Gesammelte Werke von Cicero. Марк Туллий Цицерон
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Название: Gesammelte Werke von Cicero

Автор: Марк Туллий Цицерон

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9788027209569

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СКАЧАТЬ von demselben Einwand getroffen, dessen ich mich schon vorher bedient habe. Wenn nämlich die mancherlei Fehler deshalb in der Grösse nicht verschieden sein können, weil bei dem höchsten Gute, wie Ihr es bildet, keine Vermehrung eintreten könne, so muss vielmehr, da es klar ist, dass die Fehler aller Menschen nicht gleich sind, Euer höchstes Gut eine Aenderung erleiden; denn wir müssen festhalten, dass, wenn eine Folge sich als falsch ergiebt, nothwendig der Satz, aus dem die Folge hervorgeht, falsch sein muss.

      Kap. XXV. Was ist nun die Ursache von all diesen Verlegenheiten? Nur eine ruhmsüchtige Prahlerei bei Bildung des höchsten Gutes. Denn wenn nur das Sittliche das alleinige Gut sein soll, so fällt damit die Sorge für die Gesundheit fort, so wie die Thätigkeit in den eignen Angelegenheiten, die Theilnahme an den Staatsgeschäften, die Ordnung in der Führung der Geschäfte und alle Pflichten am Leben; ja, jenes Sittliche selbst muss aufgegeben werden, in welches Ihr Alles verlegt. Chrysipp hat dies am sorgfältigsten gegen Aristo dargelegt. Aus dieser Schwierigkeit sind nur jene »irreführenden Bosheiten«, wie Accius sagt, entstanden. (§ 69.) Denn die Weisheit wüsste nicht, wohin sie den Fuss setzen sollte, wenn alle Pflichten aufgehoben würden, und dies geschah, wenn alle Auswahl und aller Unterschied beseitigt wurden, welche nicht bestehen konnten, sobald alle Dinge einander so gleich gemacht wurden, dass eines nicht mehr, als das andere anzog. Aus dieser Verlegenheit gingen jene Spitzfindigkeiten hervor, die schlimmer waren als die des Aristo; denn dessen Sätze waren noch einfach, die Eurigen sind aber hinterlistig. Denn wenn Du den Aristo fragst, ob er die Schmerzlosigkeit, den Reichthum, die Gesundheit, zu den Gütern rechne, so wird er es verneinen, und auf die Frage, ob deren Gegentheile nicht Uebel seien, wird er auch dies bestreiten. Fragt man aber den Zeno, so wird er zwar mit denselben Worten antworten, aber, wenn man verwundert Beide fragt, wie wir unser Leben führen können, wenn wir es für gleichgültig halten sollen, ob wir gesund oder krank seien, ob wir von Schmerzen frei oder davon gepeinigt werden und ob wir uns gegen Kälte und Hunger schützen können oder nicht, so wird Aristo sagen, dass man grossartig und herrlich lebe, wenn man thue, was Einem beliebe, sich niemals ängstige, niemals begehre und niemals sich fürchte. § 70. Was sagt aber Zeno? Er sagt, das seien Missgeburten des Denkens und man könne unter diesen Bedingungen nicht leben; indess sei der Unterschied zwischen dem Sittlichen und Unsittlichen ein ungeheurer, ich weiss nicht wie grosser, aber unter den übrigen Dingen besteht kein Unterschied. (§ 71.) So weit sagt er dasselbe; aber nun höre und lache nicht, wenn Du es vermagst. Diese mittlern Dinge, sagt er, zwischen denen kein Unterschied bestehe, sind aber doch so beschaffen, dass Einzelnes davon zu wählen. Anderes zu verwerfen und vieles Andere für gleichgültig zu halten ist; d.h. man soll Einzelnes wollen. Anderes nicht wollen und um wieder Anderes sich nicht kümmern. Aber, erwidert man, Du hattest doch eben gesagt, dass in diesen Dingen kein Unterschied bestehe; darauf wird dann Zeno sagen, dass er auch noch jetzt dabei bleibe, denn in den Tugenden und Fehlern bestehe auch kein Unterschied.

      Kap. XXVI. (§ 72.) Ich frage, wer hat dies nicht gewusst? Indess höre man weiter. Er sagt, die Gesundheit, der Reichthum, die Schmerzlosigkeit, welche Du genannt hast, nenne ich nicht Güter, sondern auf Griechisch proêgmena, d.h. in Eurer Sprache wörtlich: Vorgezogene; doch möchte ich sie Vorangestellte oder Vorzügliche nennen, da dies erträglicher und gelinder klingt. Ebenso nenne ich die Krankheiten, die Armuth, den Schmerz, nicht Uebel, sondern wenn es gefällt, Zurückgestossene. Deshalb sage ich nicht, dass ich jene Dinge begehre, sondern nur wähle; ich wünsche sie mir nicht, sondern nehme sie nur, und ebenso fliehe ich ihre Gegentheile nicht, vielmehr sondere ich sie nur gleichsam ab. – Was sagt aber Aristoteles und die andern Schüler des Plato? dass sie alles Naturgemässe Güter nennen, und ihre Gegentheile Uebel. Siehst Du nun nicht, dass Dein Zeno in den Worten mit Aristo zusammentrifft, in der Sache aber von ihm abgeht, dagegen mit Aristoteles und den Andern in der Sache übereinstimmt und nur in den Worten abweicht? Aber weshalb will man, wenn man in der Sache einig ist, nicht in den gewohnten Worten sprechen? Oder werde ich lernen, bereitwilliger das Geld zu verachten, wenn ich es zu den vorgezogenen Dingen und nicht zu den Gütern rechne, und tapferer den Schmerz zu ertragen, wenn ich ihn hart, schwer erträglich und naturwidrig nenne, als wenn ich ihn zu den Uebeln rechne. (§ 73.) M. Piso, unser vertrauter Freund, hat neben vielem Anderen auch diese Meinung der Stoiker in seiner Weise verspottet. Wie, sagte er, Du leugnest, dass der Reichthum ein Gut sei und nennst ihn ein Vorgezogenes; aber was hilft dies? Wird der Geiz deshalb abnehmen? Wie sollte dies kommen? Hält man sich an die Worte, so ist zwar das Vorgezogene ein längeres Wort als das Gut. – Das thut nichts zur Sache, sagt Ihr. – Nun gut, aber sicherlich ist es bedeutungsvoller. Allerdings weiss ich nicht, woher der Name Gut kommt; aber das Vorgezogene kommt wohl daher, weil es andern vorgezogen wird. Dies scheint mir wahrhaftig von grosser Bedeutung. Also, sagte er, hat Zeno den Reichthum, indem er ihn zu dem Vorgezogenen rechnet, höher gestellt als Aristoteles, der ihn nur als ein Gut anerkennt, aber nicht als ein grosses Gut, vielmehr als ein solches, was dem Rechten und Sittlichen nachgesetzt werden müsse, und um dessen Erlangung man keine zu grosse Mühe aufwenden solle. Ebenso sprach er über alle jene andern Dinge, bei welchen Zeno den Namen verändert hatte; diese Dinge, die nach Zeno keine Güter und keine Uebel sein sollten, habe er danach, und zwar die Güter mit anziehenderen, und die Uebel mit abschreckenderen Namen, als wir, bezeichnet. So Piso, ein vortrefflicher Mann, der Dir, wie Du weisst, ganz ergeben war. Ich möchte nun, um endlich zum Schluss zu kommen, nur noch Einiges hinzufügen; denn es würde zu weit führen, wenn ich auf Alles antworten wollte, was Du gesagt hast.

      Kap. XXVII. (§ 74.) Mittelst derselben glänzenden Worte habt Ihr es zu Königreichen und Macht und so grossen Reichthümern gebracht, dass Ihr sagen könnt, Alles in der Welt gehöre dem Weisen. Er allein soll überdies schön, frei und ein Bürger sein; die Thoren sollen von alledem das Gegentheil sein; ja, Ihr lasst sie sogar verstandlos sein. Ihr nennt das paradoxa wir wollen es Wundersätze nennen. Allein wo bleibt das Wunderbare, wenn man näher hinzutritt? Ich will mit Dir die Dinge, die Du unter jedem dieser Worte begreifst, vergleichen, und es wird sich kein Meinungs-Unterschied herausstellen. Ihr sagt, dass alle Fehler gleich gross seien. Ich mag jetzt mit Dir nicht so scherzen, als es über dieselben Dinge von mir gesah, wie ich den Murena gegen Deine Anklage vertheidigte. Ich musste damals zu Ungelehrten sprechen, auch Etwas der Zuhörerschaft zum Besten geben; jetzt haben wir die Frage eindringender zu erörtern. (§ 75.) Die Fehler sollen gleich sein, aber in welcher Weise? Ihr sagt, weil es über das Sittliche hinaus nicht noch ein mehr Sittliches geben könne. Allein ich bitte fortzufahren, denn hierüber herrscht grosse Meinungsverschiedenheit. Ich müsste die besondern Beweisgründe hören, weshalb alle Fehler gleich gross sein sollen. Ihr sagt: Wenn von mehreren Saiten einer Cither keine so gestimmt ist, dass sie zusammenstimmen, so sind alle gleich missgestimmt, und ebenso weichen alle Fehler gleich ab, eben weil sie abweichen; sie sind deshalb gleich. Allein wir werden hier durch eine Zweideutigkeit getäuscht. Allerdings kann es alle Saiten gleich treffen, dass sie verstimmt sind, aber deshalb sind sie nicht alle gleich verstimmt. Dies Gleichniss kann also nichts beweisen. Denn wenn mehrere Geizige als Geizige sich alle gleich sind, so ist doch ihr Geiz noch nicht bei allen der gleiche. (§ 76.) Aber es kommt noch ein anderes unpassendes Gleichniss. Ihr sagt: Ein Steuermann fehle gleich sehr, mag er ein Schiff mit Spreu oder ein Schiff mit Gold umschlagen lassen; ebenso, fehlt auch Derjenige gleich, welcher seinen Vater und seinen Sclaven widerrechtlich schlägt. Aber seht Ihr nicht, dass es die Kunst des Steuermanns nichts angeht, welche Art von Gütern er geladen hat. – Deshalb hat es auf das gute oder schlechte Steuern keinen Einfluss, ob das Schiff mit Spreu oder mit Gold beladen ist; aber den Unterschied zwischen dem Verwandten und dem Sclaven kann man kennen und soll ihn kennen. Deshalb kommt bei dem Steuern nichts, bei den Pflichten aber viel darauf an, in welcher Art gefehlt wird. Und selbst bei dem Steuermann ist der Fehler, wenn das Schiff durch seine Nachlässigkeit untergegangen ist, grösser, wenn es Gold als wenn es Spreu geladen hatte; denn bei jedem Geschäft verlangt man die Anwendung der gewöhnlichen Klugheit und Vorsicht; Alle, welche ein Geschäft betreiben, müssen sie haben, und deshalb können selbst in diesem Sinne die Fehler nicht als gleich gelten.

      Kap. XXVIII. (§ 77.) Allein die Stoiker halten an dem Ausspruch trotzdem fest und wollen in Nichts nachgeben. Da alle Fehler, sagen sie, aus der Schwachheit und СКАЧАТЬ