Das Erwachen der Gletscherleiche. Roland Weis
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Название: Das Erwachen der Gletscherleiche

Автор: Roland Weis

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Lindemanns

isbn: 9783963080111

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СКАЧАТЬ er. „Das ist ein Kinderspiel. Ich erkläre es Ihnen, wenn wir im Kühlraum sind.“

      Hinter der Aufzugstür erwartete sie eine doppelwandige Stahltür. Ein Licht in der Mitte über der Tür leuchtete grün. Das verriet, dass sich Menschen im Inneren des Schutzbereichs aufhielten. Vermutlich eine oder mehrere der Kaymal-Töchter. Sie putzten regelmäßig die Räume und waren auch für die Fütterung der Labortiere zuständig. Aschendorffer schloss auf, Biesthal trat hinter ihm ein. Nun querten sie einen kleinen Vorraum, von dem eine Sicherheitsschleuse in die eigentlichen Forschungsräume führte. Aschendorffer presste seinen Zeigefinger auf eine fluoreszierende Leuchtfläche und bot gleichzeitig sein Auge einer kleinen Kamera dar, die geschäftig zu surren begann. Aus den Innereien der High-Tec-Tür erklang mit höflicher Computerstimme die Aufforderung: „Geben Sie eine Tonprobe.“

      Aschendorffer sagte ungeduldig: „Aschendorffer“.

      Die Schiebetüren der Schleuse glitten zur Seite und versanken links und rechts in den dicken Schallschutzwänden. Aschendorffer hatte das Sicherheitssystem selbst konstruiert. Eine kleine Bastelarbeit nebenbei. Nur bei der korrekten Kombination von Fingerabdruck, Auge und Stimme gewährte die Schleuse Einlass.

      Die Lichter gingen an. Sie befanden sich nun in einer Art Wasch- und Umkleideraum. Beide Wissenschaftler schlüpften in Sicherheitsanzüge, die sie sich über ihre Arbeitsgarderobe streiften. Kameras an der Decke zeichneten jede ihrer Bewegungen auf. Zur Pflichtausrüstung gehörten Gesichtsmasken, Sauerstoffmasken, die seitlich an den Gürteln baumelten, Handschuhe und für jeden der beiden Biogenetiker eine Art Fernbedienung, ein Gerät, mit dem sie sämtliche technischen Apparaturen in der Forschungszentrale in Gang setzen, steuern und auch wieder abschalten konnten. Ebenfalls ein kleines Ingenieurspielzeug, das Aschendorffer konstruiert hatte.

      Aschendorffer sortierte mit fiebrig glänzenden Augen auf einem kleinen Edelstahlwägelchen, das er vor sich herschob, eine Reihe von Instrumenten und chromglänzendes Operationsbesteck. Frederike Biesthal folgte ihm durch einen langen Gang, der nach einer Seite hin offen war und den Blick in verschiedene Zellen freigab. Alles stand unter grellem, künstlichem Licht. Zwei der Kaymal-Töchter eilten mit ihren Putzutensilien vorbei.

      In jeder der Laborzellen, keine größer als eine Doppelgarage, befanden sich verschiedene Versuchsanordnungen, köchelnde Glaskolben, rauchende Phiolen, vor sich hin gärende Säuren, Laugen und Lösungen, stinkende Sude, wohlriechende Essenzen, unter ultraviolettem Licht wuchernde Kletterpflanzen, rätselhafte Keimlinge, Pilzkulturen in den schillerndsten Farben, Moose, Algenkolonien, Kakteenlandschaften und die Vereinten Nationen aller Bakterienvölker. Sie erreichten eine Abteilung mit verkabelten, operierten, in Foltermaschinen eingespannten, missgebildeten, fehlgezüchteten und exotisch mutierten Kleinsäugetieren, Mäuse, Ratten, Hamster, Katzen, Zwergaffen und solche Vierbeiner, bei denen es schwer war, zu bestimmen, was sie einst einmal gewesen sein mochten. Aschendorffers Reich.

      Der Professor deutete auf einen Käfig, in dem ein mit Elektroden gespicktes Kätzchen an einem Gestell fixiert war, auf dem unablässig Leuchtdioden oszillierten. Nebenan spuckte ein Drucker Endlosschleifen von Papier aus. „Da sehen Sie, ich weiß jetzt, wie ich es anstellen muss, damit die Katze und die Ratte miteinander kommunizieren können.“ Er deutete auf einen Kabelstrang, der aus dem Katzenkäfig hinaus in einen Computer führte, und von dort wieder austrat und jenseits im Rattenkäfig an eine ähnlich fixierte Ratte angeschlossen war. Auf dem Computerbildschirm sprangen Binärzahlen aus dem Off und bildeten lange, stetig wachsende Zahlenreihen, die solide blinkten. „Der Computer ist der Simultanübersetzer für beide Arten!“

      Frederike Biesthal blieb stehen und betrachtete die Versuchsanordnung. Sie wusste von Aschendorffers skurrilen Experimenten. Es gab nichts, wofür er sich nicht interessierte. Aber ganz besonders hatten es ihm Lebewesen angetan. Zellmanipulationen, Genveränderungen, Bewusstseinssteuerung, Hirnforschung, neurologische Manipulationen, Aschendorffer probierte alles aus und verblüffte immer wieder mit bahnbrechenden Ergebnissen. Leider musste aufgrund der „kurzsichtigen, restriktiven Gesetzeslage“, wie er sich depektierlich auszudrücken pflegte, vieles in den Tresoren bleiben, weil sonst BioGen binnen kürzester Zeit von der Kriminalpolizei auf den Kopf gestellt und dicht gemacht werden würde.

      „Wollen Sie etwa sagen, sie haben Katze und Ratte beigebracht, miteinander zu sprechen?“, fragte Biesthal, und ihre Stimme klang unter dem Mundschutz noch rauchiger als sonst.

      „Miteinander zu denken, das würde es besser treffen“, präzisierte Aschendorffer. Er sprach, als ginge es um das Selbstverständlichste der Welt.

      „Aber woher wissen Sie ...?“

      „Was sie denken?“

      „Ja, und dass sie sich überhaupt verstehen?“

      Jetzt war Aschendorffer in seinem Element. „Ich beteilige mich selbstverständlich am Gespräch. Sehen Sie dort.“ Er zeigte auf eine gläserne Kabine, offenbar eine ehemalige Telefonzelle, umgebaut für Aschendorffers zweifelhafte Zwecke, in der ein Schalensitz montiert war, zu dem zahlreiche Drähte, Elektroden, Klemmen, Kopfhörer und sonstige Installationen führten. „Ich setze mich dort hinein, schließe mich an und höre mit. Besser gesagt, ich denke mit. Sie verstehen mich und ich verstehe sie. Ich nenne das Verfahren interspeziale bilinguale Transmission.“

      Biesthal verzog ungläubig den Mund zu einem säuerlichen Lächeln. „Ist nicht Ihr Ernst?“ Aber sie wusste schon, als sie die Frage stellte, dass es selbstverständlich Ernst war. Aschendorffer machte niemals Scherze.

      „Was reden ... äh, denken die ... die beiden Tiere so?“, fragte sie gezwungen.

      „Sie denken Angst. Für mich finden sie keine Erklärung, ich mache ihnen Angst, wenn ich mit ihnen denke. Für sich selbst denken sie ans Fressen. Vorzugsweise. Die Katze denkt an ihre Mutter. Seltsam, nicht? Das hätte man nicht vermutet.“

      Biesthal schüttelte sich. Sie war hart gesotten. In der Umgebung Aschendorffers sowieso. Aber hier wollte sie fürs Erste nicht mehr erfahren.

      „Und wo ist denn nun Ihr Ötzi?“, lenkte sie ab.

      Aschendorffer zog sie zur streng verriegelten Tür, die in die Kühlkammer führte. Während der Professor mit verschlüsselten Geheimcodes die Verriegelung löste, erklärte er: „Ich habe ihn noch nicht angerührt, er ist noch den vollkommen identischen Verhältnissen ausgesetzt, wie in den letzten 5500 Jahren im Eis.“

      „Ah, verstehe!“

      Sie betraten den Kühlraum. Der Gletschermann lag aufgebahrt auf einem in die Wand eingelassenen Podest, eingebacken in seinen kantigen Eiskäfig. Das war es aber nicht, was Aschendorffer und Biesthal nahezu synchron erschrocken zurückweichen ließ. Es war vielmehr der bis unter die Decke reichende Stapel gefrorener Brathähnchen, der eine ganze Seitenfront des Kühlraumes einnahm. Ein Brathähnchenklotz kullerte mit vernehmlichem Poltern vor ihre Füße.

      „Was ist das?“ Frederike Biesthal konnte sich einen spöttischen Unterton nicht verkneifen. „Gehören die auch zum Fund?“

      Aschendorffer stürzte zum Haustelefon, das draußen im Gang in die Wand eingelassen war.

      „Kaymal, Sie Hornochse! Kommen Sie sofort runter in den Kühlraum“, hörte Biesthal ihren Chef brüllen. Wenig später stürmte Meslut Kaymal herein. Er hatte keine Minute gebraucht, wo auch immer im Gebäude er zuvor gewesen war. Als er die geöffnete Tür des Kühlraumes sah und die beiden Wissenschaftler zwischen den gefrorenen Hähnchen, legte sich sofort eine Maske der Zerknirschung auf sein Gesicht. „Oh jeh, oh jeh“, jammerte er.

      „Was ist das?“, fragte Aschendorffer streng.

      Kaymal СКАЧАТЬ