Die Kronprinzessin. Hanne-Vibeke Holst
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Название: Die Kronprinzessin

Автор: Hanne-Vibeke Holst

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Die Macht-Trilogie

isbn: 9788726569605

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СКАЧАТЬ hatte, die damals zwischen ihnen bestand, wenn sie bei ihm auf dem Traktor gesessen oder seine Hand genommen hatte und den scharfen Geruch von Schweinestall bemerkte, wenn sie ihn zum Essen holte. Auch er hätte sich für seine Kinder geopfert. Und vielleicht war es das, was er in einem tragischen Missverständnis getan und was sie ihm ohne weiteres vergeben hatte. Es war ihre Mutter, auf die sie wütend war. Weil sie es war, die dasaß und Besitz ergreifend Zwilling eins auf dem Arm hatte, ihr erstgeborenes Enkelkind. Und nicht er, ihr Vater.

      Dennoch hatte sie nach den ersten aufreibenden und doch so harmonischen Wochen die Ambivalenz der Mutterschaft erfahren. Sie hasste es, das zugeben zu müssen, aber in kurzen Momenten merkte sie, wie die Nabelschnur sich um ihren Hals legte, sich zuzog und sie fast erstickte. Ein gewisses Maß an unsentimentalem Selbstschutz war notwendig, wenn man selbst überleben wollte. Vielleicht war es das, der Selbstschutz, den ihre Mutter praktiziert hatte. Was eine gute Erklärung, aber keine Entschuldigung war. Auch nicht für sie selbst. Das wurde ihr schmerzlich bewusst, als sie den Job annahm und ihre Nachkommen zurückließ. Auch verdrängte sie es mit rationalen Argumenten, als zuerst Johanne und später auch Jens nicht mehr von ihr in den Schlaf gestillt werden wollten, sondern Papas Fläschchen verlangten, das sie gierig und schmatzend austranken. Sie hatte ja keine Milch mehr! Und auch, wenn ihr Körper jammerte und klagte über diese abrupte Trennung und sie sich die ersten Monate beim Arbeiten wegschlich, um mit der Hand unter der Bluse zu prüfen, ob die Milch wieder angefangen hatte zu laufen – ihr Kopf wusste, dass es so am besten war. Ihre Erziehung steckte in ihr wie ein implantiertes Lineal: Man konnte nicht alles haben. Man nahm sich zusammen. Ohne zu jammern.

      Also jammerte sie nicht. Es gab auch nichts, worüber sie sich hätte beklagen können. Die Kinder »gediehen«, wie man bei der Vorsorgeuntersuchung lobend feststellte. Und Thomas war ein fantastischer Vater mit ausgeprägtem Sinn für Elternschaft. Er verfügte über die Ruhe und den Mangel an Rastlosigkeit, die man benötigt, um ein Dasein mit so kleinen Zwillingen in einer 4-Zimmer-Wohnung am äußeren Rand von Østerbro auszuhalten. Anders als wenn sie mit ihnen alleine war, kamen sie raus. Er machte mit ihnen lange Spaziergänge im Park. Hatte sie im Café genauso dabei wie im Supermarkt und ging mit ihnen zum Babyschwimmen mit der Krabbelgruppe.

      Es war seine Idee gewesen, auch noch die Elternzeit zu übernehmen; und als er in seinen Job bei MS zurückkehrte, war die Arbeitsteilung schon zementiert. Sie ackerte wie ein Pferd, und er hielt ihr den Rücken frei.

      Ihrer Meinung nach lebten sie harmonisch, ihr Dasein funktionierte, und es beschäftigte sie nur flüchtig, dass sie ganz einfach das traditionelle Rollenmuster umgekehrt hatten. Möglich, dass ihre Umgebung daran Anstoß nahm, darunter ihre Schwiegereltern. Aber was andere darüber dachten, interessierte sie nur sporadisch. Sie ging ganz automatisch davon aus, dass es Thomas auch nicht aufregte, und es war ganz sicher ein Fehler gewesen, so einfach als gegeben hinzunehmen, dass er ihre Berufstätigkeit billigte, wie sie es getan hatte. Jedenfalls war es für sie völlig überraschend gekommen, als er vor einem halben Jahr plötzlich seiner enormen Frustration Ausdruck verliehen hatte, von deren Existenz sie noch nicht einmal etwas geahnt hatte.

      »Wann bin ich dran?«, hatte er lakonisch gefragt. Eines Morgens, aus heiterem Himmel, als sie auf dem Weg nach Brüssel war. Er war dabei, die Kinder anzuziehen, während sie sich darauf konzentrierte, ihre Papiere zusammenzusuchen und ihren Flieger noch zu erreichen.

      »Wie meinst du das?«, hatte sie geantwortet, völlig unvorbereitet.

      »Du weißt nicht, wovon ich rede, oder?«

      Sie musste zugeben, dass sie wirklich keine Ahnung hatte. Und so grübelte sie die zwei Tage in Brüssel darüber nach, wenn sie nicht gerade in Lobbyisten-Treffen saß und sich Strategien ausdachte, wie die Automobilindustrie dazu zu bewegen war, den CO2 -Ausstoß zu senken, oder wenn sie zum Briefing beim dänischen Umweltkommissar war. Sie liebte Thomas, wirklich, sie hatte nie einen anderen geliebt und fühlte sich normalerweise in völligem Einklang mit ihm. Sie respektierte ihn, schätzte ihn höher als irgendeinen anderen Menschen, den sie je getroffen hatte. Und deshalb schockierte es sie auch so, dass sie derartig blind gewesen war. Sie verspürte nicht im Geringsten den Wunsch, ihn zu übergehen, dachte nicht im Traum daran, sich auf seine Kosten zu profilieren, ganz zu schweigen davon, ihre Partnerschaft aufs Spiel zu setzen. Also kam sie mit einer Flasche Jahrgangswein, einer vakuumverpackten Käseauswahl und einer Schachtel belgischer Pralinen aus dem Flughafenshop nach Hause. Zunächst wurde er stinksauer, weil er fand, dass sie es sich zu leicht machte. Aber als sie den Wein aufmachte und ihm Käse und Pralinen im Kerzenschein servierte, wurde er doch gelöster. Nach dem ersten Glas Wein stürzte es regelrecht aus ihm hervor, wie Erde und Matsch bei einem Bergrutsch. Er fühlte sich übersehen, zurückgesetzt, was auch immer. Sie saß da und starrte ihn nur an, sprachlos vor Erstaunen.

      »Ja, aber, ich dachte ...«, setzte sie an, wurde aber sofort wieder aus der Bahn gefegt, während er Wein nachschenkte.

      »Ja, was dachtest du eigentlich? Dass ich Hausfrau und Mutter mit Rüschenschürze sein würde, forever? Den Kindern liebende Mutter und Vater in ein und derselben Person sein? Der neue Mann? Ganz ehrlich, Lotte, bist du scharf auf ihn?«

      »Ich bin scharf auf dich! Und du hast verdammt noch mal einen Spitzenjob, wovon redest du hier? Bist du in der Ich-bin-dreißig-Krise, oder was?«

      »Ich bin 33!«

      »Ach so, ja, du warst schon immer ein bisschen langsam!«

      »Und du warst schon immer so verflucht schnell! Frau Direktorin! Was kommt als Nächstes? Staatsministerin? Du bist verdammt noch mal so scheißambitioniert!«

      »Hör auf damit, dich so schwachsinnig aufzuführen, Thomas!«

      Thomas hatte sein Glas wütend ausgetrunken.

      »Schatz, du bist es doch, die wahnsinnig ist. Du kannst ja nicht mal eine Runde Badminton im Garten spielen, ohne dass du gewinnen musst! Erinnerst du dich, wie du mit verstauchtem Fuß weitergemacht hast, nur weil du mich schlagen wolltest?«

      »Ich bin nur engagiert!«, hatte sie gelacht, erleichtert darüber, dass er ihre gemeinsame Geschichte überhaupt anerkannte.

      »Ja, du willst die Welt retten, nicht wahr? Die Wale und die Unken und die Ozeane und unsere Nachkommen ...«

      »Und du den ganzen afrikanischen Kontinent! What’s the fucking difference!«

      Statt den Ball zurückzuspielen, hatte er sein Glas stumm gedreht, wieder und wieder, und war in einem Loch aus Nachdenklichkeit verschwunden, das ihr Herz hämmern ließ. Hier ging es um etwas ganz Konkretes. Jemand oder etwas war dabei, ihren Thomas von ihr wegzuziehen. War das Undenkbare passiert? Hatte er eine andere gefunden?

      »Was ist los, Thomas?«, hatte sie mit trockenem Mund gefragt. Er war mit der Hand über seine kurz geschorenen Haare gefahren, auf eine Art, die sie seine Locken und die beiden, die sie damals gewesen waren, vermissen ließ.

      »Ich war bei einem Planungsgespräch. Sie wollen mich als Projektleiter haben. Ich soll Lauges Genossenschaftsding in Apac ...«

      »Genossenschaftsprojekt? Das in Uganda? Na dann!«, war es erleichtert aus ihr herausgeplatzt, während er düster zu ihr hingeschielt hatte.

      »Ich dachte, die suchen einen Soziologen?«, hatte sie dann angemerkt.

      »Sie meinen, ich wäre qualifiziert. Sie finden mich toll.«

      »Okay! Glückwunsch!«

      Er hatte sie angesehen, den Kopf schief gelegt mit leicht zusammengekniffenen Augen.

      »Hast СКАЧАТЬ