen und spielen gehört. Das Album läutete denn auch ein triumphales Comeback ein. Hard Again zeigt einen Elder Statesman des Blues, der auch einer nachgewachsenen Rock-Generation noch mächtig unter die Haut fahren konnte.

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      GRANDADDY GUITAR

      B. B. King – Duett mit Lucille

       Längst hat der Blues seinen Platz in den vornehmen Konzertsälen gefunden. Zum Beispiel in der Philharmonie des Münchner Gasteigs, durch die an diesem Abend, irgendwann Mitte der Neunzigerjahre, der erdig schwere Groove einer vielköpfigen Band rollt. Er strotzt vor Vitalität, stampft mit dem Temperament einen jungen Pferdes in den Saal und bleibt dabei doch präzise wie ein Seziermesser. Die Männer in ihren gepflegten Anzügen, Drummer, Bassist, Gitarrist, drei Bläser und der Mann am Klavier, knüpfen einen dichten und mächtigen Klangteppich. Keiner von ihnen drängt sich ins Rampenlicht. Das bleibt einem anderen vorbehalten, einem freundlichen, schon etwas älteren Herrn und seiner wie immer elegant in Schwarz auftretenden Geliebten: Mister B. B. King nebst Lucille.

      Jeder weiß, wofür B. B. King und seine Gitarre – eine der ganz wenigen СКАЧАТЬ