Название: Sophienlust Box 17 – Familienroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Sophienlust
isbn: 9783740980665
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»Sobald jemand nach Bachenau fährt, darfst du mitkommen, Bastian, und nachsehen, wie es Wiking geht«, redete sie dem Knirps zu. »Du siehst doch, dass er hier bei mir viel Gesellschaft findet und ganz bestimmt keine Langeweile haben wird.«
»Machst du wieder Kuchen, wenn ich komme, Tante Andrea?«, fragte Bastian.
»Wenn du Glück hast, haben wir Kuchen da. Wenn nicht, wird es vielleicht auch ein Honigbrot tun«, gab Andrea ruhig zurück. »Aber jetzt darfst du die arme Tante Isi nicht länger warten lassen.«
Bastian stampfte ein letztes Mal mit dem kleinen Fuß auf den Boden. »Wir hätten ja nicht zu fahren brauchen. Warum muss mein Wiking denn überhaupt hierher?«
Andrea zog es vor, die ungezogene Frage nicht zu beantworten. Sie nahm Bastian bei der Hand und führte ihn zu ihrer Mutter. »Hier kommt Bastian, Mutti. Wenn jemand von euch morgen oder übermorgen nach Bachenau fährt, dann möchte Bastian gern mitgenommen werden, damit er noch einmal nach Wiking sehen kann. Geht das?«
»Natürlich, Andrea. Der Oberförster kommt morgen bestimmt vorbei. Herr Bullinger macht das schon. Er holt Bastian auch auf dem Rückweg wieder ab.«
»Siehst du, Bastian, du hast großes Glück.«
Doch das finstere Gesichtchen des Jungen hellte sich nicht auf. Dafür bestand er jetzt trotzig darauf, vorn neben Denise zu sitzen. Um keinen weiteren Ärger zu haben, wurde ihm dieser Wunsch sogar erfüllt, und der allzeit freundliche Nicki begnügte sich mit dem Rücksitz.
»Das wäre für den Anfang geschafft«, seufzte Andrea erleichtert, als der Wagen abfuhr. Sie streichelte Wiking, der dem Auto nachblickte. »Bist ein guter Hund, Wiking. Es wird dir schon bei uns gefallen. Aber so fein wie bei der Familie Schlüter brauchst du dich jetzt nicht mehr zu benehmen. Jetzt kannst du mit Severin, Waldi, Hexe und ihren Kindern herumtollen, so viel es dir nur Spaß macht.«
*
»Genug für heute, Frau Schlüter«, sagte der Professor und klappte sein Buch zu.
Angela Schlüter arbeitete seit mehreren Monaten in Heidelberg bei Professor Fabricius als Privatsekretärin. Sie war froh, dass sie als junges Mädchen Stenografie und Maschineschreiben gelernt und anfangs ihrem Mann auch allerlei schriftliche Arbeiten abgenommen hatte. Aber seit er reich geworden war, gab es in seinem Betrieb nichts mehr für sie zu tun. Im Gegenteil, es war Kurt Schlüter jetzt sogar peinlich, wenn er daran erinnert wurde, dass seine Frau ihm einmal geholfen hatte, aus dem kleinen Betrieb ein riesiges Werk aufzubauen. Er tat so, als wäre er von Anfang an der reiche Mann gewesen, dem es auf einen Tausender nicht ankam.
Angela dagegen fürchtete sich vor dem vielen Geld. Sie hatte Kurt aus Liebe geheiratet. Solange sie ihr gutes Auskommen gehabt hatten, aber nicht im Geld geschwommen waren, war ihre Ehe glücklich gewesen. Damals war ihr Mann noch der gewesen, als den ihn auch Alexander von Schoenecker in Erinnerung gehabt hatte: ein zielstrebiger, selbstbewusster Mann, aber weder aufgeblasen noch größenwahnsinnig.
Jetzt zog Angela Schlüter das sauber getippte Blatt aus der Maschine und legte es auf den Stoß der anderen Blätter, die sie bereits nach dem Diktat des Professors geschrieben hatte. Sie war zu stolz und zu verletzt, um von ihrem Mann Geld anzunehmen. Nein, sie konnte ihren Unterhalt selbst verdienen, wenn er sie schon aus dem Haus trieb und nicht mehr mit ihr zusammenleben wollte!
Professor Fabricius klingelte. Seine Haushälterin – er war schon seit vielen Jahren verwitwet – erschien und brachte wie jeden Tag ein Tablett mit Tee und belegten Broten. Angela füllte die Tassen. Dieser Abschluss des Arbeitstages war nun schon zur Tradition geworden, ehe sie in ihr bescheiden möbliertes Zimmer zurückkehrte. Sie tat die Arbeit bei dem Professor ausgesprochen gern. Zwischen dem weißhaarigen alten Herrn, der an einem wissenschaftlichen Werk arbeitete, und ihr, hatte sich eine Art Vater-Tochter-Verhältnis entwickelt.
»Nun, Frau Angela, wollen wir heute noch einmal über Ihr Problem sprechen, oder ist Ihnen nicht danach zumute?«, fragte der Professor, nachdem die Haushälterin wieder gegangen war.
»Doch, ich bin Ihnen dankbar, Herr Professor. Sie sind der einzige Mensch, bei dem ich mich aussprechen kann. Manchmal kommt mir alles wie ein böser Traum vor.«
»Trotzdem glaube ich nicht, dass es viel Sinn hat, wenn Sie sich weiterhin der Scheidung widersetzen. Ihr Mann wird alle rechtlichen Mittel ausschöpfen und am Ende behaupten, dass Sie aus eigenem Antrieb weggegangen seien.«
»Aber er hat mich fortgeschickt, Herr Professor. Er kann doch nicht die Tatsachen auf den Kopf stellen.«
»Wenn jemand eine Scheidung erzwingen will, ist ihm leider jedes Mittel recht, liebes Kind. Er wird behaupten, Sie hätten ihn verlassen, und daraus lässt sich ziemlich leicht ein Scheidungsgrund konstruieren, bei dem er sogar Ihnen die Schuld in die Schuhe schieben kann. Da er Wert auf sein sogenanntes gesellschaftliches Ansehen legt, wird ihm das besonders willkommen sein. Also ist es besser, Sie gehen auf seine Forderungen ein und retten wenigstens eine ordentliche Abfindung für sich.«
Angela Schlüter machte eine müde Handbewegung. »Das Geld ist mir schrecklich gleichgültig, Herr Professor. Ich kann für mich immer genug verdienen. Millionen anderer Frauen müssen das auch. Das Geld hat unsere Ehe zerstört. Ich hasse es.«
»Trotzdem sollten Sie nicht auf das verzichten, was Ihnen zusteht, liebe Frau Angela. Sie könnten auch einmal krank werden und das Geld benötigen. Außerdem steht Ihnen nach dem Gesetz ungefähr die Hälfte des Vermögens Ihres Mannes bei einer Scheidung zu, denn alles ist ja erst im Laufe Ihrer Ehe, und zwar mit Ihrer Hilfe, erworben worden.«
»Wenn ich den Jungen bekäme, würde ich auf alles verzichten«, seufzte Angela. »Ich weiß jetzt nicht einmal, wo er sich aufhält. Kurt hat mir mitgeteilt, dass Bastian in einem Heim oder Internat sei, wo er standesgemäß erzogen würde. Aber er ist doch erst fünf Jahre alt und braucht in erster Linie Liebe. Früher waren wir glücklich mit unserem Kleinen, der uns erst nach so langen Jahren geschenkt wurde. Kurt war außer sich vor Stolz über seinen Stammhalter. Jetzt aber ist alles anders geworden, und aus Bastian soll ein kleiner Generaldirektor gemacht werden, noch ehe er lesen und schreiben kann. Es ist eine Tragödie, wenn man als Mutter nichts gegen so viel Unverstand und Grausamkeit unternehmen kann. Schon aus diesem Grund bin ich froh, dass ich arbeiten muss und keine Zeit zum Nachdenken finde, Herr Professor.«
Professor Fabricius schob ihr den Teller mit den leckeren Broten hin. »Essen Sie erst einmal ein bisschen. Ich denke, Sie sollten sich den besten Anwalt nehmen. Ich habe mich erkundigt und empfehle Ihnen Dr. Immerling. Er ist ein Experte auf dem traurigen Gebiet der Ehescheidungen und wird bestimmt dafür sorgen, dass Sie zu Ihrem Recht kommen.«
»Trotzdem wird Kurt erzwingen, dass er den Jungen behält und ich ihn höchstens einmal im Monat zu sehen bekomme. Sie kennen meinen Mann nicht, Herr Professor. Wenn er etwas durchsetzen will, erreicht er es auch gegen den besten Rechtsanwalt der Welt.«
Unendliche Mutlosigkeit und Resignation sprachen aus den Worten der unglücklichen Frau.
»Aber wenn es so bleibt wie jetzt, werden Sie den Jungen auch nicht wiedersehen«, entgegnete Professor Fabricius sanft. »Im Gegenteil. Sie setzen sich ins Unrecht. Besprechen Sie Ihren Fall doch einmal ausführlich mit Dr. Immerling. Er kann dann einen Brief an Ihren Mann aufsetzen. Möglicherweise lässt sich am Ende doch erreichen, dass Sie das Kind bekommen. Sie haben sich nichts zuschulden kommen lassen. Es ist Ihr Mann, der auf die Scheidung drängt.«
Angela seufzte. »Ich СКАЧАТЬ