Virginia und der ehescheue Graf. Barbara Cartland
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Название: Virginia und der ehescheue Graf

Автор: Barbara Cartland

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Die zeitlose Romansammlung von Barbara Cartland

isbn: 9781788674683

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СКАЧАТЬ und der Earl fragte sich, ob sich hier jemand einen Schabernack mit ihm erlaubt hatte.

      Er hatte in der Vergangenheit immer wieder Briefe von Frauen erhalten, die ihm unbekannt waren. Aber sie alle hatten stets mit ihrem vollen Namen unterzeichnet und es auch nie versäumt, auf dem Briefumschlag ihre Adresse anzugeben, falls er den Wunsch hatte, mit ihnen in Verbindung zu treten.

      Dieser Brief jedoch enthielt nichts dergleichen. Die Schreiberin hatte sich mit der rasch hingeworfenen Nachricht begnügt. Vielleicht handelt es sich nur um die Reklame für ein neu eröffnetes Nachtlokal, dachte der Earl. Aber er verwarf diesen Gedanken sofort wieder.

      Es war unwahrscheinlich, daß man in diesem Fall auf die Angabe der Adresse verzichtet hätte. Dasselbe galt für ein Schreiben einer der reizvollen Zypriotinnen, die ständig auf der Suche nach neuen Kunden waren.

      Der Earl war schon oft und zu den verschiedensten Gelegenheiten von ihm unbekannten Damen eingeladen worden. Meist handelte es sich dabei um recht zwielichtige Geschöpfe, die es weniger auf seine Person als auf seinen Geldbeutel abgesehen hatten.

      Die Schreiberin dieses Briefes jedoch gehörte nicht zu jener Kategorie. Daran gab es für den Earl keinen Zweifel.

      Vielleicht, dachte er, ist dieser Brief zur Abwechslung einmal genau das, was er zu sein vorgibt: die Einladung zu einem Rendezvous, bei dem er eine für ihn bedeutsame Auskunft erhalten sollte. Er hatte allerdings nicht die leiseste Ahnung, worauf sich diese Auskunft beziehen könnte.

      Die Handschrift ließ ohne Zweifel auf eine gebildete und intelligente Schreiberin schließen, die ein auffallend teures Briefpapier benutzte.

      Der Earl betätigte die Klingel, die auf dem Schreibtisch stand. Augenblicklich wurde die Tür geöffnet, und ein Diener erschien.

      »Barker soll kommen!« befahl der Earl.

      Wenige Sekunden später betrat sein Butler den Raum.

      »Sie haben mich rufen lassen, Mylord?«

      »Ja, Barker. Können Sie sich erinnern, wer diesen Brief für mich abgegeben hat?« Er hielt Barker einen der Briefumschläge, die Lady Genevieves Handschrift trugen, hin.

      »Ja, Mylord«, erwiderte der Butler. »Ich war in der Halle, als ein, Reitknecht in der Livree von Lady Genevieve Rodney ihn überbrachte.«

      »Und dieser hier?« wollte der Earl wissen.

      »Wurde von einem ziemlich zerlumpt aussehenden Straßenjungen abgegeben, Mylord. Ich war ziemlich überrascht, als ich den Umschlag sah. Er paßte ganz und gar nicht zu dem Boten.«

      »Haben Sie den Jungen gefragt, woher er kommt?« erkundigte sich der Earl.

      Er wußte, daß Barker ungewöhnlich neugierig war und daß ihm nur selten etwas, das im Haus geschah, entging,

      »Als ich den Jungen sah«, antwortete Barker würdevoll, »hielt ich es für angebracht, ihm einige Fragen zu stellen.«

      »Und? Was sagte er?«

      »Er sagte, eine Lady habe ihm ein Sixpencestück gegeben, damit er den Brief hier abgebe. Es war einer der Jungen, die ständig am Piccadilly herumlungern und auf die Gelegenheit warten, ein Pferd festzuhalten oder einen Botengang zu übernehmen, Mylord.«

      »Und mehr haben Sie nicht von ihm erfahren?«

      »Nein, Mylord.«

      Der Earl legte den Brief auf den Schreibtisch zurück. Er dachte nicht daran, sich lächerlich zu machen und auf die Bitte der unbekannten Briefschreiberin einzugehen. Er war davon überzeugt, daß es sich hier lediglich um eine neue Variante des alten Versuchs handelte, ihm auf möglichst bequeme Weise das Geld aus der Tasche zu locken.

      Er stützte die Hände auf die Schreibtischplatte und erhob sich aus dem Sessel. Lady Genevieves Briefe ließ er ungeöffnet. Die Mitteilung der Unbekannten beschäftigte ihn.

      Und während er auf die Tür zuging, um die Bibliothek zu verlassen, war er sich darüber im Klaren, daß seine Neugier zu guter Letzt doch den Sieg davontragen würde.

      So, wie er sich kannte, würde er trotz aller gegenteiligen Vorsätze am nächsten Morgen punkt neun am Südaufgang der Serpentine-Brücke sein.

      An diesem Tag ging der Earl später zu Bett als beabsichtigt. Genau genommen kehrte er vom Dinner bei den Devonshires erst einige Stunden nach Mitternacht zurück. Er hatte die Unvorsichtigkeit begangen, sich mit einigen der Gäste in ein politisches Streitgespräch einzulassen.

      Als der Kammerdiener zur gewohnten Zeit das Zimmer betrat, riß er den Earl mitten aus dem tiefsten Schlaf. Ein übelgelauntes Knurren war die Antwort.

      Der Earl hätte sich gern auf die andere Seite gedreht und weiter geschlafen. Doch nichts war ihm so verhaßt wie kaltes Badewasser. Er widerstand also der Versuchung und schwang entschlossen die Beine aus dem Bett.

      Zwanzig Minuten später saß er an der Frühstückstafel und aß ein einfaches Lammkotelett.

      Nach dem Essen fühlte er sich bereits bedeutend besser. Die Schuld an seinem leichten Katzenjammer gab er den überheizten Räumen im Devonshire-Haus und der minderwertigen Qualität des Brandys, den der Herzog seinen Gästen vorgesetzt hatte. Na ja, und im Übrigen war es ja wirklich sehr spät geworden, bis er ins Bett gekommen war.

      In seinem augenblicklichen Zustand sagte sich der Earl war frische Luft immer noch das Beste für ihn.

      Kurz entschlossen verließ er den Frühstücksraum und schritt durch die Halle nach draußen.

      Vor dem Haupteingang wartete ein schwarzer Hengst auf ihn, den er erst in der vergangenen Woche erobert hatte.

      Der Earl reckte sich und atmete tief die kühle Morgenluft. Die Frühjahrssonne schien und tauchte die Dinge in strahlendes Licht. Der Earl spürte, wie sich seine Kopfschmerzen und seine schlechte Laune regelrecht in Nichts auflösten.

      Das Reittier machte einen guten Eindruck. Ein Prachtexemplar, daran bestand kein Zweifel!

      Herrlich das Spiel der Muskeln unter dem schwarzen Fell, während es den Kopf zurückwarf und unruhig auf der Stelle tänzelte.

      Ein stolzes, ungebärdiges Tier, das erst noch zugeritten werden mußte.

      Die beiden Reitknechte vermochten es nur mit Mühe zu bändigen, und der Earl bemerkte die Erleichterung in ihren Gesichtern, als er näher trat und sich mit einem geschmeidigen Satz in den Sattel schwang.

      Das Tier bockte und trat nach hinten aus. Die beiden Männer brachten sich rasch in Sicherheit.

      Der Earl brauchte einige Zeit, um den Hengst unter Kontrolle zu bringen. Doch er saß fest und sicher im Sattel. Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem kaum erkennbaren Lächeln, als Pferd und Reiter in die Piccadilly einbogen.

      Noch bevor sie den Hydepark erreichten, konnte der Earl sich wieder einmal voller Genugtuung sagen, daß er auch diesmal Sieger geblieben war. Der schwarze Hengst hatte begriffen, wer ihn ritt und die Überlegenheit seines Reiters anerkannt.

      Es gab für den Earl keine größere Freude als den Kampf mit einem Pferd, das entschlossen war, seine Freiheit zu verteidigen und sich dem Willen des Menschen nicht zu unterwerfen.

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