Gesammelte Werke von Cicero. Марк Туллий Цицерон
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Название: Gesammelte Werke von Cicero

Автор: Марк Туллий Цицерон

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9788027209569

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СКАЧАТЬ möchte nämlich gern hören, welcher Ansicht die ältere Akademie und die Peripatetiker über das höchste Gut gewesen sind. Du wirst uns dies am besten auseinander setzen können, da Du den Neapolitaner Staseas viele Jahre bei Dir gehabt hast, und wir sehn, dass Du schon seit mehreren Monaten in Athen dasselbe von Antiochus zu erfahren suchst. – Piso antwortete lächelnd: Nun wohlan (denn Ihr habt es sehr geschickt eingerichtet, dass ich mit dem Vortrage beginnen muss), ich will diesem Jünglinge es, so viel ich vermag, auseinandersetzen. Unsere Einsamkeit hier ist die Veranlassung; denn wenn auch ein Gott es gesagt hätte, so würde ich nie geglaubt haben, dass ich in der Akademie als Philosoph je einen Vortrag halten würde. Aber wenn ich Euch nur nicht lästig falle, während ich dies ausführe? – Wie sollte bei mir dies möglich sein, sagte ich, da ich selbst Dich darum gebeten habe. Als Quintus und Pomponius sich ebenso ausgesprochen, begann Piso, und ich bitte Dich, mein Brutus, Acht zu haben, ob er die Lehre des Antiochus richtig darstellt; denn Du hast dessen Bruder Aristus oft gehört und wirst deshalb dieser Lehre am meisten zugethan sein.

      Kap. IV. (§ 9.) Er sprach folgendermassen: Welches grosse Rüstzeug für die Wissenschaften in der Lehre der Peripatetiker enthalten ist, habe ich genügend und so kurz als möglich vorhin dargelegt. Der Grundriss dieses Lehrgebäudes hat drei Theile, wie beinah überall; der eine behandelt die Natur, der zweite das Erörtern, der dritte das Leben. Die Natur haben sie so vollständig untersucht, dass kein Theil am Himmel, im Meere und auf der Erde, um mich dichterisch auszudrücken, übersehen worden ist. Ja, sie haben sogar bei Erörterung der Anfänge der Dinge und bei dem Weltall überhaupt nicht allein Vieles als wahrscheinlich dargelegt, sondern nach Art der Mathematiker aus nothwendigen Schlussfolgerungen abgeleitet und so aus den von ihnen erkannten Dingen Bedeutendes zur Erkenntniss des Verborgenen beigebracht. (§ 10.) Aristoteles hat den Ursprung, die Nahrung, die Gestalt aller lebenden Geschöpfe erforscht und Theophrast die Natur der Pflanzen und die Ursachen und Verhältnisse beinah aller Erzeugnisse der Erde, und damit ist die Erforschung der verborgensten Dinge sehr erleichtert worden. Ebenso haben sie Regeln aufgestellt nicht blos für den dialektischen, sondern auch für den rednerischen Vortrag, und Aristoteles hat zuerst die Methode begründet, wonach man einzelne Fragen nach beiden Seiten hin behandelt; er bewegte sich nicht immer, wie Arcesilaus, im Widerlegen, sondern zeigte bei allen Dingen, was sich sowohl für, wie gegen sie sagen lasse. (§ 11.) Im dritten Theile werden die Vorschriften für ein gutes Leben behandelt, und sie haben diese nicht blos für das Privatleben, sondern auch für die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten aufgestellt. Aristoteles hat uns mit den Sitten, Einrichtungen und Vorschriften beinahe aller griechischen und ausländischen Staaten und Theophrast uns mit deren Gesetzen bekannt gemacht. Beide haben gelehrt, was dem Herrscher im Staate gezieme, und in mehreren Schriften die beste Form der Staatsverfassung erörtert. Theophrast hat noch ausserdem gelehrt, wie den Neigungen und Zeitverhältnissen im Staate Rechnung zu tragen sei, je nachdem es die Umstände erfordern. Sie hielten ein ruhiges, mit der Betrachtung und Erkenntniss der Dinge sich beschäftigendes Leben für das vorzüglichste; es sei dem Leben der Götter am ähnlichsten und deshalb für den Weisen das würdigste. Ihre Darstellung bei allen diesen Gegenständen ist glänzend und lichtvoll.

      Kap. V. (§ 12.) Ueber das höchste Gut haben sie zwei Arten von Büchern verfasst; die einen sind allgemein fasslich geschrieben und heissen exôterika, die andern sind gefeilter abgefasst und in Commentarien von ihnen hinterlassen worden. Dadurch entsteht der Schein, als wären die Einzelnen nicht immer einstimmig in ihren Ansichten; in der Hauptsache finden indess keine Unterschiede statt, wenigstens nicht bei den früher genannten; und es herrscht auch unter ihnen keine Uneinigkeit. Allein bei den Fragen über das glückliche Leben und ob das Eine, was die Philosophie im Auge behalten und verfolgen muss, ganz in der Macht des Weisen liege, oder ob es auch durch Widerwärtigkeiten gestört und vernichtet werden könne, zeigen sich bei ihnen allerdings mancherlei Zweifel und eine Verschiedenheit der Meinungen. Vorzüglich hat das Buch Theophrast's »Ueber das glückliche Leben« dies veranlasst, worin den äussern Verhältnissen viel Einfluss zuerkannt wird. Wäre dies richtig, so könnte die Weisheit das glückliche Leben nicht verbürgen, und diese Ansicht scheint mir nachgiebiger und ich möchte sagen weichlicher, als die Kraft und der Ernst der Tugend gestattet. Deshalb halten wir uns an Aristoteles und dessen Sohn Nicomachus. Des Letzteren sorgfältiges Werk über das Sittliche wird zwar dem Aristoteles zugeschrieben, allein ich sehe nicht ab, weshalb der Sohn dem Vater nicht hätte ähnlich werden können. Doch benutzen wir bei Vielem den Theophrast, nur halten wir bei der Tugend mehr als er auf Festigkeit und Stärke. (§ 13.) Ich meine daher, dass wir mit diesen Männern zufrieden sein können; denn ihre Nachfolger sind zwar nach meiner Meinung immer noch besser, als die Philosophen aus den übrigen Schulen, aber sie sind doch so entartet, dass es scheint, als hätten sie ihre Lehre aus sich selbst entnommen. Strato, der Erste nach Theophrast, wollte für einen Naturforscher gelten; er war zwar hier bedeutend, indess brachte er hier sehr viele Neuerungen auf und war in der Ethik sehr dürftig. Sein Schüler Lyco zeigte eine reiche Darstellungsgabe, aber in den Dingen selbst ist er dürftig. Sein Nachfolger Aristo ist scharfsinnig und geschmackvoll, aber es fehlt ihm die Gründlichkeit eines grossen Philosophen. Er hat Vieles geschrieben; seine Sprache ist glatt, aber es macht, ich weiss nicht weshalb, keinen Eindruck. (§ 14.) Ich übergehe Viele, auch den gelehrten und milden Hieronymus, bei dem ich kaum noch weiss, ob ich ihn zu den Peripatetikern zählen kann; denn er verlegte das höchste Gut in die Schmerzlosigkeit, und jede abweichende Meinung bei diesem Punkte muss sich auf die ganze Philosophie ausdehnen. Critolaus wollte die Alten nachahmen und kam ihnen in dem Ernst der Sache am nächsten, allein sein Ausdruck ist zu schwülstig. Trotzdem blieb er nicht innerhalb der alten Grundsätze. Sein Schüler, Diodor, verbindet mit der Sittlichkeit die Schmerzlosigkeit. Auch dieser geht seinen eigenen Weg und kann, da er über das höchste Gut eine abweichende Ansicht hat, kaum zu den Peripatetikern gerechnet werden. Unser Antiochus scheint mir die Ansicht der Alten hierüber am genauesten festzuhalten und zeigt, dass Aristoteles und Polemo hierin dasselbe gelehrt haben.

      Kap. VI. (§ 15.) Unser Lucius handelt daher ganz klug, wenn er vorzugsweise die Lehre über das höchste Gut hören will: denn wenn dieses festgestellt ist, so ist Alles in der Philosophie festgestellt; ist in neuern Dingen etwas übersehn oder unbekannt geblieben, so geht der Nachtheil nicht über die Bedeutung dieser Dinge selbst hinaus; kennt man aber das höchste Gut nicht, so fehlt aller Anhalt für das Leben überhaupt, und die Irrthümer, welche hieraus entstehn, sind so gross, dass man nicht mehr weiss, in welchem Hafen man Zuflucht suchen soll. Dagegen ist mit der Erkenntniss des Endzweckes der Dinge und des höchsten Gutes und Uebels der für das Leben einzuhaltende Weg und die Bestimmung aller Pflichten gefunden. (§ 16.) Man hat dann das Ziel, auf das Alles bezogen werden kann und durch das man die Einrichtung eines glücklichen Lebens, nach dem Alle verlangen, auffinden und sich aneignen kann. Da hierin eine grosse Meinungsverschiedenheit besteht, so werde ich der Eintheilung des Karneades folgen, die auch unser Antiochus gern anwendet. Karneades legte nicht blos dar, was Alles von den Philosophen als höchstes Gut aufgestellt worden ist, sondern auch wie vielerlei Ansichten hier überhaupt aufgestellt werden können. Er bestritt, dass irgend eine Wissenschaft und Kunst aus sich selbst sich entwickeln könne; denn Alles, was von ihr erreicht werden solle, stehe ausserhalb ihrer. Ich brauche dies nicht durch Beispiele des Weitern auseinanderzusetzen; denn offenbar bewegt sich keine Kunst und Wissenschaft blos in sich selbst, sondern etwas Anderes ist sie selbst und etwas Anderes das Ziel, was sie sich vorgesetzt hat. So wie die Arzneikunst auf die Gesundheit, die Steuermannskunst auf die Schifffahrt abzweckt, so die Klugheit auf die Einrichtung des Lebens, und sie muss deshalb ebenfalls von etwas Anderem als Grundlage ausgehn. (§ 17.) Es gilt aber beinah bei Allen für ausgemacht, dass der Inhalt und das Ziel der Klugheit der Natur entsprechend und angemessen sein müsse, so dass es von selbst zu sich ziehe und das Begehren seiner, was die Griechen hormên nennen, erwecke. Dagegen ist man über das, was so anreize und daher von der Natur von Anfang abverlangt werde, nicht einig und deshalb herrscht unter den Philosophen über das höchste Gut grosser Streit. Die Grundlage für die ganze Frage über das höchste Gut und Uebel, wobei es auf das Aeusserste und das Letzte ankommt, hängt davon ab, worin die Grundtriebe der menschlichen Natur gesucht werden СКАЧАТЬ