Название: Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué
Автор: Friedrich de La Motte Fouque
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027207022
isbn:
Wollte Gott, rief Thorwald, Ihr wärt der Einzige und der Mächtigste, dem ich solche Grillen auszureden hätte! Mich dünkt immer, wir Beide würden noch einig. Ihr gesteht mir doch zu, daß gegenwärtig ein Verfechter der Tugend und Schönheit andre Thaten vollbringen müßte und auf eine andre Weise als jene fabelhaften Ritter. Nicht wahr? Statt Eines Schwerdtes müßte er nun schon wenigstens ein Paar hundert lenken können, für täglich neue und wechselnde Abentheuer, bestimmt die Seite Einer religiösen und politischen Parthei in unserm angefangnen Bürgerkriege erwählen. –
Das Letztre möchte nicht so unbedingt nothwendig seyn, sagte Alwin; wenn man nur die Gefährten darnach fände.
Zugegeben Euer und Eurer Spießgesellen abentheuerliches Glück, erwiederte Thorwald, bleiben Eure Wege doch immer anders gestaltet als die vor hundert und tausend Jahren.
Würde daraus etwas gegen mich folgen, und gegen meine Hoffnungen auf ein poetisches Leben? fragte Alwin.
Allerdings, antwortete Thorwald. Eins greift unaufhaltsam in das Andre. Keine fahrenden Ritter, keine Heldensänger. Aus den Waffen schallt der Klang hervor, der erweckend über die Cithersaiten dahin streift.
Nur, sagte Alwin, daß uns keinesweges die Aussicht in die herrliche Vergangenheit abgeschnitten ist, noch abgeschnitten werden kann.
Wenn sich doch Niemand mit solchen Rückblicken täuschen wollte! rief Thorwald. Hin ist hin. Die Zeit reißt uns unaufhaltsam vorwärts, wie jämmerlich wir uns dagegen auch sperren mögen. Weisheit ist es allein, der Mächtigen willig zu folgen, und unter die Wissenden ihres Rathes zu gehören. Ihr wollt doch verstanden seyn, wenn ihr dichtet. Das besagt die Stimme, welcher Ihr die lustigen Gebilde anvertraut. So redet denn zu Euern Mitmenschen, wie sie es hören wollen und können, singt aber keine Minneliedchen in einer bedächtigen Staatsversammlung, sondern höchstens einmal zur Erholung etwas Bekanntes, wenn sich die ganze Gesellschaft darnach sehnt. Schon ist es mit der mündlichen Mittheilung beschränkter geworden: man druckt Bücher, und was sollte daraus für Eure Kunst entstehn?
Vielleicht wieder ein ganz neues Sängerleben, erwiederte Alwin, davon wir jetzt noch keinen rechten Begriff haben. Denkt Euch, daß man mit einem Gedichte ganz Deutschland anregen könnte, tausend niegesehne Freunde gewinnen, da man bei dem Gesange doch immer auf den zufälligen Kreis der Hörer beschränkt bleibt.
Ein drolliger Gedanke, sagte Thorwald. Das Reisen der Minne- und Meistersänger hätte alsdann billig aufgehört, und der ächte Poet machte hinter seinem Ofen hervor, spirituelle Reisen um die Welt. Der ächte Poet, sage ich, denn vergeßt bei solcher Schiffahrt nicht die gefährlichste Klippe, daß nämlich Niemand weiß, wie er mit sich selber daran ist.
Das gilt von jeder Unternehmung, wandte Alwin ein.
Von einer poetischen ganz vorzüglich, sagte Thorwald. Ihr sehnt Euch vielleicht nur ein gutes Lied zu hören, und bildet Euch darüber ein, es wandle Euch die Begeisterung an, selbst eins zu dichten. Bei andern Arbeiten tritt Gefahr oder Schwierigkeit sichtbar in den Weg, uns befragend, wie viel wir der Kräfte mitbringen, sie zu besiegen. Hier aber geht Alles aus Luft in Luft, und ist daher auch bald mit ein Paar lustigen Worten wo nicht abgemacht, doch verkleidet.
Und doch, sagte Alwin, wollt Ihr auf diese Lust das Gebäude meines Glückes gründen, oder ich habe Euch Gestern Abends unrecht verstanden.
Allerdings habt Ihr das, sagte Thorwald. Die Welt ist so beschaffen, daß man sich durch irgend eine Spielerei darin einführen muß, um für eine Person gehalten zu werden. Dazu kann Euch das zufällige Talent, was Ihr jetzt so hoch anschlagt, wohl dienen, wie dichtrisch oder undichtrisch es auch in Euerm Innern aussehn mag. Glaubt mir aber, daß ich bei Euch etwas Höheres spüre, und auch dem Gemäßes mit Euch im Sinne habe.
Unter solcherlei Gesprächen waren sie bis zur Einsiedelei gekommen.
Viertes Kapitel
Der Eremit hatte kaum Zeit gehabt, den beiden Reisenden mit freundlicher Bewillkommung ihre Pferde abzunehmen, und diese unter eine Bedachung, welche für diesen Behuf erbaut schien, zu bringen, als schon wieder Hufschläge, den Bergpfad herab, neue Gäste ankündigten. Wirklich sah man auch bald darauf einen Kriegsmann nebst einer Dame, beide zu Roß, aus dem Walde hervor kommen. Das verschleierte Frauenzimmer, ihrem Wuchse nach jung und zart, schien sehr ermattet. Ihr Begleiter unterstützte sie mit einer Hand, während der geduldige Zelter sie im sichern Schritte fort trug, und hob sie vor der Thüre der Einsiedelei mit vieler Sorgsamkeit vom Sattel. Beim Eintrit in das kleine Gemach, schien die Dame vor großer Erschöpfung nichts zu bemerken. Sie war in Schwarz und Weiß fast wie geistlich gekleidet, wogegen der Anzug des Kriegsmann seltsam abstach. Dieser trug ein ledernes Koller, drüber ein prächtiges Wehrgehäng, die Schärpe purpurfarb und reich mit Golde gestickt, vielfarbige Federn auf dem Hute, große Schlaghandschuh, bis an den Ellenbogen hinaufgehend. Er grüßte die beiden Reisenden freundlich, und rief dem Einsiedel zu: die Sorge wegen der Pferde möge er nur ihm überlassen, lieber aber einen Trunk Wein für die ermattete Dame bringen. Sobald er seinen Wirth hereintreten sah, verließ er die Hütte, um nach den Pferden zu gehn. Die Dame blieb wie in halber Ohnmacht sitzen. Unterdeß der Einsiedel aus einem Wandschränkchen Flasche und Becher hervor suchte, betrachtete Alwin die Fremde mit großer Neugierde, ja mit inn'rer Bewegung, so wunderbar erschien ihm das Edle ihrer Gestalt, welche aus Mattigkeit und Furcht unverkennbar hervorleuchtete. Als der Einsiedel mit dem gefüllten Becher zu ihr ging, schien sie den Schleier aufheben zu wollen, ließ ihn aber gleich wieder fallen, mit dem lauten Ausruf: Jesus Maria! Ein Mönch!
Auf ihr Geschrei trat der Kriegsmann sogleich in die Thür, und als errathe er schon Alles, sprach er: beruhige dich, Emilie. Wir sind bei einem stillen Klausner, der alle Fremde ohne Unterschied willig beherbergt. Wie Du zitterst, fuhr er fort, indem er sich an ihre Seite setzte, Sieh' doch, ich bin ja bei Dir. Sie schmiegte sich ihm mit vieler Anmuth näher an, und nahm den Becher aus seiner Hand. Indem sie den Schleier zum Trinken lüftete, bemerkte Alwin zwei schwellende Rosenlippen, die sich äußerst lieblich in das Gold des Weines tauchten. Der Kriegsmann nahm den Becher, welchen sie ihm zurück gab, und trank den Rest, sorgfältig den Mund an der Stelle ansetzend, wo seine liebliche Gefährtin getrunken hatte. Darauf wandte er sich zu Thorwald und Alwin, gleichsam als wollte er nun erst sehn, mit wem er denn eigentlich zu thun habe, und ließ die gewöhnlichen Fragen der Reisenden ergehn nach Richtung und Ziel der Fahrt. Kaum nannte ihm Thorwald Braunschweig und seine Stelle als Secretarius bei'm Herzog, so fragte er mit vieler Lebhaftigkeit, ob man wohl den tapfern Christian jetzt in seiner Residenz finde. Auf Thorwalds verneinende Antwort wandte er sich wie tröstend zu der Dame: Sei nur ruhig, Kriegsleute finden sich immer zusammen, denn Ehre ist der Magnet, der von allen Weltenden her solch Eisen anzieht. Man schließt aneinander, eh' man's gedacht. Und schreckt Dich die weitre Reise, so bleibst Du in Braunschweig unter dem Schutze irgend einer ehrbaren Frau. Um Gotteswillen lispelte die Dame halbweinend, mit einer unendlich süßen Stimme, um Gotteswillen, denke nicht daran, mich zu verlassen. Wie Du meinst, sagte der Kriegsmann. Mir ist es willkommen, und sichrer kannst Du nirgends seyn, als unter meinem Schutz, und dem meiner wackern Gefährten. Horch' auf; sie melden sich schon.
Man vernahm schnaubende Rosse, und Geklirr von Rüstungen. Ein Geharnischter trat herein. Hats viel gekostet? fragte ihn der Kriegsmann. Nein, war die Antwort. Ein Paar Fleischwunden. Der Kurd blutet ein wenig stark, kann aber doch immer noch zu Rosse sitzen. Gut, sagte der Kriegsmann. Dafür bin ich's ein andermal wieder, der Euch den Rücken frei hält. Lagert Euch im Walde. Ein zwei bis drei können zu Pferd bleiben.
Wollen wir denn nicht weiter? sagte die Dame. Mir drückt's hier das Herz ab, und was Du СКАЧАТЬ