Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué. Friedrich de La Motte Fouque
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Название: Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué

Автор: Friedrich de La Motte Fouque

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027207022

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СКАЧАТЬ Vater in der untern Halle mit Thorwald sprechen, und besann sich, daß er nicht wie ein weichherziger Knabe vor dem fremden Manne erscheinen müsse, dessen Mitleid ihm ein brennendes Gefühl der Schaam erweckt haben würde. Er sprang aus dem Bette, weinte die letzten Thränen auf die mütterliche Hand, welche ihm Licht hinein reichte, sobald er sich regte, und suchte nun allen Stolz und alle Kraft in sich hervor, um der immer wiederkehrenden Wehmuth zu begegnen. Es war, als riefe ihm die vertraute Kammer aus allen Seiten ein Lebewohl zu, aber er strebte es zu überhören. Im Forteilen streifte er an seine Cither, die er gestern Abends mit heraufgenommen hatte, und die Saiten gaben einen klagenden Ton. Nein, nein, weine nicht, sagte er aufs freundlichste. Du wenigstens sollst mit mir. Er nahm sie unter den Arm, und eilte in die Halle.

      Rudolph und Thorwald gingen mit einander im ernsten Gespräche auf und ab. Der Letztre betrachtete den Jüngling, wie er mit der Cither hereintrat, voll sichtlichen Wohlgefallens, und fragte ihn, ob er gern mit ihm gehe. Ihr seht mich reisefertig, antwortete Alwin. Ganz recht, sagte Thorwald. Ihr erinnert mich, daß ich eben eine lächerliche Frage gethan habe, die aber mit vielen andern, bedeutungslosen so gäng und gebe geworden ist, daß man sich ihresgleichen kaum abwehren kann. Auf die That kommt es an. Denn natürlich müßt ihr die Reise wenigstens lieber vornehmen, als Alles andre, was Ihr in diesem Augenblick thun könntet, sie zu vermeiden. Ihr hättet ja sonst leichte Wahl.

      Mein Sohn, sagte Rudolph, Du hast Dich vielleicht gewundert, daß ich Dich so schnell fortschicke. Und doch denke ich auch wieder, es könne in diesem Entschluß nichts Neues für Dich liegen. Wir haben oft des Abends am Feuer von der Welt geplaudert und meinen ritterlichen Zügen durchhin. Da ist mir öfters aufgefallen, wie es nicht der Wiederschein von der Flamme auf dem Heerde war, wovon Dein Gesicht so wunderhell aufglühte, sondern von einer tiefern, heiligern in Deiner Brust. Zieh hin mit Gott, mache Deinem Namen Ehre, und mir und der Mutter jetzt das Herz nicht zu weich.

      Ihr sollt hoffentlich Euern Sohn an mir nicht verkennen, erwiederte Alwin, und die Drei schritten nun schweigend neben einander her, während die Mutter ab und zu ging, dies und jenes besorgend, ihre rothgeweinten Augen unter mancherlei Vorwand abwendend. Man fühlte das Drückende des Abschiedes recht schmerzlich, und sah mit einer Art von Ungeduld nach dem Fenster, ob die Pferde der Reisenden noch nicht da seien. Demungeachtet schrack die Familie zusammen, als sie Roßhufe über den gepflasterten Hof heran kommen hörten. Schnell fort, und glückliche Wiederkehr, sagte Thorwald. Die Mutter wandte sich von ihm, und legte ihr Gesicht an Alwins Brust. Dann erhob sie sich, und indem er vor ihr niederkniete, legte sie die Hände seegnend auf sein Haupt. Rudolph trat auch heran, und es fiel dem Jüngling ein, daß sie an demselben Tische waren, wo sie gestern Abends die Geschichte vom jungen Kunrath gelesen hatten. Wer soll Euch denn nun aus der alten Handschrift vorlesen? fragte er, und die Thränen drangen unaufhaltsam in sein Auge. Ach, rief die Mutter, laut weinend, wer hätte gedacht, das Bild sollte sobald an uns selber wahr werden! Rudolph hielt die Hand vor's Gesicht, und sagte mit gebrochner Stimme: zu Roß, junger Edelmann! Zu Roß!

      Als sie schon aus dem Thore waren, blickte Alwin noch einmal um, und sah, wie der alte Knecht den getreuen Waidewuth am Halsbande hielt, der sich vergeblich mühte, seinem jungen Herrn nachzukommen.

       Inhaltsverzeichnis

      Sie ritten in der Dämmerung schweigend neben einander hin, bis endlich Thorwald anfing: es ist nicht gut, daß die mehrsten Trennungen am frühen Morgen geschehn. Man hat den langen Tag vor sich, der mit jeder Viertelstunde gleichsam die Glocke zieht, uns zu erinnern, daß wir aus dem gewohnten Kreise gerückt sind, und Alles verändert und fremd auf uns zutritt. Und dann die schaurige Morgenkühle nach den Thränen des Abschieds, meist nach einer schlaflosen Nacht! Reiste man gegen Abend fort, so wäre Alles besser. Die Rückbleibenden weinten sich auf ihren Kissen ein, und der Wandersmann empfände auf dem ungewohnten Nachtpfade so viel Wunderliches, ja Erschütterndes daß ihm wenig Zeit bliebe, sich der schmerzlichen Wehmuth hinzugeben. Noch ungerechnet, daß ihm die Zeichen der verlaßnen Heimath nicht so fernher nachblickten, als wollten sie ihn wieder zu sich hin locken.

      Alwin schaute unwillkürlich zurück, und die Thürme der väterlichen Burg streckten sich über die Baumwipfel hervor. Er antwortete nicht. Alles was Thorwald gesagt hatte, empfand er so eben, und es war ihm verdrießlich, daß ein Fremder und grade dieser seinen Schmerz so keck und laut in dürre Worte kleidete. Sein unbehagliches Gefühl vermehrte sich, indem er einen Seitenblick auf seinen Gefährten fallen ließ. In dem falben Morgennebeln, auf der öden Stelle, wo sie sich befanden, kam ihm die lange Gestalt auf dem großen, schwarzen Rosse äußerst fremd vor. Er mußte wider Willen an alle Mährchen denken, wo der Menschen Erbfeind leichtgläubige Thoren aus ihren Hütten lockt, um sie vom steilen Bergpfad hinunter zu schmettern. Dann warf er sich es wieder vor, daß er so häßliche Gedanken nähre gegen einen Mann, den ihm der getreue, scharfblickende Vater zum Führer gewählt hatte.

      Thorwald schien nichts von seiner Unzufriedenheit zu bemerken. Er sprach von diesem und jenen, unbefangen und sehr verständig, so daß endlich Alwin mit einstimmen mußte, und seiner trüben Gedanken ziemlich Meister ward, um so mehr, da die Sonne hell über die herbstliche Waldgegend strahlte, alles mit ihren klaren Blicken vergoldend und verschönernd. Man fand gegen Mittag einen warmen, sonnigen Platz zum Mahle aus, und labte sich an den mitgenommnen Flaschen und Eßwaaren. Um Vieles vertraulicher ritten die Reisegefährten gegen Abend einen Berghang hinunter, schon nahe bei der Einsiedelei, wo sie übernachten wollten, weil jene Gegend des Harzes ziemlich leer an Bewohnern war.

      Alwin freute sich über die seltsame Gestaltungen der Felsstücke, und über die steigenden Nebel im Thale. Dabei fielen ihm allerhand wunderliche Mährchen ein von verzauberten Prinzen und Damen, die er sich kaum dem ernsten Begleiter vorzusagen enthielt. Aber einzelne Strophen von alten Romanzen sang er laut in die Thäler hinein, so daß er manches schöne Echo zur Antwort reizte.

      Habt Ihr Euch nie selbst mit der Poesie abgegeben? fragte Thorwald. Es sollte mich doch wundern, da Ihr so viel Freude daran findet, schöne Lieder zu singen. Ja wohl, erwiederte Alwin. Ich bin nie froher, als wenn ich über ein Gedicht sinne, und es mir vorschwebt in goldner Gestaltung wie jene Abendwolken, räthselhaft und doch lockend, daß man sich mit Seele und Leib in das himmlische Spiel verlieren möchte. Und wenn es sich nun immer sicherer bildet und formt, bis es zuletzt wie ein eignes, abgesondertes Wesen vor uns steht, uns anschaut wie aus klaren Augen, so fremd und doch so innig vertraut, – es kann wohl kein Genuß auf der Welt darüber gehn.

      Wenn Euch wirklich zu Muthe ist, wie Ihr sagt, erwiederte Thorwald, so steht Ihr zu beneiden.

      Hätte der Vater nur gewollt, wie ich, fuhr Alwin fort; ich wäre aller weitern Mühe überhoben geblieben. Meine eigne Welt hätte ich mir geschaffen, und blos als ein Sänger gelebt, wie die herrlichsten Menschen vor Zeiten. Aber ich durfte dergleichen gar nicht vor ihm äußern.

      Weil er ein verständiger Mann ist, sagte Thorwald. Leichtes Gewölk, das sich in Liedern so ziemlich ausnimmt; weiter nichts!

      Glaubt Ihr denn nicht, rief Alwin an die Wundermänner der Vorwelt? Nicht an den großen Poetenfürsten Homer? Nicht an den kunstreichen Orpheus? Ja, auch unser Vaterland wußte vor zwei, dreihundert Jahren noch von glücklichen Dichtern, die lebten, um zu singen, und von der Minne ihren Namen führten.

      Alles zu seiner Zeit, sagte Thorwald. Ihr glaubt doch auch an den starken Herkules, an Ritter Roland und andre Paladins Karl des Großen, ob Ihr es gleich ziemlich seltsam finden würdet, wenn heut zu Tage Jemand sein Leben damit zubrächte, den Harz von Wölfen zu säubern, und über See zu fahren, um hülfsbedürftige Damen aufzusuchen.

      Und wäre das denn etwas so gar Verkehrtes? fragte Alwin. Ich wüßte nächst dem Leben eines Sängers nichts Schönres, als über die Erde zu reisen, СКАЧАТЬ