Название: Schwarzes Echo
Автор: Michael Connelly
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Kampa Pocket
isbn: 9783311702269
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»Wahrscheinlich war es so«, sagte Bosch einige Augenblicke später. »Aber ein paar Dinge stören mich trotzdem. Ich möchte noch ein bisschen daran rumtüfteln, bis ich mir sicher bin.«
»Na, wie gesagt, ich hab damit keine Probleme. Du bietest mir das saubere Ende der Latte an.«
»Ich glaube, ich werde mich noch mal etwas umsehen. Geh du nur, und wir sehen uns morgen, wenn ich von der Autopsie komme.«
»Okay, Partner.«
»Und, Jed?«
»Ja?«
»Mit Downtown hat das alles nichts zu tun.«
Bosch saß allein, sinnierte vor sich hin und suchte das Zimmer nach Geheimnissen ab. Schließlich fiel sein Blick auf die Karten, die ausgebreitet vor ihm auf dem Kaffeetisch lagen. Patience. Er sah, dass alle vier Asse aufgedeckt waren. Er nahm den Stapel mit den restlichen Karten und ging ihn durch, nahm immer drei Karten auf einmal. Dabei stieß er auf Pik Zwei und Drei und die Herz Zwei. Das Spiel war keineswegs steckengeblieben. Es war unterbrochen worden, nicht beendet.
Er wurde unruhig. Er sah in den grünen, gläsernen Aschenbecher und stellte fest, dass sämtliche Kippen filterlose Camel waren. Handelte es sich um Meadows’ Marke oder die seines Mörders? Er stand auf und lief im Zimmer herum. Wieder fiel ihm der leichte Uringeruch auf. Er ging zurück ins Schlafzimmer. Er zog die Schubladen der Kommode auf und sah sich deren Inhalt noch mal an. Ihm fiel nichts auf. Er trat ans Fenster und sah die Rückseite eines weiteren Apartmenthauses auf der anderen Seite der Gasse. Unten stand ein Mann vor einem Einkaufswagen. Mit seinem Knüppel stocherte er in einem Müllcontainer herum. Der Wagen war voller Aluminiumdosen. Bosch trat zurück, setzte sich auf das Bett und lehnte den Kopf gegen die Wand, wo ein Brett hätte sein sollen und die weiße Farbe schmuddelig grau war. Die Wand in seinem Rücken fühlte sich kühl an.
»Erzähl mir was«, flüsterte er in die Leere hinein.
Er war sicher, dass irgendetwas das Kartenspiel unterbrochen hatte und Meadows hier gestorben war. Dann hatte man ihn zu dem Rohr gebracht. Aber wieso? Warum hatte man ihn nicht liegen lassen? Bosch lehnte den Kopf an die Wand und starrte geradeaus. Genau in dem Augenblick bemerkte er den Nagel in der Wand gegenüber. Der Nagel steckte etwa einen Meter über der Kommode, und irgendwann hatte man ihn zusammen mit der Wand weiß gestrichen. Deshalb war er ihm nicht aufgefallen. Er stand auf und ging hinüber, um hinter der Kommode nachzusehen. In dem zehn Zentimeter breiten Spalt zwischen Schrank und Wand sah er den Rand eines heruntergefallenen Bilderrahmens. Mit der Schulter schob er die schwere Kommode von der Wand ab und hob den Rahmen auf. Er trat zurück und setzte sich auf die Bettkante, um ihn zu betrachten. Das Glas war zersprungen, wahrscheinlich beim Herunterfallen. Das kaputte Glas verdeckte zum Teil ein 20 x 25 cm großes Schwarz-Weiß-Foto, das körnig und an den Rändern bräunlich vergilbt war. Das Foto war sicher über zwanzig Jahre alt. Bosch erkannte es, weil er zwischen zwei Sprüngen im Glas sah, wie sein eigenes, junges Gesicht ihn anlächelte.
Bosch drehte den Rahmen um und bog vorsichtig die Blechklammern zurück, die die Pappe an der Rückseite hielten. Als er das vergilbte Foto herausschob, gab das Glas schließlich nach und die Scherben fielen zu Boden. Er betrachtete die Fotografie. Weder vorn noch hinten war ersichtlich, wann sie gemacht worden war. Aber er wusste, sie musste irgendwann Ende 1969 oder Anfang 1970 entstanden sein, da einige der Männer auf dem Bild danach nicht mehr gelebt hatten.
Sieben von ihnen waren auf dem Bild. Alles Tunnelratten. Alle ohne Hemden und stolz auf ihre Sonnenbräune und die Tätowierungen. Die Hundemarken waren zusammengeklebt, damit sie nicht klapperten, wenn die Männer durch die Tunnel krochen. Es musste der Echo-Sektor im Cu-Chi-Distrikt gewesen sein, aber Bosch konnte sich nicht erinnern, in welchem Dorf. Die Soldaten standen in einem Schützengraben zu beiden Seiten eines Tunneleingangs, der nicht breiter war als die Röhre, in der man Meadows tot aufgefunden hatte. Bosch betrachtete sich selbst und fand sein Grinsen auf dem Foto albern. Es war ihm peinlich angesichts dessen, was ihnen nach diesem Augenblick noch bevorgestanden hatte. Dann betrachtete er Meadows auf dem Foto und sah das schmale Lächeln und den leeren Blick. Die anderen hatten immer gesagt, Meadows hätte einen Tausend-Meter-Blick in einem Drei-mal-drei-Meter-Zimmer.
Bosch sah auf das Glas zwischen seinen Füßen hinab und fand einen rosafarbenen Zettel von der Größe eines Baseballtickets. Mit spitzen Fingern sammelte er ihn auf und untersuchte ihn genau. Es war ein Pfandschein aus einem Laden in der Innenstadt. Der Kundenname lautete auf William Fields. Ein verpfändeter Gegenstand war angegeben: ein antikes Armband, Gold mit Einlegearbeiten aus Jade. Das Datum auf dem Schein lag sechs Wochen zurück. Fields hatte 800 Dollar für das Armband bekommen. Bosch steckte den Zettel in eine Klarsichthülle aus seiner Tasche und stand auf.
Wegen des Verkehrs zum Dodger Stadion dauerte die Fahrt in die Innenstadt eine Stunde. Bosch vertrieb sich die Zeit damit, über das Apartment nachzudenken. Es war durchsucht worden, aber Edgar hatte recht. Es war in Eile geschehen. Die Hosentaschen waren der deutliche Hinweis. Zumindest die Schubladen hätte man ordentlich zurückschieben können, und das Foto und den versteckten Pfandschein hätten sie nicht übersehen dürfen. Wozu die Eile? Er schloß daraus, dass Meadows’ Leiche noch im Apartment gelegen hatte. Sie musste weg.
Bosch bog am Broadway ab und fuhr südlich am Times Square vorbei zu der Pfandleihe im Bradbury Building. An den meisten Wochenenden war es in Downtown L.A. so ruhig wie in Forest Lawn, und er ging nicht davon aus, dass der Laden geöffnet hatte. Er war neugierig und wollte nur vorbeifahren und einen Blick auf das Geschäft werfen, bevor er sich zum ComCenter aufmachte. Als er jedoch an der Ladenfront vorüberfuhr, sah er, wie ein Mann mit einer Sprühdose das Wort »Geöffnet« in Schwarz auf eine Sperrholzplatte schrieb. Die Platte ersetzte die Schaufensterscheibe des Ladens. Bosch sah die Scherben auf dem dreckigen Gehweg unterhalb der Sperrholzplatte. Er hielt am Straßenrand. Der Sprayer war schon drinnen, als Bosch an die Tür kam. Er passierte eine Fotozelle, die irgendwo über all den Musikinstrumenten an der Decke eine Glocke erklingen ließ.
»Ich hab nicht geöffnet, nicht sonntags«, rief ein Mann von hinten. Er stand hinter seiner verchromten Registrierkasse, die auf einem Glastresen thronte.
»Auf dem Schild, das Sie gerade geschrieben haben, steht was anderes.«
»Ja, aber das gilt für morgen. Wenn die Leute Bretter vor den Fenstern sehen, denken sie, man hat das Geschäft aufgegeben. Ich hab das Geschäft nicht aufgegeben. Ich hab geöffnet, außer an Wochenenden. Ich hab nur für ein paar Tage ein Brett da draußen. Ich habe ›Geöffnet‹ geschrieben, damit die Leute Bescheid wissen, verstehen Sie? Ab morgen.«
»Gehört der Laden Ihnen?«, sagte Bosch, während er sein Ausweisetui hervorzog und seine Marke aufklappte. »Es wird nur ein paar Minuten dauern.«
»Oh, Polizei. Warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Ich warte schon den ganzen Tag auf die Polizei.«
Bosch drehte sich um, verblüfft, dann sah er den Zusammenhang.
»Sie meinen die Scheibe? Deswegen bin ich nicht hier.«
»Was soll das heißen? Die Streifenbeamten haben gesagt, ich soll auf die Detectives warten. Ich habe gewartet. Seit fünf Uhr früh bin ich hier.«
Bosch sah sich im Laden um. Das übliche Angebot von Blechblasinstrumenten, elektronischem Schrott, Schmuck und Sammlerstücken. »Hören Sie, Mr. …«
»Obinna. СКАЧАТЬ