Gesammelte Werke von Cicero. Марк Туллий Цицерон
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Название: Gesammelte Werke von Cicero

Автор: Марк Туллий Цицерон

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9788027209569

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СКАЧАТЬ man kann nicht zugeben, dass bei allen Thoren die Mängel gleich gross seien und dass L. Tubulus keine grössere Schwachheit und Unbeständigkeit gezeigt habe, wie P. Scävola, auf dessen Antrag er verurtheilt worden ist. Sollten denn die Dinge, in welchen gefehlt wird, sich gleich stehn, und sollte nicht je nach der Grösse oder Kleinheit derselben auch die bei ihnen begangenen Fehler grösser oder kleiner werden? (§ 78.) So scheinen mir denn, um zum Schluss zu kommen. Deine Stoiker hauptsächlich an dem einen Fehler zu leiden, dass sie glauben, zwei entgegengesetzte Ansichten aufrecht erhalten zu können. Denn kann es einen grössern Widerspruch geben, als wenn man sagt, das Sittliche sei allein ein Gut, und dabei anerkennt, dass die Natur uns das Verlangen nach den dem Leben zusagenden Dingen gegeben habe? Indem sie das festhalten wollen, was mit dem erstem Satze stimmt, treffen sie mit Aristo zusammen, und indem sie wieder dies vermeiden wollen, vertheidigen sie sachlich dasselbe, wie die Peripatetiker, aber verbeissen sich in die Worte. Und indem sie diese nicht aus der Ordnung sich herausnehmen lassen wollen, wird ihre Rede und ihr Benehmen noch abschreckender, rauher und härter. (§ 79.) Panätius, den das Finstre und Rauhe in ihren Aussprüchen verletzte, billigte weder die Bitterkeit ihrer Lehrsätze, noch die Stacheln ihrer Erörterungen; er war dort milder und hier klarer; immer führte er den Plato, Aristoteles, Xenokrates, Theophrast und Dikäarch im Munde, wie seine Schriften ergeben. Ich empfehle Dir jene zum eifrigen, fleissigen und angestrengten Studium. (§ 80.) Doch es naht der Abend, ich muss nach Hause zurückkehren; deshalb schliesse ich für heute, aber hoffe, dass wir unsere Besprechung öfter wiederholen werden. – Ich bin dabei, sagte Cato, denn was kann man Besseres thun? Zunächst erbitte ich mir von Dir die Gefälligkeit, dass Du dann meine Widerlegung gegen Deine heutigen Anführungen anhörest; aber bleibe eingedenk, dass Du Alles billigst, was wir wollen, nur dass wir uns andrer Worte bedienen, während ich von Euren Lehren nichts billigen kann. – Du giebst mir, sagte ich, da ein Bedenken auf den Weg; doch wir werden ja sehn. – Mit diesen Worten trennten wir uns.

       Inhaltsverzeichnis

      Kap. I. (§ 1.) Zu jener Zeit, mein Brutus, als ich mit M. Piso in dem Ptolemischen Gymnasium den Antiochus hörte und mit uns mein Bruder Quintus, T. Pomponius und Lucius Cicero, mein Vetter mütterlicher Seite, aber der Liebe nach mein leiblicher Bruder, verabredeten wir, den Nachmittag einen Spaziergang nach der Akademie zu machen, weil der Ort um diese Tageszeit am wenigsten von der Menschenmenge besucht ist. So versammelten wir uns Alle zur besprochenen Zeit bei Piso, wanderten in mancherlei Gespräch von Dipylus aus die sechs Stadien fort und fanden uns in der Akademie, jenen mit Recht berühmten Räumen, angekommen, so einsam, wie wir wünschten. (§ 2.) Da sagte Piso: Ist es ein Geschenk der Natur oder eine Täuschung, dass man sich bei dem Anblick von Orten, wo merkwürdige Männer sich viel aufgehalten haben sollen, erregter fühlt, als wenn man nur von ihren Thaten hört oder ihre Schriften liest? Eben jetzt empfinde ich es; denn Plato tritt mir vor die Seele, der hier zuerst gelehrt haben soll; seine hier angrenzenden Gärten erinnern mich nicht blos an ihn, sondern stellen mir seine Gestalt selbst gleichsam vor Augen. Hier weilte Speusipp, Xenokrates und sein Schüler Polemo; wir sehen hier den Sessel, worauf er sass. Ebenso ging es mir beim Anblick unseres Versammlungssaals, des Hostilischen nämlich, nicht des neuen, der mir kleiner zu sein scheint, seitdem er vergrössert worden ist. Da gedachte ich des Scipio, Cato, Lälius und vor Allen unseres Grossvaters. Diese, die Erinnerung anregende Kraft solcher Orte ist so gross, dass man nicht ohne Grund die Gedächtnisskunst von ihr abgeleitet hat. – (§ 3.) Darauf sagte Quintus: Es ist so, wie Du sagst, mein Piso; denn auch mich zog jener Ort Kolonos, als ich hierher kam, zu sich, und sein ehemaliger Insasse, Sophokles, stand mir vor Augen, den ich, wie Du weist, so bewundere und an dem ich mich so ergötze. Mich erschütterte die Gestalt des Oedipus aus älterer Zeit, wie er hierher kommt, und in jenen gefühlvollen Versen fragt, welcher Ort es sei. Es war nur ein Schatten, aber dennoch erschütternd. – Darauf sprach Pomponius: Ihr pflegt mich als einen ergebenen Anhänger des Epikur zu verspotten, und ich bin auch viel bei Phädrus, den ich, wie Ihr wisst, hoch verehre, in den Gärten des Epikur, an welchen wir eben vorbei gegangen sind. Wenn ich nun auch nach einem alten Sprüchwort mich der Lebenden erinnere, so würde ich doch auch des Epikur nicht vergessen, selbst wenn ich wollte, da unsre Freunde dessen Bild nicht blos in Gemälden besitzen, sondern auch an den Bechern führen und an den Ringen tragen.

      Kap. II. (§ 4.) Darauf sagte ich: Unser Pomponius scheint nur zu scherzen und vielleicht für seine Person mit Recht; denn er hat sich in Athen so fest niedergelassen, dass er beinahe zu einem Attiker geworden ist und davon noch den Beinamen erhalten wird. Indess stimme ich Dir, mein Piso, bei; es geschieht häufig, dass die Orte unsre Gedanken lebhafter und genauer zu berühmten Männern zurückführen. Du weisst ja, wie ich auch einmal mit Dir nach Metapont gekommen und nicht eher zu dem Gastfreund gegangen bin, als bis ich den Ort, wo Pythagoras sein Leben beschlossen hat, und bis ich seine Wohnung gesehn hatte. Allerdings bietet Athen allerwärts durch seine Plätze Erinnerungen an grosse Männer; aber jetzt ist es dieser Sessel, welcher mich erregt. Karneades sass darauf und ich glaube ihn zu sehn; denn sein Bild ist bekannt und beinahe scheint es, als wenn dieser Sessel, nachdem dieser grosse Geist ihn verwaist gelassen hat, danach verlangte, seine Stimme zu hören. – (§ 5.) Hierauf sagte Piso: Alle haben gesprochen, aber was meint denn unser Lucius? Hat er gern den Ort geschaut, wo Demosthenes und Aeschines miteinander zu kämpfen pflegten? Denn Jeder wird hierbei am meisten durch seine eigene Lieblingsbeschäftigung bestimmt. – Hierauf sagte dieser erröthend: Frage mich nicht; bin ich doch sogar zu dem Hafen Phalaris herabgestiegen, wo Demothenes bei der Brandung zu sprechen pflegte und sich übte, das Getös der Wellen mit seiner Stimme zu überbieten. Auch war ich so eben ein wenig rechts ab des Weges gegangen, um das Grabmal des Perikles zu sehn, obgleich dies Schauen hier eigentlich kein Ende nimmt, denn wohin man den Fuss in dieser Stadt setzt, trifft man auf die Spuren früherer Ereignisse. – (§ 6.) Darauf sagte Piso: Soweit diesr Eifer, mein Cicero, Dich treibt, jenen grossen Männern nachzuahmen, ist er ein Zeichen von Geist; aber das blosse Sehen dieser Denkmäler alter Erinnerungen ist nichts als Neugierde; deshalb ermahnen wir Alle Dich, der, wie ich hoffe, vorwärts eilt, diese Männer nicht blos kennen zu lernen, sondern ihnen auch nachzuahmen. – Darauf sagte ich: Er handelt zwar, mein Piso, schon so, wie Du verlangst, aber trotzdem ist mir Deine Ermahnung willkommen. – Darauf erwiderte Piso mit seiner gewohnten Freundlichkeit: Wir Alle wollen das Mögliche für diesen Jüngling thun, namentlich soll er auch einen Theil seines Eifers der Philosophie zuwenden, sei es, um Dir nachzufolgen, den er liebt, oder sei es, um das, wonach er strebt, später vollbringen zu können. Aber sage uns, Lucius, bedarfst Du erst unsrer Ermahnungen oder hast Du nicht schon selbst die Neigung dazu? Wenigstens scheinst Du mir die Vorträge Deines Lehrers Antiochus sehr aufmerksam zu hören. – Darauf erwiderte dieser ängstlich oder vielmehr verschämt: Ich thue dies zwar, aber hörtest Du nicht eben vom Karneades reden? Zu diesem zieht es mich heftig hin; allein Antiochus holt mich zurück; auch ist kein Lehrer weiter hier vorhanden. –

      Kap. III. (§ 7.) Darauf sagte Piso: Wenn es sich auch nicht so leicht wird machen lassen, da dieser hier ist (er meinte mich), so will ich doch versuchen, Dich von dieser neuen Akademie weg zu jener alten zu führen, zu welcher, wie Du von Antiochus gehört haben wirst, nicht blos die sogenannten Akademiker, wie Speusipp, Xenokrates, Polemo, Crantor mit den Uebrigen gehören, sondern auch die alten Peripatetiker, deren Erster Aristoteles ist, ein Mann, den ich, von Plato abgesehn, für den grössten Philosophen erklären möchte. Wende Dich also, ich rathe es Dir, zu diesen. Aus deren Schriften und Vorträgen können alle höhern Wissenschaften, alle Geschichte, aller Glanz im Vortrage geschöpft werden, und die Mannichfaltigkeit ihrer Anweisungen ist so gross, dass Niemand ohne diese Hülfe zu irgend einem bedeutenderen Unternehmen gehörig vorbereitet angesehn werden kann. Aus ihnen sind die Redner, die Feldherren, die grössten Staatsmänner hervorgegangen, und selbst, um Geringeres zu erwähnen, die Mathematiker, die Dichter, die Musiker, die Aerzte sind in dieser Schule aller Künste gebildet СКАЧАТЬ