Название: Virginia und der ehescheue Graf
Автор: Barbara Cartland
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Die zeitlose Romansammlung von Barbara Cartland
isbn: 9781788674683
isbn:
Lord Yaxley blickte den Freund an. Er wußte besser als jeder andere, wie hart und unnachgiebig der Earl sein konnte, wenn er einmal einen Entschluß gefaßt hatte.
Die beiden ungleichen Männer waren Freunde seit ihrer Kindheit. Ihre gemeinsamen Erinnerungen reichten bis in die Zeit zurück, da sie noch im Kinderwagen gefahren wurden.
Sie hatten dieselbe Schule besucht, im selben Regiment gedient, und eigenartigerweise hatten sie auch im selben Jahr ihre Titel geerbt.
Doch während der Earl geradezu sagenhaft reich war und in der gesellschaftlichen Rangskala eine unvergleichlich höhere Stellung einnahm als Lord Yaxley, lebte der letztere dennoch in durchaus angenehmen und sorglosen Verhältnissen. Und es gab nur wenige angesehene Familien in England, die ihn nicht mit offenen Armen als Schwiegersohn begrüßt hätten.
»Es müßte doch ein Triumph für dich sein, den Sieger für das bevorstehende Derby zu stellen«, sagte Lord Yaxley. »Und nach dem, was ich heute von Delos gesehen habe, bin ich sicher, daß neben ihm kein anderes Pferd auch nur die kleinste Chance haben wird.«
»Da stimme ich dir zu«, versetzte der Earl. »Aber wenn ich Delos nicht mitlaufen lasse, gibt es immer noch Zeus oder Perikles.«
»Das Schlimme ist, daß du stets zu viele Rosinen im Pudding hast, mein Lieber.«
Lord Yaxley lächelte,
»Hast du mich immer noch auf dem Korn, Willoughby?«
Der Earl erhob sich aus dem Sessel und begann in dem kostbar möblierten Raum auf und ab zu wandern.
»Und nach dem Derby wird mir vermutlich der Gold Cup von Ascot und nach Ascot der von St. Leger in der Nase stecken, wie?«
»Warum nicht?« meinte Lord Yaxley.
»Es ist immer derselbe Teufelskreis, in dem ich mich befinde, und aus dem ich nicht herauskomme.« Die Worte des Earl klangen nachdenklich. »Du hast wirklich recht, Willoughby. Ich fange an, mich tödlich zu langweilen. Ich glaube, ich werde mal wieder auf Reisen gehen.«
»Auf Reisen?« rief Lord Yaxley überrascht und richtete sich in seinem Sessel kerzengerade auf. »Weshalb, um alles in der Welt? Und weshalb ausgerechnet während der Rennsaison?«
»Ich fürchte fast, es ist gerade die Rennsaison, die ich so fade finde«, gab der Earl zur Antwort. »Diese endlose Kette von Bällen und Partys. Die unablässigen Einladungen. All der Klatsch und Tratsch, die Skandälchen, die man sich erzählt, die Lügen und Prahlereien. Wie oft habe ich das jetzt schon mitgemacht! Mein Gott, es ist immer wieder die reinste Folter für mich!«
»Du mußt verrückt sein, Osric. Regelrecht verrückt!« rief Lord Yaxley aus. »Du lieber Himmel, im ganzen Land gibt es keinen einzigen Mann, der nicht bereit wäre, seinen rechten Arm dafür zu geben, könnte er mit dir tauschen!«
«Ich wünschte, ich könnte mir etwas vorstellen, das es wert wäre, den rechten Arm dafür zu opfern!« erwiderte der Earl.
Einen Moment lang schwieg Lord Yaxley. Seine Augen ruhten nachdenklich auf dem Gesicht des Freundes.
Dann sagte er ruhig: »Irgendetwas ist dir doch über die Leber gekrochen, Osric!« Es war weniger eine Frage, als eine Feststellung.
Der Earl schwieg. Reglos saß er in seinem Sessel vor der Feuerstelle und starrte in die Flammen.
»Es hat etwas mit Genevieve zu tun, nicht wahr?« sagte Lord Yaxley nach einer Weile.
»Zum Teil«, räumte der Earl zögernd ein.
»Und was genau ist es?«
»Na gut, du willst also die Wahrheit hören«, antwortete der Earl. »Sollst du, mein Freund. Genevieve teilte mir mit, daß sie ein Kind erwartet.«
Verblüfft schaute Lord Yaxley den Earl an. Dann sagte er mit scharfer Stimme: »Das kann nicht stimmen!«
Der Earl wandte den Blick von den tanzenden Flammen und sah dem Freund in die Augen.
»Was meinst du damit?«
»Ich meine damit genau das, was ich sagte«, erwiderte Lord Yaxley. »Es ist nicht wahr. Genevieve lügt. Vor langer Zeit hat sie meiner jüngsten Schwester einmal erzählt, daß sie keine Kinder haben könne. Dies jedenfalls ist das Urteil mehrerer Ärzte, die Genevieve konsultiert hat. Der Grund ihrer Unfruchtbarkeit ist auf einen Sturz vom Pferd zurückzuführen, den sie als Kind erlitt.«
Er machte eine Pause, dann fuhr er fort: »Dies ist auch einer der Gründe, weshalb ich solche Befürchtungen hatte, du könntest sie heiraten. Die Sache geht mich nichts an, ich weiß. Und es liegt mir nichts ferner, als dich in irgendeiner Weise zu beeinflussen oder mich in deine Angelegenheiten einzumischen. Aber über diesen Punkt würde ich mit dir gesprochen haben, bevor es zwischen euch zu einer festen Bindung gekommen wäre.«
Der Earl ließ sich in seinen Sessel zurücksinken.
»Bist du ganz sicher, Willoughby?«
»Todsicher«, erklärte Lord Yaxley. »Meine Schwester ging mit Genevieve auf dieselbe Schule. Ich erinnere mich noch sehr genau, wie sie damals von dem Unfall erzählte. Als Genevieve dann heiratete, war es Rodneys größter Wunsch, daß sie ihm so bald wie möglich einen Sohn schenkte. Wie meine Schwester mir erzählte, haben die beiden einen Arzt nach dem anderen bemüht. Aber niemand konnte ihnen helfen.«
Sekundenlang herrschte Schweigen, dann fuhr Lord Yaxley langsam fort: »Wenn du mich fragst, ist Genevieve fest entschlossen, dich unter allen Umständen einzufangen. Die ganze Geschichte ist eine einzige Lüge. Erfunden in der Hoffnung, daß du dich wie ein Gentleman verhältst und sie zu deiner Frau machst.«
Der Earl erhob sich.
»Danke, Willoughby. Du hast mir in der Tat eine Last von der Seele genommen! Und nun sollten wir uns auf unsere Zimmer zurückziehen. Wenn wir uns morgen früh den Trainingslauf ansehen wollen, müssen wir spätestens um sechs Uhr das Haus verlassen.«
»Nun, da kann ich nur sagen: Ein Glück, daß ich heute Abend nicht zu tief ins Glas geschaut habe«, meinte Lord Yaxley lächelnd und folgte seinem Freund auf den Korridor hinaus.
Er wußte, daß der Earl zum Thema Genevieve nun kein einziges Wort mehr zu verlieren wünschte.
Aber im Grunde war das auch nicht mehr notwendig. Das Entscheidende war ausgesprochen worden.
Lord Yaxley war froh, daß der Earl von sich aus die Sprache auf diesen Gegenstand gebracht hatte. Somit konnte er, Yaxley, dem Freund die Information, die ihm schon so lange auf der Seele lag, weitergeben, ohne daß es wie eine Bevormundung oder Einmischung gewirkt hätte.
So nahe sich die beiden Männer auch standen, Lord Yaxley war sich der Tatsache sehr wohl bewußt, daß der Earl von äußerster Zurückhaltung war, wenn es sich um seine Liebesaffären handelte. Außerdem wußte Lord Yaxley, daß es schon außergewöhnlicher Umstände bedurfte, damit der Earl sich ihm so wie es in dieser Nacht geschehen war anvertraute und offen von seinen Problemen sprach.
»Zum Teufel mit Genevieve«, murmelte Lord Yaxley, nachdem sie sich auf dem Treppenabsatz getrennt hatten und ihre Schlafzimmer aufsuchten.
Er war sicher: СКАЧАТЬ